Manuskript des Teufels
Mann für diese delikate Aufgabe gefunden hat. Es wäre mir eine Ehre, wenn wir uns in absehbarer Zeit noch einmal begegnen würden. Vielleicht zu einer Nachbesprechung bei uns in Tel Aviv?“
„Warten wir‘s ab. Unser Fahrer bringt Sie selbstverständlich zum Rhein-Main-Flughafen.“
Beim Verlassen des Raumes blieb Weizmann plötzlich wie angewurzelt stehen. „Mein Gott, hier in Frankfurt einer Mesusa zu begegnen, das überrascht mich.“
Er berührte mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand ein im oberen Drittel der rechten Türzarge schräg hängendes, flaches, mit verschiedenen Mustern verziertes Holzkästchen.
Dann küsste er seine Fingerkuppen.
Mesusot waren ein uralter frommer jüdischer Brauch. Sie enthielten eine Klafe, eine Pergamentrolle. Auf diesem Pergament waren heilbringende Worte zu lesen, die aus der Thora, genauer gesagt, aus den ‚Fünf Büchern Mose‘ stammten und von einem auserkorenen Schreiber, einem Sofer, mit einer metallfreien Tinte aus Galläpfel, Kupfersulfat und Gummi arabicum, niedergeschrieben wurden.
„Adonai“, verabschiedete sich Weizman, „Bruder, Gott wird an deiner Seite sein.“
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„Kommst du mit rauf“, fragte Jekatharina und zwinkerte D’Aubert zu.
„Nein, gnädige Frau“, reagierte er mit gespielt entrüsteter Schüchternheit, „ein braver Junge tut so etwas nicht. Nein, ich bleibe hier draußen, bestelle inzwischen unser Taxi und genieße noch etwas die frische Luft.“ Er atmete tief durch.
„Okay“, hauchte sie ihm eine Kusshand zu, „bis gleich, Beeilung ist angesagt.“
Kaum war sie verschwunden, zückte er sein Handy und wählte die gespeicherte Nummer eines guten Freundes. „Heidi, grüß dich. Stephan hier. Sorry, ich hab’s eilig, aber ist...“
„Hab deine Nummer erkannt. Du willst Jochen sprechen?“
„Genau.“
„Da hast du aber Glück. Er ist im Garten, ich bring dich eben raus. Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen. Bis bald mal, Tschüss.“
„Hey Stephan“, sagte Jochen. „Ein Lebenszeichen von dir. Welche Ehre.“
„Hey, alter Freund“, die Erleichterung war deutlich zu spüren, „bin ich froh, dich zu erreichen.“
„Wo drückt denn der Schuh?“
„Ich brauch deine Hilfe. Leider sofort. Geht das?“
„Du machst mich neugierig, hört sich abenteuerlich an. Ich bin dabei.“
„Ich könnte dich umarmen...“
„Und mir dabei alle Rippen brechen“, unterbrach ihn sein Freund.
„Okay, hör zu. Die Sache ist etwas ... delikat. Aber diese Aufgabe kann nur jemand übernehmen, dem ich 100% vertrauen kann. Da kenne ich niemand Besseren als meinen Freund Jochen Müller, Spezial-Agent des Deutschen Militärischen Abschirmdienstes, mit dem ich einst unendlich viele Sparringsrunden hinter mich gebracht habe.“
„Du machst es ja spannend.“
„So, jetzt hör genau zu…“
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Kirschbaum empfand Freude, Abenteuerlust und eine riesige Portion Neugier, als er an diesem Sonntagmorgen um 7 Uhr nach einem guten Frühstück in seine 7er BMW-Limousine stieg.
Die Fahrt an einem verkehrsarmen Wochenendtag, über die mit 961,6 Kilometer längste, von Füssen bis Flensburg reichende, Autobahn Europas, würde ein Vergnügen werden.
Die knapp 600 Kilometer von Frankfurt bis nach Schleswig mussten mit zwei vorgesehenen Pausen in sechs Stunden zu schaffen sein.
Von Schleswig aus würde er keine Mühe haben, unter Anleitung des Navis sein Endziel, das Ostseebad Damp, zu erreichen.
Er genoss die Fahrt entlang der Schlei und erfüllte sich dabei einen lang gehegten Wunsch. Er wollte diese größte, etwa 40 Kilometer lange Ostseeförde, die sich von der Stadt Schleswig bis hinauf nach Schleimünde schlängelte, schon immer kennenlernen.
Einerseits wollte Urlaubsstimmung aufkeimen, andererseits spürte er das Damoklesschwert an einem dünnen Pferdehaar über seinem Kopf schweben. Würde es ihm gelingen, diesen fremden, älteren Menschen ehrliche freundschaftliche Gefühle entgegenzubringen?
In der Nähe von Damp endete seine Reise in einen Ferienhauspark. Eines der zahlreichen Zeltdachhäuschen hatte der Geheimdienst für ihn gemietet. Die spezielle Form der Ferienhäuschen erinnerte ihn an ein auf die Basis gestelltes spitzwinkeliges Dreieck. Das Dach reichte beidseits vom Giebel bis hinab zur Erde.
Er parkte seinen Wagen im Carport. Das apart aussehende Domizil mit 68 Quadratmetern Wohnfläche wies einen kaum zu überbietenden Komfort auf. Auf zwei Ebenen lagen Wohn- und Schlafzimmer, Essecke, Küche, zwei Bäder,
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