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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Ausweichplan ersinnen? –, wie ein Haufen von schnatternden Microsoft-Geeks [5] in einer Rentnersiedlung.
    Mary hielt es für idiotisch, Deliverance, das biochemische Trägersystem, in der Außenwelt zu testen, doch die anderen wollten sich nur durch umfangreiche Tierversuche mit tödlichen Krankheiten davon überzeugen lassen, dass die Angaben über die Qualität der genetischen Erkennungsmechanismen und die »maximale Tödlichkeitsdichte« der Wirklichkeit entsprachen. Als wäre das nicht schlimm genug, beabsichtigte man aus Geheimhaltungsgründen, den Test durchzuführen, ohne den involvierten Militärs offen zu legen, wie hoch das Risiko war. Das aber, da war Mary sich völlig sicher, war dumm genug, um sich für einen Darwin zu qualifizieren.
    »Die Muschkoten werden zu unvorsichtig damit umgehen, wenn sie nicht Bescheid wissen«, betonte Rebecca Dix soeben in ihrem Schlusswort. Sie schnitt ihre Worte auf den bizarren Cocktail aus Einfachvokabular und Macho-Mist zu, der offenbar verlangt wurde, wenn man über Rüstungsinvestitionen und Waffenentwicklung sprach. »Man braucht ihnen trotzdem nicht die ganze Wahrheit zu sagen. Es reicht, wenn man ihnen sagt, es wäre Ebola oder irgendein verdammtes Hantavirus, das für Menschen doppelt so tödlich ist. Ein fleischfressendes Virus. Es spielt keine Rolle.«
    »Die Einrichtung ist auf BSL-4-Standard«, sagte Ramirez, der Vertreter des Verteidigungsministers. »Es sollte keinen Unterschied machen.«
    »Aber Menschen sind nun mal Menschen, und darum ist da eben doch ein Unterschied«, entgegnete Dix unbeirrt und verbiss es sich, mit den Zähnen zu knirschen. »Jede Einrichtung ist nur so sicher wie die unvorsichtigste Person darin. Und eigentlich möchte niemand wirklich dort sein. Die Leute werden also hastig arbeiten, um früh fertig zu werden. Dann machen sie Fehler. Das ist ganz natürlich. Und sie wissen, dass wir ihnen die Wahrheit verschweigen. Das macht sie ärgerlich. Gleichzeitig fürchten sie sich, und daher sind sie mit den Gedanken nicht bei der Arbeit.«
    »Dann wird es Anreiz genug bieten, besonders vorsichtig zu sein.«
    Manchmal fragte sich Mary, wie die Leute ringsum eigentlich an ihre Ämter gekommen waren. Sie fragte sich, was sie vor dem Einschlafen dachten und in welcher Welt sie lebten, dass sie so selbstsicher vorhersagen konnten, andere würden genauso reagieren, wie sie es sich vorstellten. Sie wussten einen Scheiß über die normalen Menschen, deshalb verstand Mary nicht, wie es kam, dass ausgerechnet solche Leute über das nationale Vorgehen in Sicherheitsfragen entschieden, die am Ende echte menschliche Wesen betrafen. Hätte sie nicht damit rechnen können, schon bald ihren Hintern auf einen ihrer Sessel zu setzen, hätte sie sich versucht gefühlt, ihnen ins Gesicht zu sagen, was sie von ihnen hielt. Doch hätte nur ihr Zorn aus ihr gesprochen, und wenn sie eins gelernt hatte, dann wie sie ihm Zügel anlegte.
    Die Entscheidung wurde gefällt, obwohl Dix dagegen stimmte. Man würde weitermachen.
    Ramirez wandte sich Mary zu, indem er seine Körpermassen herumwuchtete wie ein beidrehender Tanker, und sagte, noch wütend über Dix’ Argument:
    »Sie werden unvorsichtig. Sie sollen das FBI völlig von der Sache fern halten. Mit Halbheiten ist nichts gewonnen. Die Chinesen verfügen bereits über eine Reihe von Seuchen, die auf bestimmte Vektoren innerhalb der Bevölkerung zielen. Die Pakistaner haben NervePath-Prototypen entwickelt, die im Grunde Religion als ansteckende Krankheit übertragen. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir können Ihre Bedenken nicht über das Wohl des ganzen Landes stellen.«
    »Religion war schon immer ansteckend«, entgegnete sie und blickte vielsagend auf das goldene Kreuz, das an einem feinen Kettchen über seinem Schlips und Kragen baumelte, »und es war nicht die Schuld unserer Leute, dass der Mappaware-Test die Bevölkerung kontaminiert hat. Diese undichte Stelle lag bei Ihnen. Und genauso wenig wird es unsere Schuld sein, wenn dieses Zeug außer Kontrolle gerät und ganze Bundesstaaten entvölkert.«
    Sie starrte ihn nieder, denn jeder wusste, dass er eigentlich die Anstrengungen des perfektionierungsfeindlichen Elements eindämmen sollte, das sich in den Ebenen der Regierung ausbreitete, und es gelang ihm nicht.
    »Keinen Streit.« Ekaterina Estevez, Vorsitzende der Vereinigten Generalstabschefs, lehnte sich auf ihrem Stuhl am Kopf des Tisches zurück. »Wir sind doch keine Kinder. Die Versuche müssen

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