Mara und der Feuerbringer Band 2 - Das Todesmal
Mara sah durch die große Scheibe, wie er hektisch den Ständer mit den Landkarten durchstöberte. Wenigstens fand er schnell, was er suchte, warf dem verdutzten Tankstellenwart einen Geldschein zu, der aber schon auf halbem Weg Richtung Theke zu Boden segelte. Noch bevor der Geldschein den Boden berührt hatte, war Professor Weissinger auch schon wieder aus der Tür und stürzte auf das Auto zu.
»Mara, such mir da mal Detmold! Mit Dora!«, rief er aufgeregt und drückte Mara die Landkarte in die Hand. Dann startete er den Motor und schon sauste das kleine Auto mit dem Charme eines Gokarts hinaus aus der Tankstelle und hinein in die unzähligen Schlaglöcher der Hauptstraße.
Erst hielt Mara das Geräusch für Hagel. Doch dann bemerkte sie, dass es Pfeile waren, die da zu Hunderten gegen das Auto prasselten.
»Hoffen wir mal, dass die antiken Gestalten da draußen noch nie was von Luftreifen gehört haben und weiter schön auf unsere Rüben zielen!«, rief der Professor über das Geklapper und bog scharf in eine enge Seitenstraße ein, wo sie vor den Pfeilen der Untoten geschützt waren.
Das stellte sich jedoch schnell als eine Sackgasse heraus, denn etwa hundert Meter vor ihnen stand eine Wand aus römischen Schildern.
» Testudo !«, schrie der Professor, trat auf die Bremse und Mara spürte ebenso viel Schrecken wie Begeisterung in seiner Stimme. »Die Schildkrötenformation der römischen Legion! Das ist eine ganze Zenturie! Und hinter uns die Bogenschützen, verdammt!«
Mara überlegte nur kurz. Dann löste sie ihren Gurt, fingerte nach dem Griff über dem Fenster, zog sich hoch und hängte sich mit dem gesamten Oberkörper aus dem Beifahrerfenster. Den Stab hielt sie mit beiden Händen fest und senkte dann das Ende auf die Straße hinab.
»Mara! Was hast du vor?«
»Sie haben doch gesagt, ich soll das Wasser nicht im Auto hochholen, oder? Geben Sie Gas!«
Der Professor stöhnte auf, aber als hinter ihnen eine weitere Salve Pfeile über die Straße klapperte, wusste auch er, dass dies ihre einzige Chance war. Fluchend stieg er aufs Gas und der kleine Wagen machte einen Satz auf die Schilde der Legionäre zu. Die wichen keinen Zentimeter.
Verdammt, Kopfsteinpflaster, schimpfte Mara in sich hinein, als der Stab mit lautem Geratter über die Steine schliff und sie dabei fast den Halt verloren hätte. Aber Mara zwang sich zur Ruhe und senkte das vordere Ende des Stabes noch weiter hinab, bis er fast geradeaus zeigte. Dann konzentrierte sie sich und ließ die fremde Wut von der Kette.
Im gleichen frenetischen Takt wie das Geratter des Stabes über das Kopfsteinpflaster prasselten Salven pfeilscharfer Wassergüsse auf die Legionäre ein und verwandelte die Straße in ein Inferno aus zerschmetterten Schilden, zerbrochenen Lanzen und zersplitternden Gebeinen.
Mara sah nichts mehr, ließ sich dafür aber von dem Gefühl des Wassers leiten, lenkte den Stab mal hierhin, mal dorthin und schoss mit unnachgiebigem Stakkato in das Gewühl aus Knochen, Holz und Metall.
Da endlich sprang der kleine Wagen mit einem Satz aus der kleinen Gasse hinaus auf eine breitere Straße und die Sicht wurde schlagartig wieder frei.
»Horrido!« Der Professor schaltete die Scheibenwischer an, um die feinen Knochensplitter von der Scheibe zu entfernen, und schlug das Lenkrad scharf ein. Schon rasten sie die Straße hinunter in Richtung Autobahn.
Mara beobachtete im Rückspiegel, wie der laue Wind eine gigantische Aschewolke vor sich her aus der Gasse trieb und über den Dächern verteilte.
»Wer zuerst?«, fragte der Professor, als sie kurze Zeit später die Autobahn erreicht hatten.
»Sie zuerst«, antwortete Mara. »Was haben die Raben erzählt und warum fahren wir deswegen nach Detmold?«
»Nun denn, ich fasse mich kurz, wenn’s recht ist – denn wer weiß, wie viel Zeit wir noch haben, bis die nächste Zenturie vor uns auftaucht«, sagte der Professor.
Kurzfassen? Wer’s glaubt!, dachte Mara. Aber mal sehen, die Hoffnung stirbt zuletzt.
»Also dann«, begann der Professor und legte tatsächlich ein spürbar höheres Tempo vor. »Die ersten paar Zeilen haben nur bestätigt, was wir schon wussten: Der Feuerbringer Loge holt die Legionen des Varus aus dem Boden. Ein Streitwurm ist nämlich ein Schwert und zum ›Umarmer des Streitwurms‹ wurde natürlich Varus selbst, als er sich in sein selbiges stürzte. Jetzt wird es aber noch wurmiger und zugleich spannend, denn ›es stach den Wurm; der siegreiche Sohn, besungen in
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