Manuskript des Teufels
hätte ich jetzt nichts einzuwenden.“
Beim Verlagsmenschen Efraim Kirschbaum machten anfängliche Bedenken während des zweistündigen Gespräches, in dem Weizmann ihm detailliert den bevorstehenden Einsatz erläuterte, mehr und mehr zustimmender Begeisterung Platz. Er wunderte sich über die Präzision der Vorbereitungsarbeit, die vom Israelischen Geheimdienst bisher geleistet worden war. Das Einsatzprotokoll, das sie Punkt für Punkt durcharbeiteten, überraschte Kirschbaum. Es enthielt genaueste Angaben über die Zielpersonen, über die Örtlichkeiten und die Lokalitäten und vor allem wertvolle strategische Empfehlungen zum praktischen Vorgehen. Kirschbaum widmete seine Aufmerksamkeit den sechs beiliegenden Fotos. Er schaute seinen Gast fragend an: „Das also ist das ältere Ehepaar, Claire und Fritz Blumberg. Beide sind, wie sie sagten, dicke Freunde der Eltern von jenem Professor D’Aubert. Und Sie glauben, dass es mir gelingen wird, deren Freundschaft und vor allem ihr volles Vertrauen zu gewinnen?“
„Jedenfalls sind die Voraussetzungen dafür geradezu ideal“, entgegnete Weizmann im Brustton der Überzeugung. „Die beiden sind in Urlaubsstimmung, sie haben soeben ihr Ferienhaus an der Schlei bezogen. Sie werden ihr unmittelbarer Nachbar sein. Dafür haben wir gesorgt. Seien Sie nett zu den beiden und erweisen Sie sich als großzügig und spendabel. Ihr Einsatzkonto hält einiges aus. Ich appelliere an Ihr schauspielerisches Einfühlungsvermögen. Herr Kirschbaum, auch wenn Sie dort einen knallharten Job zu erledigen haben, muss es Ihnen gelingen, den Eindruck zu erwecken, als käme Ihre Freundschaft zu den beiden aus einem ehrlichen Herzen voller Zuneigung. Es steht viel auf dem Spiel. Verlieren Sie Ihr Ziel nie aus den Augen. Es muss Ihnen gelingen, über die Blum-bergs vertrauensvollen Kontakt zur Familie D’Aubert und letztlich zu deren Sohn Stephan zu bekommen.“ Weizmann lehnte sich lächelnd zurück. „Ich bin sicher, Sie werden einen guten Job machen. Je weniger Ihre Ferienstimmung und Ihre freundschaftliche Zuneigung zu den Blumbergs gespielt sind, umso erfolgreicher werden Sie sein. Herr Verleger, Ihr Einsatz verlangt Ihnen einiges ab an empathischem und psychologischem Fingerspitzengefühl. Ich glaube, wir haben das Wich-tigste besprochen. Schon so spät.“ Weizmann warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Mein Flug geht um 19.12 Uhr. Ich darf ihn keinesfalls verpassen.“
„Sie müssen schon gehen?“, bedauerte Kirschbaum, „ich hätte Sie gerne zum Abendessen eingeladen.“
„Ja, leider. Lässt sich beim besten Willen nicht ändern.“
Weizmann schob seinen Sessel vom Tisch weg und erhob sich: „Ich freue mich, Sie kennengelernt zu haben. Und hier, sozusagen als Nachtisch, noch eine kleine Zuwendung.“ Weizmann kramte aus seiner Jacken-Innentasche eine Briefmappe hervor und entnahm ihr ein Papier, das er mit betont ehrfurchtsvoller Langsamkeit seinem Gegenüber hinschob. „Wie Sie sehen, handelt es sich um einen Barscheck der Hapoalim-Bank mit einer Repräsentanz auch hier in Frankfurt, und zwar in der Feuerbachstraße 31. Wir überlassen es Ihrem Fingerspitzengefühl, ob und wann Sie ihn einsetzen. Und natürlich auch, welche Summe Sie in die Waagschale werfen. Ihnen steht ein Spielraum bis zu zwei Millionen zur Verfügung.“
Kirschbaum wirkte entsetzt. „Hoppla! Selbst als Branchen-Insider hätte ich nie für möglich gehalten, dass ein Manuskript so viel Dynamit enthalten kann.“ Gleichzeitig wurde ihm klar, welch riesige Verantwortung er mit diesem Auftrag übernommen hatte.
„Darf ich Ihnen ganz im Vertrauen meine persönliche Meinung in dieser Angelegenheit sagen?“, sinnierte Weizmann. „Mit fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnissen werden und müssen Glaube, Kirche und Religion zum Wohle der gesamten Menschheit mehr und mehr von heidnisch-mystischem und ideologisch-autoritärem menschenunwürdigem Gerümpel befreit werden.“
Kirschbaum nickte bestätigend: „Allerhöchste Zeit!“
Und Weizmann ergänzte: „Es gibt noch viel zu viele Despoten und Autokraten in den führenden Positionen der Kirchen, die eine derartige Entwicklung fürchten und natürlich verhindern wollen. Man kann sogar damit rechnen, dass diese selbstherrlichen Kirchenfürsten zur Verteidigung ihrer Machtstrukturen vor nichts zurückschrecken.“
Weizmann drückte Kirschbaum die Hand: „Es war mir ein Vergnügen. Ich bin überzeugter denn je, dass unser Boss den richtigen
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