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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Vielleicht stimmten die Videoaufzeichnungen wirklich, und er war tatsächlich verschwunden. Wenn Natalie Armstrong ebenfalls verschwunden war, war sie vielleicht tot oder kam nicht mehr wieder.
    Das wäre fast das bestmögliche Ergebnis, dachte Mary und stand auf. Sie verstaute die Einkäufe im Kühlschrank und hinterließ auf der Tüte einen Zettel: Jude, ich bin vorbeigekommen, um mit dir zu sprechen, aber du warst nicht zu Hause. Hab dir ein bisschen Milch usw. dagelassen. Gehe ins Beer House die Straße runter und gucke dort das Sportprogramm, während ich auf dich warte. Wenn du in einer oder zwei Stunden nicht da bist, gehe ich nach Hause. Alles Liebe, Mary.
    P.S.: Dein Pad ist aus, wusstest du das?
     
    Jude und Natalie hatten sich unter einem von Judes Decknamen einen Wagen gemietet und waren in einer Kleinstadt, die ein Stück von Washington entfernt lag und aussah, als würde sie außer für Business-Tagungen der mittleren Kategorie und dem Großziehen von Vorstadtkindern zu nichts benutzt, in einem Motel abgestiegen. Three Pine Lodge hatte keine KI-Sicherheitssysteme und keine Überwachungskameras. Die Sicherheit wurde ausschließlich von Menschen und Hunden gewährleistet.
    Jude hatte sich in seinem ganzen Leben nicht so leer gefühlt und so völlig ahnungslos, was er sagen oder tun sollte. Rein mechanisch war er gefahren, hatte das Zimmer bezahlt und die Schlüssel in Empfang genommen, war die Außentreppe hinaufgestiegen und den Balkon entlang zur Tür gegangen, als ob die Leitung, die ihn mit einem Beweggrund verknüpfte, unterbrochen worden war. Er wusste nicht einmal, ob er dort sein wollte, wo er sich nun befand. Was sie ihm gesagt hatte … er konnte es nicht glauben. Es war so vieles daran, das er nicht erfassen konnte.
    Er nestelte mit dem Schlüssel und stieß ihn verärgert ins Schloss. Selbst seine Hände wollten nicht mehr richtig funktionieren.
    Natalies Schatten, den das glanzvolle Neonschild des Motels warf, flackerte über ihn und zitterte, obwohl sie ganz still stand. Jude spähte in den kleinen Raum und das Doppelbett und wollte sich ihr zudrehen und sie um Entschuldigung bitten, es müsse sich um einen Irrtum handeln; er habe um zwei Zimmer gebeten. Doch bevor er das Licht einschalten konnte, packte sie ihn mit ihrer kleinen, aber kräftigen Hand am Hemd, drückte sich an ihn, küsste ihm mit wildem Drängen auf den Mund und öffnete mit der anderen Hand seinen Hosenschlitz.
    Ihre Berührung wirkte wie eine Flamme an einer Zündschnur. Bevor er denken oder bewusst reagieren konnte, strichen seine Hände über ihren Körper und zerrten an ihrer Kleidung; ihre Münder waren wie aneinandergeschweißt. Er hob sie auf, und dann lagen sie beide auf dem Bett. Als er zurückfiel, sah er über ihre Schulter durch die offene Tür den klaren Nachthimmel, das trübe Leuchten Washingtons, die winzigen Sterne und die schwarzen Klauen der Bäume, die sich über den Hof unter ihnen reckten. Scharf hörte er ihr Keuchen, als sie sich aus ihrer Lederhose wand und ihre Stiefel in die Dunkelheit kickte. Sie biss ihn ins Ohr.
    Der Schmerz war fantastisch, unglaublich. Er war echt, und er tat weh. Er grub die Finger in ihre nackten Hinterbacken und zappelte die Reste seiner eigenen Kleidung von sich. Dann, mehrere Minuten lang, dachte er an gar nichts mehr. Ihn beherrschte einzig die scharfe, grelle, stichflammenartige Wahrnehmung eines Gefühls nach dem anderen in einer gewaltigen Kaskade, die seinen Hunger umso mehr anfachten, je mehr sie ihn stillten.
    Beißend und leckend, wie ein Tier zustoßend, sich windend, stöhnend und schweißnass warf er sich auf sie und, als sie nach einem Augenblick unter ihm lag und die Neonlichter sie beschienen, sah er das Spiegelbild seines eigenen wilden Gesichts, seine eigene Verzweiflung im wilden Herumwerfen ihres Kopfes und ihrem sich aufbäumenden Körper.
    Als er kam, war ihm, als zuckte Elektrizität durch jeden Knochen – so gewaltig, dass irgendetwas Zerbrechliches in ihm zerbarst. Er brüllte auf. Natalies Fingernägel kratzten ihm über den Rücken, und für eine Sekunde glaubte er, er fühlte zwei schwarze, hässliche Schwingen aus knochiger Haut aus den Schlitzen brechen und sich über ihm in vibrierender Anspannung wölben wie Drahtseile im Sturm.
    Dann lagen beide auf der harten, ungemütlichen Tagesdecke aus Nylon. Durch die Tür wehte eine sanfte Brise, erkundete ihre nassen Körper. Eine Sirene heulte auf und verebbte in der Ferne, verloren für

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