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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bert Saurbier
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Deutschland?“
    „Ja, ich habe bereits ein schönes Zimmer im Hotel Drachenfels bezogen.“
    „Oh, Ihr Verlag lässt sich Ihren Besuch etwas kosten. Sie wohnen in einer der schönsten Nobelherbergen unserer Bundesstadt am Rhein.“
    „Ja, ich wollte Sie nach einem Termin fragen.“
    „Im Augenblick bin ich sehr in Eile. Machen wir es kurz, kommen Sie doch einfach morgen Vormittag um 9.15 Uhr in meine erste Vorlesung. Danach hätte ich zwei Stunden Zeit für Sie. Ich freue mich auf unser Gespräch. Geht das in Ordnung?“
    „Das passt mir sehr gut“, freute sich Darling, „dann bis morgen, Sie werden in mir einen aufmerksamen Zuhörer haben. Darf ich während der Vorlesung ein paar Fotos schießen?“
    D’Aubert lachte. „Nur wenn ich auf Ihren Bildern eine gute Erscheinung abgebe.“
    Pünktlich auf die Minute betrat Abraham Darling am nächsten Tag den Vorlesungsraum. Es handelte sich nicht um einen typischen Universitätshörsaal, in dem Hunderte von Studentinnen und Studenten von steil ansteigenden, hintereinander gestuften, bogenförmigen Sitzreihen aus den Ausführungen des Hochschullehrers lauschten. Der Raum ähnelte einer Schulklasse. Im Lehrfach Theologie schien sich die Zahl der Studierenden in bescheidenen Grenzen zu halten.
    Als Darling Professor D’Aubert erblickte, war er maßlos überrascht. Hatte er doch im Stillen mit einem knöchernen, weltentrückten, kleinbebrillten Gelehrtentyp gerechnet. Stattdessen trat ein großgewachsener, auffallend schlanker junger Mann in hellblauen Jeans-Hosen und dunkelblauem Jeans-Hemd selbstsicher lächelnd vor das gute Dutzend Zuhörer. Darlings direkte Zielperson war kein bücherquälendes Weichei, sondern eine geballte Ladung sportlich eleganter Männlichkeit. Warum musste er beim Anblick dieses Mannes an eine stets hellwache und sprungbereite Raubkatze denken?
    „Hallo, mein lieber Abraham“, ermahnte er sich, „den zu knacken wird eine harte Nuss werden, unterschätze diesen Typen nicht!“
    „Herzlich Willkommen, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen“, begann D’Aubert und ging auf den in der ersten Reihe sitzenden Darling zu. „An diesem Morgen ist es mir eine besondere Ehre, ihnen einen Mitarbeiter der amerikanischen Tageszeitung Wall Street Journal vorzustellen. Mister Abraham Darling wurde...“
    „That he looks like“, unterbrach ihn die vorlaute Bemerkung einer Studentin in der zweiten Reihe.
    „...zu einem Interview angekündigt“, fuhr D’Aubert unbeirrt fort. „Es geht um eine länderübergreifende Recherche zum Thema ‚Die Macht der Kirchen‘. Unsere Arbeit hier an der Bonner Uni scheint beim Wall Street Journal Beachtung gefunden zu haben – immerhin eine der bedeutendsten Tageszeitungen der Welt.“
    Applaus kam aus den Reihen der Studenten. Darling stand auf, drehte sich den Zuhörern zu und verneigte sich.
    Professor D’Aubert trat ein paar Schritte zur Seite, schaute eine Zuhörerin in der dritten Stuhlreihe an, lächelte und meinte: „Es scheint mir, ich muss noch jemand in unserer Runde begrüßen. Wenn ich mich nicht irre, hat uns diese Dame bisher noch nie mit ihrer Anwesenheit beehrt.“
    „Danke“, erwiderte die Angesprochene, die sich mit ihrer strengen Knotenfrisur hinter einer zu großen Hornbrille mit leicht getönten Gläsern zu verbergen schien. Dem überraschten Theologielehrer warf Sie kess eine Kusshand entgegen. Das war eine Premiere. So etwas Charmantes hatte D’Aubert noch nie in einer seiner Theologie-Vorlesungen erlebt.
    Er gönnte sich noch einen zweiten, prüfenden Blick auf die Neuerscheinung, bevor er sich vollständig auf das Vorlesungsprogramm konzentrierte, und dachte, das, was nicht von der Sitzreihe und der riesigen Brille verdeckt wird, scheint allererste Klasse zu sein. Von irgendwoher drängte sich ihm eine Ahnung auf, dass er mit dieser Frau in eine mehr als nur flüchtige Beziehung treten werde.
    „Meine Damen und Herren“, begann D’Aubert seinen Vortrag. „Heute werde ich mit einigen Blitzlichtern eine Szenerie beleuchten, die wir uns morgen detaillierter ansehen werden.“ Nach kurzer Pause fuhr er fort: „Es dreht sich dabei um die Rolle, die unser Herz als symbolisches Zentrum der Gefühle bei der Entwicklung unseres individuellen Gottesbildes übernimmt. Denken sie an die vielen Redensarten: ‚Der trägt das Herz auf dem rechten Fleck‘, ‚Dein ist mein ganzes Herz‘, von Franz Léhar ‚Das Land des Lächelns‘, ‚Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen‘, ‚Das

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