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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bert Saurbier
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Landstraßen ging es zunächst in südliche Richtung mehrere Kilometer am Fluss Fiomare Bonamico entlang, vorbei an dem Ort Riciollo in Richtung Bosco Sant`ìppolito. Dann endlich erreichte er die Straße nach Norden in Richtung seines Zielortes Plati.
    In der Nähe des Ortes Natile Nuovo überquerte er den Fiumare Careri und gelangte auf die Strada Statale, die SS 112, die ihn direkt in den über 3000 Einwohner zählenden Ort Plati in der Reggio Calabria führte.
    Leano kannte dieses Städtchen, das als Geburtsstätte der kalabrischen Mafia auf dubiose Art und Weise Geschichte geschrieben hatte und immer noch schreibt. Gelegentlich hatte er seinen Vater begleiten dürfen, wenn der dort geschäftliche Dinge zu erledigen hatte. Während sein Vater arbeitete, war Leano zum Zeitvertreib durch Platis Straßen geschlendert. Zur verabredeten Zeit fand er sich in der Eisdiele am Marktplatz ein, wo er vom Vater abgeholt wurde.
    Leano hatte heute noch eine Verabredung, bevor er zum vorgegebenen Zeitpunkt das Anwesen des mächtigen Paten aufsuchen würde.
    Er folgte im vorgesehenen 30er Tempo der SS 112, die sich innerorts Via Roma nannte, bis zur Via Fiume. Nach einigen Kilometern bog er links in die Via Trento ein. Ein paar hundert Meter weiter stellte er seinen treuen Punto auf dem Parkplatz vor der Parrocchia Santa Maria Del Loreto ab.
    Durch eine offene Seitentür betrat er das Innere des Gotteshauses.
    Die dunkelbunte Bleiverglasung der romanisch gewölbten Kirchenfenster gewährte den Sonnenstrahlen nur dezenten Einlass. Die angenehm dunkle, kühle Stille im Inneren verlieh den Kirchenbesuchern das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. Einer Welt, in der Gott ganz nahe zu sein schien.
    Leanos Ziel war die Bank vor der hölzernen Marienstatue an der Stirnwand des Seitenschiffes. Anlass für diesen Besuch von Santa Maria Del Loreto war ein Ereignis aus seiner Kindheit, an das er sich gut erinnerte.
    Vor vielen Jahren, er war gerade zwölf geworden, durfte er seinen Vater wieder einmal nach Plati begleiten. Damals hatten sie auch die Kirche besucht. Er war von seinem Vater ermahnt worden, ruhig zu sein und in die letzte Bankreihe gesetzt worden.
    Die Zeit, die sein Vater vor der Marienfigur gekniet hatte, war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen.
    „Warum hast du so lange gebetet?“, hatte er gefragt.
    Die überraschende Antwort: „Mein Junge, wenn ich ein Problem habe, das ich nicht lösen kann, und das ist nicht selten der Fall, suche ich diesen besinnlichen Ort auf und spreche mit unserer Mutter Gottes darüber.“
    Und jetzt war er es, der ein Problem hatte. Er wusste nicht, wie er auf das vorliegende Angebot, besser gesagt, auf den vorliegenden Befehl reagieren sollte. Aber gab es überhaupt noch eine Entscheidung für ihn? Laut seiner Mutter keineswegs.
    Ausweglosigkeit, Angst und Verzweiflung drückten wie Zentnerlasten auf seinen Schultern, als er vor dem Madonnen-Altar niederkniete.
    „Lass den Kelch der ewigen Verdammnis an mir vorrübergehen“, flüsterte er. Seine Gedanken formulierten vertraute Worte aus einem Marienlied: „Maria, breit den Mantel aus, mach Schirm und Schild für uns daraus.“
    Als er die Kirche verließ, war er enttäuscht. Eine Antwort zur Lösung seiner Probleme hatte er nicht erhalten.
    Er schreckte auf, als ihn ein Mann in grauem Livree ansprach: „Sind Sie Leano Leone? Mein Chef Vittorio Barbaro hat mich hierher geschickt, um Sie abzuholen. Steigen Sie bitte ein. Nennen Sie mich Doro, kommt von Doroteo.“
    Leano fühlte sich geschmeichelt, als er die Luxuslimousine sah. Ein Mercedes 65 AMG in carneolrot metallic. Der Chauffeur hielt die rechte Wagentür auf und der weiße Handschuh des ausgestreckten Armes lud ihn höflich ein, im Fond Platz zu nehmen. Plötzlich empfand Leano Hemmungen oder Ehrfurcht vor dem Einsteigen.
    „Nun los!“, kommentierte Doro. „Der Chef wartet nicht gerne.“
    Als der Wagen los fuhr, hatte Leano das Gefühl, als schwebe er völlig schwerelos wie von Wolken getragen davon. Eine derartige Nobelkarosse hatte er noch nie zu Gesicht bekommen.
    Als ob Doro Gedanken lesen könnte, sagte er: „Zwölf Zylinder, fast 6 Liter Hubraum, 629 PS, Von 0 auf 100 in 4,4 Sekunden, 5-Gang-Automatik und kugelsicher. Alles gepolstert in kaschmirbeigem Leder und schwarzem Stoffhimmel. Die Fondfenster sind mit elektrisch bedienbaren Rollos versehen.“
    Nach wenigen Minuten Fahrtzeit öffneten sich, wie von Geisterhand, die beiden Flügel eines fünf Meter hohen und vier

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