Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
was wenn er nicht drauf reinfällt? Wenn der mich jetzt angreift und ich mich verteidigen muss, reicht das gerade für ein bisschen Wasserpritscheln, und ich bin am Ende!, dachte Mara, ließ sich aber nichts anmerken. Langsam begann auch ihr ausgestreckter Arm mit dem Stab kaum merklich zu zittern. Komm schon … Los jetzt!
Da ließ Thurisaz die Flamme an seinen Händen versiegen. Mara atmete auf, ließ den Arm sinken und verlagerte ihr Gewicht wieder auf beide Beine.
»Du bist wirklich schlauer, als ich dachte«, sagte Thurisaz. »Fast könnte ich sagen: So einen Gegner wünsche ich mir! Aber die Wahrheit ist, dass ich mir überhaupt keinen Gegner wünsche. Ich hasse Gegner. Ich mag’s am liebsten, wenn es ohne Streit geht.«
»Sie meinen, wenn die Leute tun, was Sie wollen, ohne sich zu wehren«, entgegnete Mara.
»Ja, ganz genau, du hast es erfasst!«, lachte Thurisaz. »Das hab ich wirklich am allerliebsten. Na dann, wollen wir?«
»Hm«, machte Mara nur und trat so nah an Thurisaz heran, wie nötig. Aber keinen Schritt weiter. Dann konzentrierte sie sich.
Kapitel 2
M ara? Was … «, wollte der Professor gerade ansetzen zu fragen, als Mara auch schon wieder die Augen aufschlug. Mit einem erschrockenen Schnaufen schreckte auch Thurisaz hoch und sah sich verwirrt um.
Mara hatte inzwischen schon genug Erfahrung damit, aus ihren Visionen aufzuwachen. Sie sprang sofort auf und zielte mit ihrem Stab auf Thurisaz. Doch auch ihr Gegner war überraschend schnell wieder auf den Beinen, und schon züngelten wieder Flämmchen über seine Finger.
»Was haben Sie mit Thumelicus gemacht?!«, grollte der Professor bedrohlich und sah aus, als würde er Thurisaz am liebsten sofort an die Gurgel gehen. Mara fasste ihn am Arm und schob sich stumm vor ihn. Sie wollte auf gar keinen Fall, dass Professor Weissinger in das magische Feuer von Thurisaz rannte.
Mara spürte, dass sie nach der Anstrengung der Rückreise nun gar keine Kraft mehr hatte, um mehr aus dem Stab zu quetschen als ein armseliges Tröpfchen.
Wenn es sein muss, schmeiß ich ihm den Stab an die Birne, dachte sie entschlossen und versuchte, zu ignorieren, dass sie im Sportunterricht die Einzige gewesen war, die es geschafft hatte, beim Weitwurf hinter sich zu werfen.
Da sprang Ratatösk auf die Schulter von Thurisaz und flüsterte ihm hektisch etwas zu.
»Keine Tricks!«, rief Mara vorsorglich und zielte mit dem Stab genau zwischen die Augen ihres Gegners.
»Ha, keine Sorge, Kleine«, lachte Thurisaz seltsam. »Ich verschwinde erst mal von hier, denn erstens habe ich ein Seminar zu leiten, und zweitens habe ich wirklich keine Lust, das alles hier zu erklären.«
»Ich denke, die Polizei wird in der Lage sein, den Namen auf einer Hotelreservierung zu lesen«, brummte der Professor, doch Thurisaz lachte.
»Ja, ganz sicher sogar! Aber die Frage ist, was die mit diesem Namen anfangen wollen, denn der meine ist es nicht. Ciao!«
Und damit drehte er sich um und rannte tatsächlich, so schnell er konnte, den Gang entlang. Ratatösk folgte ihm mühelos, und kaum hatte Thurisaz die Tür zum Treppenhaus aufgerissen, war das Eichhörnchen durch die Öffnung geschlüpft.
»Viel Spaß!«, rief Thurisaz, war auch schon im Treppenhaus verschwunden und hinterließ eine überrumpelte Mara, ein ratloses Exehepaar und … einen Toten.
»Wie … was meint er denn mit«, begann Mara, doch sie wurde von Steffi unterbrochen, die aus der Suite rannte und wild gestikulierte: »Wir müssen verschwinden! Da unten! Polizei!«
»Ach du Sch…«, fluchte der Professor. »Darum hat er das Treppenhaus genommen! Schnell, wo hängt hier der Fluchtplan?«
»Fluchtplan? Wie … wo … «, stammelte Mara, aber Steffi hatte bereits gefunden, was der Professor suchte. »Der Fluchtplan zu den Notausgängen bei Feuer! Hier!«
Sie deutete auf ein Diagramm, das neben der Tür im Gang hing. »Es gibt einen Weg über die Terrasse rauf zu der Bar, oder was immer das über uns ist, und dann vermutlich übers Dach … irgendwohin!«
»Los, los!«, rief Professor Weissinger, doch Mara hielt ihn fest. »Aber was ist mit Thumelicus?« Sie deutete auf den leblosen Jungen, der mitten im Gang lag und aussah, als würde er schlafen.
»Ich weiß, das ist nicht schön, Mara, und es tut mir so leid um ihn! Aber wir können ihn nicht mitnehmen, und er hätte sicher nicht gewollt, dass du neben ihm sitzen bleibst und dich festnehmen lässt, während sein Mörder frei herumläuft, oder?«
Das saß.
Weitere Kostenlose Bücher