Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
Trotzdem beugte sich Mara noch ein letztes Mal zu Thumelicus herunter und küsste ihn sanft auf die Stirn. »Ich hab dich kaum gekannt, aber … ich fand dich auch toll, genau so, wie du bist«, flüsterte sie und spürte sofort, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten.
»Mara!«, rief der Professor, und gleich darauf vernahm sie das BINGBING der zwei Aufzüge im Gang um die Ecke, die fast gleichzeitig ankamen. Schwere Schritte waren zu hören und Stimmen aus einem Funkgerät. Mara riss sich los und rannte hinter dem Professor her durch das Wohnzimmer ihrer Suite und nach links durch die Tür, die Steffi für sie beide aufhielt.
Die Sonne stand schon tief über den Dächern, als sie zu dritt quer über die große Terrasse liefen. Am linken Ende war eine Metallleiter angebracht, die tatsächlich nach oben führte. Steffi kletterte zuerst, Mara als Zweites und der Professor direkt hinter ihr.
Kaum waren sie oben angelangt, winkte sie Steffi hinter zwei ausladende weiße Blumenkästen mit Bambuspflanzen und bedeutete ihnen, still zu sein. Mara wagte einen Blick hinter sich, um zu sehen, wo sie gelandet waren, und unter normalen Umständen hätte sie jetzt »Wow« gesagt: Sie kauerten am Rand eines mit schweren Holzdielen ausgelegten Dachgartens. Überall waren bequeme weiße Sitzmöbel aufgestellt, in denen elegant gekleidete Leute mit Gläsern in der Hand damit beschäftigt waren, sich ihrer Kleidung entsprechend zu verhalten. Auf Mara und ihre Mitstreiter zwischen den Bambuspflanzen achtete keiner, und das war im Moment auch gut so. Mara erschrak, als sie um einen Mann mit ausladendem Bauch die gleichen, seltsam durchsichtigen Flammen erkannte wie zuvor in der Lobby.
»Was ist denn, Mara? Geht es dir nicht gut?«, flüsterte Professor Weissinger, doch gerade als Mara ihm erklären wollte, was sie sah, wurde es auch schon laut unter ihnen: Zwei wohlbekannte Polizisten und ein Feuerwehrmann platzten in voller Montur auf die Terrasse.
Frau Gassner sah sich nur kurz um und rannte dann ohne ein weiteres Wort auf die Feuerleiter zu.
Nein! Was machen wir jetzt? Die sieht uns doch sofort!, überlegte Mara fieberhaft und schaute panisch zum Professor. Doch ihnen allen war klar, dass es hier keine Möglichkeit gab, so schnell unentdeckt zu verschwinden. Und eine kopflose Flucht mit Polizeiverfolgung stand völlig außer Frage.
Schon hörte Mara die Schritte der schweren Stiefel auf der Feuerleiter. Da rief jemand unten auf der Terrasse: »Der Junge im Gang ist tot, Frau Gassner!«
Die Schritte hielten inne. »Tot? Das darf doch nicht … Riegeln Sie sofort das Gebäude ab! Und zwar komplett! Kornbichel?«
»Jawoi!«, ließ sich ihr Kollege Herr Kornbichel vernehmen, und Mara meinte fast, gehört zu haben, wie er seine Hacken zusammenschlug.
»Sie geben den Kollegen eine möglichst eindeutige Beschreibung von dieser Cousine – Harrgottsakra, wir haben nicht einmal ihren Namen – und der Frau in dem Jeep, in den sie gestiegen ist, klar?«
»Klar!«, rief ihr Kollege nach oben, und sofort begannen die Stiefel wieder mit dem Aufstieg.
Jetzt ist es so weit, wir kommen in den Knast!, dachte Mara und sah den Professor verzweifelt an. Der hatte aber noch nicht aufgegeben und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Mara seufzte leise, denn sie machte sich keine Illusionen mehr, dass sie es diesmal schaffen würden. Doch als sie sah, was er meinte, keimte Hoffnung in ihr auf:
Nur ein paar Meter entfernt stellten ein paar Hotelangestellte gerade so etwas wie ein Buffet auf. Dazu hatten sie Klapptische aufgebaut, auf die nun sorgfältig große Tischtücher gelegt wurden, die man so lange sorgfältig zupfte, bis sie exakt bis zum Boden reichten, ohne diesen wirklich zu berühren. Sobald eine der Tischdecken perfekt lag, wurden oben große Metallbehälter mit Klappdeckeln draufgestellt, aus denen es verheißungsvoll dampfte.
Mara begriff natürlich sofort und krabbelte hinter dem Professor her, quer durch den Blumenkästenwald.
Die Buffetaufbauer wendeten sich gerade einem weiteren Klapptisch zu, und der Professor ergriff die Gelegenheit: Er hob das weiße Tuch auf dem äußersten Tisch hoch, und sofort huschten Steffi und Mara darunter. Der Professor folgte so schnell er konnte, und kaum waren sie alle drei in ihrem Versteck gelandet, hörten sie auch schon, wie Frau Gassners Stiefel hörbar auf den Holzdielen landeten.
Mara wagte es, mit einem Auge einen Blick durch den Spalt zwischen zwei Tischtüchern zu werfen, aber sie sah
Weitere Kostenlose Bücher