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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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war. Das Büro, das Personal und alles andere an Gutierrez, Fassmeyer & Pilkington wirkte echt, angefangen von der hübschen Kanzlei in der Innenstadt bis zum teuren Briefpapier und dem Außenlift mit dem Glasboden. Doch Fassmeyer wirkte nur durch den Schnitt seines Anzugs und seine kühle Haltung, die sein Gesicht von seinem Gehirn trennte, wie ein Anwalt. Als er hereinkam und White Horse begrüßte, überkam sie das schreckliche Gefühl eines plötzlichen Sturzes; es brach über sie herein, umfing sie und hielt sie fest gepackt. Fast versagte ihr das Herz. Sie flehte darum, dass es geschehen würde, damit der Rest ihr erspart bliebe, doch es hielt durch.
    Fassmeyer sagte irgendwelchen herzlich klingenden Blödsinn zu ihr, den sie ignorierte, willigte jedoch ein als er sie auf eine kurze Autofahrt einlud – aus Sicherheitsgründen, weil das Abhören dann nicht so einfach wäre und all der Quatsch. Gemeinsam gingen sie hinaus. Jeder Sekretärin, an der sie vorbeikamen, blickte White Horse in die Augen und zwang die Frauen auf diese Weise, sie zu bemerken und sich einzuprägen. Die Sekretärinnen lächelten sie an, doch ihre hübschen, geschminkten Gesichter blieben leer.
    White Horse überlegte, dass Mary davon wissen musste. Hatte Mary sie in die Falle gelockt? Sicher nicht. Mary war Judes beste Freundin. Mary war nett. White Horse hatte ihr ins Gesicht gesehen und nicht die Spur von Bosheit darin entdeckt. Nichts. Mary hatte versucht, ihr zu helfen.
    Sie saß mit Fassmeyer im Fond einer Limousine. Hier gab es alles. Er öffnete die Bar und holte eine Flasche Sekt heraus, von dem er behauptete, es gebe auf der Welt keinen besseren. Er öffnete lachend die Flasche, und White Horse sah zu, wie er den Sekt in die feinen, zierlichen Kristallglaskelche goss.
    »Ich trinke nicht«, sagte sie. Vom Sicherheitsgurt geschmeidig umarmt, konnte sie kaum atmen.
    »Natürlich trinken Sie«, entgegnete er, lächelte sie an und reichte ihr das Glas, drückte ihr den schlanken Stiel in die empfindliche, verbrannte Hand. »Jeder trinkt.« Den letzten Satz sprach er als Befehl aus.
    Ihre Hand nahm das Glas. Sie starrte auf ihre Tasche und verriet sich. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Ihr Pad – sie konnte Jude anrufen –, aber es war außer Reichweite. Fassmeyer bemerkte ihren unwillkürlichen Blick und streckte den Arm aus.
    »Lassen Sie mich das nehmen.« Er stieß mit ihr an und nahm die Tasche an sich. »Auf die Zukunft.«
    White Horse starrte ihn an. Er verlachte sie mit seinem Trinkspruch.
    »Scheißkerl«, sagte sie, doch ihre Hand zitterte zu sehr, um mit dem Glas nach ihm zu werfen. Sie sah sich es ihm ins Gesicht schlagen, mit den scharfen Kanten seinen Hals aufschlitzen, dass ihm sein Blut auf den weißen Kragen spritzte, doch ihre Hand gehorchte ihr nicht. Warum nicht? Zu viel Angst. Scham erfüllte sie. Sie versuchte genügend Speichel zu sammeln, um ihn wenigstens anzuspucken, doch ihr Mund war trocken wie Wüstensand.
    Immer noch lächelnd, griff Fassmeyer in die Tasche und zog eine Pistole hervor. »Ich habe nichts gegen Sie persönlich, das versichere ich Ihnen. Sie sehen, wir bieten Ihnen das Beste zu trinken, was man mit Geld kaufen kann. Wir scheuen keine Kosten. Nun trinken Sie. Es wird Ihnen gut tun.« Er nippte von seinem Glas und blinzelte ihr zu.
    Du genießt es, dachte sie benommen, und ihr Kampfgeist verließ sie. Sie nahm einen Schluck. Der Sekt war tatsächlich gut. Ihre Hand zitterte so sehr, dass die Flüssigkeit ihr am Kinn herunterlief. Sie wischte sich das Gesicht ab, und durch diese Bewegung erhielt sie einen gewissen Impuls. Sie stach mit dem Glas nach ihm.
    Er packte ihr Handgelenk und trieb seine Finger zwischen den Knochen hindurch zu einem Nervenknoten, dass sie vor Schmerz aufkeuchte.
    »Wie achtlos«, sagte er milde und füllte den Kelch erneut bis zum Rand, ohne ihre Hand loszulassen. »Ich möchte Ihnen den guten Tropfen nicht in den Rachen gießen, als wäre es Lauge. Das wäre doch Verschwendung. Also beweisen Sie nun etwas Anmut, und trinken Sie aus.« Beiläufig legte er die Sicherung der Pistole um und drückte die Mündung am Saum ihrer Jeans gegen ihren Oberschenkel.
    White Horse schluckte, und die Sektbläschen stiegen ihr in die Nase und trieben ihr Tränen in die Augen. Während der nächsten Stunde erlebte sie nur verschwommene Bilder und Geräusche, die in ihrem Kopf nicht zusammenfanden. Die Furcht, die sie trennte, war zu groß.
    Sie fuhren eine Weile durch dichten

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