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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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zwischen uns entsteht, zu diesem frühen Zeitpunkt nicht durch zu viel Geschwätzigkeit verpuffen lassen. Und zum anderen ist da das Problem mit Melli. Ich muss Dir das sagen, obwohl Melli mich um Geheimhaltung gebeten hat, also sag es bitte nicht weiter: Ihre Trennung von Steve hat stark mit Siv zu tun. Nadine, Melli steigert sich in eine Liebe hinein, die ausschließlich in ihrem Kopf stattfindet! Und ich weiß nicht, wovor ich mehr Angst haben soll: Dass sie sich wehtut mit ihrer naiven Erwartung oder dass unsere Freundschaft an meiner Beziehung zu Siv zerbricht.«
    Ich las meinen Text noch einmal durch und ersetzte das dritte »Beziehung« durch »Partnerschaft«. Jetzt klang der Satz wie aus einem Siebzigerjahre-Eheratgeber, aber schließlich kam es eher auf den Inhalt an als auf den Stil. Ich wollte außerdem keinen Roman schreiben, ich brauchte nur einen Tipp.
    »Ich würde mich freuen, wenn wir uns mal auf ein Glas treffen und in Ruhe darüber reden könnten«, beschloss ich meine Mail, »Grußkuss …«

    Weiter kam ich nicht. Im gleichen Moment klingelte das Telefon.
    »Sie, Frau Frank?«, hörte ich am anderen Ende die aufgeregte Stimme unserer Empfangsdame. »Da ist jemand dran vom Fernsehen, der Sie sprechen möchte! Es geht um das Thema Yoga in großen Firmen!«
    Fernsehen? Mich? Sprechen?
    »Ist gut«, sagte ich cool, »stellen Sie durch.«
    »Ja, Scheiblshäuser hier. Wie das Scheibchen und das Häuschen. Scheiblshäuser vom neuen Frauensender Fixx, dem fröhlichen Spartenkanal für – ach, was sage ich, den kennen Sie ja sicher bereits. Sie sind ja genau die Zielgruppe.«
    Er lachte jovial, und ich war einen Augenblick lang versucht, aufzulegen. Wollte der mir ein Abo fürs Bezahlfernsehen verticken?
    Aber dann kam’s.
    »Ich bin meines Zeichens betreuender Redakteur bei unserer neuen Talksendung Bescheuert . Kennen Sie das Format bereits?«
    Format?
    Bescheuert?
    Wovon redete der Mann?
    »Ich dachte, im Fernsehen werden die meisten Sendungen sechzehn zu neun ausgestrahlt«, stammelte ich.
    »Nicht das Bild format, Frau Frank!« Herr Scheiblshäuser lachte jovial. »Ich meine die Sendung. Ach, entschuldigen Sie bitte, ich habe Sie vor lauter Aufregung gar nicht gefragt, ob ich Sie gerade bei etwas störe. Wenn ich ungelegen komme, können wir gern …«
    »Nein, nein«, sagte ich schnell und suchte nebenbei im Mail-Adressverzeichnis. Nadine, Nadine, wo war sie bloß?
    »Aber warum bescheuert?«, fragte ich.
    »Nein, nicht wirklich bescheuert. Bé-scheuert. Verstehen Sie?«
    Er sprach das Wort aus, als hätte es einen französischen Accent aigu auf der ersten Silbe.
    »Bé-scheuert«, wiederholte ich dämlich. Währenddessen klickte ich hektisch herum, um die E-Mail in den Cyberspace zu befördern. Wozu war man schließlich multitaskingfähig.
    Und ab. Mit einem fröhlichen Pling verkündete der Rechner, dass sich die Nachricht auf den Weg gemacht hatte.

    »Bé-scheuert, so wie: Benita scheuert. Verstehen Sie? Zur besten Hausputzzeit am Dienstagmorgen um acht Uhr trifft sich unsere Moderatorin Benita von Zitzewitz mit Gästen in unserem komfortablen Studio-Badezimmer und scheuert dabei eine luxuriöse Badewanne, die uns freundlicherweise ein großer Werbekunde zur Verfügung gestellt hat. Während B., also Benita, ich meine: Also, während Benita scheuert, unterhält sie sich mit geladenen Gästen über Themen, die Frauen wirklich interessieren. Also Psycho, Partnerschaft, Sexualität, aber auch Familien- und Jobthemen. Ich meine, das hat doch etwas sehr Geselliges, dieses Konzept.«
    »Aber ich kann überhaupt nicht putzen«, wandte ich ein.
    »Das macht ü-ber-haupt nichts«, rief Herr Scheiblshäuser, als hätte ich ihm eben die schönste Nachricht des Tages verkündet. »Dafür haben wir ja Benita.«
    »Und was hab ich jetzt damit zu tun?«
    »Ja. Gutes Stichwort. Also: Wir konzipieren gerade eine Gästerunde zum Thema Yoga. Und da sind wir darauf gekommen, dass Sie durch ein hausinternes Angebot in Ihrem Reisebüro die Produktivität enorm steigern konnten, so stand es jedenfalls in einer aktuellen Pressemitteilung. Ist das richtig?«
    Herr Scheiblshäusers Stimme klang nun eher blechern, was daran lag, dass Berger hinter mich getreten war und ungefragt den Lautsprecher angeschaltet hatte. Da hatte er wohl richtig verstanden, dass es nicht nur um mich ging, sondern auch um Sunny Side.
    »Reiseveranstalter«, berichtigte ich ihn, »wir sind kein Reisebüro, wir sind Veranstalter. Der

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