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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
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bei Larissa vorbeizuschauen, um sicherzugehen, dass sie sich erholt hatte. Doch als sie in der Pausenhalle ankam, sah sie durch eines der großen Fenster, wie Larissa in das Auto ihres Vaters einstieg, und das ohne fremde Hilfe.
    Ob das nun bedeutete, dass sie keine Hilfe wollte, keine brauchte oder ob man ihr einfach keine gab, konnte Mara aus dieser Entfernung nicht erkennen. Aber man musste ja nicht immer gleich das Schlechteste von Eltern annehmen, oder? Immerhin war Larissas Vater gekommen, um sie abzuholen, und das war mehr, als Maras eigener Vater getan hätte. Dazu müsste er auch erst einmal von Berlin nach München kommen.
    Das letzte Mal hatte sie mit ihrem Vater an ihrem Geburtstag telefoniert und er hatte das ganze Gespräch über geklungen, als sei er sehr weit entfernt. Nicht, dass Berlin so sonderlich weit weg war, zumindest nicht im Vergleich zu Orten wie Japan oder Kanada. Aber manchmal hatte »weit weg« eben gar nicht so viel mit Entfernung zu tun.
    Mara hoffte, dass ihr Vater diese Distanz absichtlich suchte, weil es ihm sonst noch mehr wehtat, nicht mehr bei seiner Tochter zu sein. Andererseits, wenn es ihm so zusetzte, dass er von ihr getrennt war, warum kam er dann nicht einfach zurück? Er musste ja nicht gleich wieder zu Hause bei ihnen einziehen, aber wenigstens in die gleiche Stadt.
    Natürlich kannte Mara die Antwort, und sie lautete: »Mama«. Er und Mama hatten sich einfach so sehr auseinandergelebt, dass sie sich schon stritten, wenn der jeweils andere nur in Rufweite war. Mit den beiden in einer Wohnung zu leben, war schon kaum auszuhalten gewesen, aber Mama und Papa zusammen in einem Raum waren nur ein einziges, lautes Geräusch. Die zwei schafften es tatsächlich immer noch, aus jeder Mücke einen Elefanten zu machen und dann nochdarüber zu streiten, wer die Mücke reingelassen und deswegen die Elefantenkacke wegzuräumen hatte.
    Laut Mama war der Grund der, dass Papa nicht einsehen wollte, dass sie auch ein Mensch mit Wünschen, Sehnsüchten und Träumen war, die sie auch gerne verwirklicht hätte, und dass sie nun mal nicht so war, wie Papa sie vielleicht gerne gehabt hätte. Diesen Teil der Begründung für die Trennung konnte Mara auch sehr gut verstehen, aber leider waren Mamas Wünsche, Sehnsüchte und Träume eben im Laufe der Zeit immer seltsamer geworden – und das, obwohl sich Papa immer mehr dagegen sträubte. Okay, vielleicht genau deswegen.
    Und als Mama danach mit einem Säckchen voller Holzsplitter und einem Stapel bunt bemalter Spielkarten heimgekommen war, aus denen sie die Zukunft für ihre Ehe glaubte herauslesen zu können, war das der Anfang vom Ende. Vor allem deswegen, weil sie mit den angeblichen Runen-Stäbchen das Wort GWOGL warf und es als G emahl W ill O hne G emahlin L eben interpretierte. Danach sollte Papa aus dem Stapel mit den sogenannten Tarot-Karten eine Karte ziehen und dabei an ihre Beziehung denken.
    Papa zog die
Karte des Hängenden
. Daraufhin hatte Mama ihm mitgeteilt, dass die Karte Bestrafung, Verlust, Leiden und Niederlage bedeutete, und Papa hatte nur gesagt, dass das sein Gefühl zu ihrer Ehe tatsächlich perfekt umschrieb.
    Danach war Mama verdächtig still gewesen und hatte auch nichts mehr weggelächelt. Drei Wochen später zog Papa aus.
    Mara blickte dem Auto hinterher, das Larissa nach Hause brachte, und überlegte. Wenn Mama etwas anderes als die Wiccas gefunden hätte, um ihre Wünsche, Träume und Sehnsüchte auszuleben, wäre Papa vielleicht noch bei ihnen. Andererseits konnte man ja niemandem befehlen, wofür er sich zu interessieren hatte.
    Mara konnte sich ja nicht einmal selbst befehlen, wofür sie sich
nicht
interessieren wollte. Man ist, wer man ist, hatte der Zweig gesagt. Und der, der Papa war, kam wohl mit der, die Mama war, einfach nicht zurecht und umgekehrt.
    Vielleicht wäre Mama ja eher mit einem Mann glücklich geworden, der so was war wie eine männliche Wicca, dachte Mara und musste unweigerlich an die Blicke denken, die sich Professor Weissinger und Mama zugeworfen hatten. Du liebe Zeit, der Professor war ja noch weniger Wicca als Papa. Na hoffentlich blieb es bei diesem Blickwechsel und einem etwas zu langen Händedruck!
    Mara seufzte. So viele Fragen … Schließlich raffte sie sich auf und machte sich auf den Weg zur U-Bahn. Sie hatte schließlich einen Termin mit Professor Weissinger. Dem ach so charmanten.
    Mara stand am Geschwister-Scholl-Platz und starrte auf das in den Boden eingelassene Denkmal. Der

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