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Mantelkinder

Mantelkinder

Titel: Mantelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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erst mal sehen, wie es mit dem Motiv steht“, sagte er deshalb und füllte die Gläser nach. Das von Susanne machte er ziemlich voll, sich selbst gönnte er nur noch einen winzigen Schluck Whisky. — Der Grog war wirklich steif gewesen, wie er jetzt erst merkte.
    Susanne hob die Schultern. „Essig, zurzeit. Wir wissen bisher nur, dass Todesart, Tageszeit und Wochentag übereinstimmen. Und wir sind nicht sicher, ob es sich letzten Endes doch um ein Sexualdelikt handelt. Manche von den Typen holen sich wohl erst später einen runter. Unser Seelenheini sagt, dass es Triebtäter gibt, die während der Tat so aufgeregt sind, dass sie keinen hochkriegen, aber bei der Erinnerung daran eine gewaltige Erektion bekommen. Ich hab da jedoch meine Zweifel. Weißt du, es deutet nichts darauf hin, dass er aufgeregt war. Wer kämmt schon sein Opfer und deckt es zu, wenn er so unter Spannung steht, dass er keinen hochkriegt? Ich glaube eher, dass vielleicht alles so arrangiert wurde, um ein Zeichen zu setzen — für was auch immer.“
    „Die blaue Kerze als Symbol.“ Chris rieb sich nachdenklich die Stirn. „Eine ganze Menge Täter lassen absichtlich ein Zeichen für die Polizei zurück.“
    „Ja, das bringt uns aber auf den ersten Blick keinen Schritt näher ans Motiv.“
    „Was ist mit Ballmann?“, warf Chris ein.
    „Wie meinst du das?“
    „Was ist, wenn der jemandem von der Kerze erzählt hat?“
     

Dienstag, 20. November
     
    „Gottverdammich!“ Frustriert warf Hellwein einen Packen Papier auf einen anderen.
    „Nichts?“, fragte Susanne, ohne aufzusehen.
    „Null Komma nix. Nada. Unzählige Anwohner haben am Freitag Kinder gesehen, die in die Tagesstätte gegangen sind, wie jeden Morgen. Und keinem will was Besonderes aufgefallen sein?“
    „Dann könnte unsere Vermutung stimmen“, dachte Susanne laut. „Wenn niemandem etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist, hat Annika den Täter gekannt und ist freiwillig mit ihm gegangen. Genau wie Claudia. Und das wiederum bedeutet, dass es zwischen den Seibolds und den Klausens einen Zusammenhang geben muss. Er wusste von der Kerze und er kannte Annika.“
    Hellwein brummte unzufrieden. Er war beinahe der einzige im Team, der meinte, der Täter hätte sich ein x-beliebiges Kind gegriffen. Aber dagegen sprach so ziemlich alles. Vor allem die Tatsache, dass Annika nicht eine einzige Verletzung gehabt hatte, die darauf schließen ließ, dass sie sich im Laufe des Tages in irgendeiner Form gegen jemanden gewehrt hatte, was sicher der Fall gewesen wäre, wenn ein Fremder sie verschleppt hätte. Ebenso zeigte ihr Körper keinerlei Fesselungs-oder Knebelspuren. Nicht zuletzt deshalb hatte Maurer die SOKO Claudia auf dreißig Leute aufgestockt, die die Anwohner zwischen Fußgängerüberweg und Kindergarten vernahmen, Annikas Verwandte, Freunde und Bekannte der Mutter. Ein Team wühlte sich durch die Unterlagen von Martina Klausen, um die Kunden zu befragen, die die Kleine gekannt hatten. Und ein anderes Team suchte nach den Berührungspunkten zwischen den Seibolds und den Klausens, die sie vermuteten. Aber bisher hatten sie nicht das Geringste herausgefunden.
    Lautstark rumpelte der kleine Müller ins Zimmer. Mit seinem Drei-Tage-Bart, den dunklen Locken und der abgetragenen Lederjacke sah er ein wenig verwegen aus.
    „LKA“, sagte er knapp und ließ sich auf den Besucherstuhl mit dem abgewetzten Polster fallen. „Der Apfel ist höchstwahrscheinlich von einem Mann gegessen worden. Die Schweißspur, die wir am Rucksack isoliert haben, stammt von dem gleichen Typen.“
    „Und was sagt die Datenbank?“, fragte Susanne, plötzlich angespannt.
    „Nix! Er ist nicht erfasst.“
    Wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein, dachte sie. Zumindest würde die genetische Analyse zur Überführung des Täters beitragen — wenn sie ihn denn hatten.
    „Habt ihr schon was über das Schlafmittel rausbekommen?“, fragte sie Müller.
    „Kannst du vergessen. Klippstein hat mit ein paar Apothekern gesprochen. Nitrazepam wird zwar nicht mehr oft verordnet, weil es inzwischen Mittel gibt, die weniger Nebenwirkungen und kaum Suchtpotential haben, aber immer noch häufig genug. Wenn wir rausfinden wollen, wem alles in den letzten Jahren das Zeug verschrieben worden ist …“
    „Schon verstanden“, sagte Susanne. Diese Stecknadel im Heuhaufen würden sie erst suchen, wenn alle anderen Ermittlungsansätze ins Leere liefen. „Was anderes: Stell mal Schneider und noch ein, zwei Leute für

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