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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Moment gar nicht denken. Als sie seinen Namen las, empfand sie keinerlei Scham oder Schuldgefühl. Nein, das wäre ihr zu viel Salat zum Mittagessen gewesen.
    Die letzte Nachricht stammte von ihrem Kontaktmann beim Europäischen Verteidigungsministerium.
    Als Mary diese Nachricht las, rutschte ihr das Herz in die Kniekehlen, dann durchfuhr sie kalter Zorn. Warum musste in diesem Job immer sie es sein, der die Arschkarte zufiel?
    Dr. Natalie Armstrong desertiert. Fühlung verloren. Könnte nach D.C. unterwegs sein. Als gefährlich eingestuft.
    Wie konnten diese Leute nur so dumm sein? Eine Frau, auf sich gestellt, den Kopf voller NP und ohne Hilfe, und sie verloren sie. Gefährlich? Die hatten wohl eine Schraube locker!
    Mary würde ihnen schon zeigen, was gefährlich war.
     
    Dan war weit weg von zu Hause. Wo, das wusste er nicht; es konnte fast überall sein. Man hatte ihm die Augen verbunden und ihn gefesselt, vor sechs bis acht Stunden, wie er meinte. Aus dem Kleinbus schaffte man ihn in ein anderes Fahrzeug, dann legte man ihn in einen Kofferraum und fuhr ihn den Geräuschen zufolge über ein Flughafengelände. Er war geflogen und dann in einen weiteren Wagen gesetzt worden. Er wartete lange in völliger Stille, und schließlich brachte man ihn in diesen Raum, wo er wenigstens umhergehen durfte. Am Ende hatte er sich gesetzt und starrte auf den Fenstervorhang. Er trank aus dem Wasserkrug, den man ihm hingestellt hatte. Ein Fernseher stand im Raum, funktionierte aber nicht. Das hatte Dan ausprobiert. Ihn zu verlassen war unmöglich; als Dan es versuchte, hatte ihn der Schläger, der ihm in der letzten Nacht am Fluss fast den Rücken gebrochen hätte, warnend angebrüllt. Deshalb saß er nun in diesem Zimmer, blickte auf das hässliche, billige Mobiliar und pickte an den Schlammkrusten auf seinen Händen und seiner Hose. Sein Pad war verschwunden. Trotzdem entwarf er Nachrichten an Natalie: Hilferufe zwischen Entschuldigungen, denn wenn er nicht solch ein hoffnungsloser Blödian wäre, wäre nichts von alledem geschehen. Wahrscheinlich nicht.
    Vor Hunger knurrte ihm der Magen und verknotete sich im nächsten Moment wieder vor Angst. Dan stand auf, ging die drei Schritt von einer Wand zur anderen und setzte sich wieder. Ein Bett stand in dem Raum, doch es war mit einer schäbigen blauen Tagesdecke aus Nylon bedeckt, die voller Zigarettenbrandlöcher war und die er nicht anrühren wollte. Schamhaare, und nicht wenige, klebten überall darauf. Hier und da sah er eingetrocknete Spritzer von Essen oder sonst etwas. Auf dem Stuhl war ein Fußabdruck gewesen, aber wenigstens stank er nicht oder sah aus, als hätte er Flöhe. Dan war ganz unten angekommen, schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Er war in einem Loch, wo niemanden etwas Gutes erwartete, aber was sie hatten, das hatten sie eimerweise.
    Auf dem Fernseher lagen für ihn eine Schachtel Zigaretten und ein Päckchen HighFive-Kaugummi, vollgepackt mit Stoff und Beruhigungsmitteln. Er kaute etwas davon, weil er sonst nichts zu tun hatte. Shelagh Carter also, hm? Dieses Miststück.
    Ihn schauderte, und er suchte nach dem Heizungsregler oder einer Decke. Seine Kleider rochen muffig, nachdem sie so lange vom Flusswasser feucht gewesen waren.
    Der Kaugummisaft schmeckte süß. Dan fühlte sich ein wenig besser.
    Dann öffnete sich die Tür, und sie stand vor ihm, eine Person, die in ihrem blauen Kostüm, mit ihrem makellosen Gesicht und dem schimmernden Haar niemals in eine Gegend wie diese passen würde. Staatsbeamtin-Barbie mit einem Scanner in der Hand, als blickte sie in ihr eigenes Manga-Heft, die rosa glasierten Fingernägel auf dem Abzugbügel.
    »Sie waren uns eine große Hilfe, Mr Connor«, sagte sie höflich mit einem britischen Akzent, der aufgesetzt wirkte, obwohl das auch am Gummi in Dans Gehirn liegen konnte. »Es tut mir sehr Leid. Es hat nichts mit Ihnen persönlich zu tun, wissen Sie.«
    »Ach nein?«, entgegnete er und verstummte, weil ihm nichts Schlagfertiges einfallen wollte, weder der richtige Spruch noch die richtige Stimme, um es zu sagen. Sie würde ihn töten, und er wusste nicht einmal, weshalb. Seine Beine begannen zu zittern. Er dachte: Ich hätte mir dieses Scheiß-Flugticket kaufen und nach Rio abhauen sollen.
    »Was dann?«
    »Rein beruflich«, sagte sie und richtete das Gerät auf ihn.
    Er zuckte zurück, aber er spürte nichts. Unbeabsichtigt verschluckte er den Kaugummi. Der Klumpen rutschte ihm die Kehle hinunter und blieb auf halbem

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