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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
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Abholschein für meinen guten Anzug, den ich nur bei besonderen Anlässen trage. Der liegt schon etwas länger fertig gereinigt und geplättet in der Reinigung. Ich vergesse täglich, ihn endlich mal abzuholen.«
    Mara musterte den Abholschein genauer und ihr Blick fiel auf das Datum. Der Professor hatte den Anzug ungefähr zu der Zeit in die Reinigung gegeben, als sie eingeschult worden war.
    »Der wäre mir inzwischen vermutlich eh zu eng und nicht mehr ganz so modern«, bemerkte Professor Weissinger und drehte dann den Zettel wieder herum, sodass Maras Zeichnung zu sehen war. »Das da,
das
ist die interessante Seite! Ach was, das ist sogar richtig spannend! Das ist die spannendste Kritzelei, die ich jemals gesehen habe, Mara Lorbeer!«
    Mara hatte bereits festgestellt, dass der Professor dazu neigte, sein Gegenüber mit Vor- und Nachnamen anzureden, wenn er aufgeregtwar. Es verfehlte allerdings auch nicht seine Wirkung. Mara wollte nun endlich wissen, was Professor Weissinger an ihrem Bild denn so spannend finden konnte. Sie hatte doch nur …
    … und da verstand sie endlich, und ihr Blick hellte sich so sichtbar auf, dass der Professor die Augen aufriss und eifrig zu nicken begann.
    »Ganz genau, Mara Lorbeer! Wenn ich alles richtig gedeutet habe, komme ich zu einem ziemlich einzigartigen und ungewöhnlichen Schluss, der trotzdem die einzig wahrscheinliche Antwort auf die Frage ist, was du da gezeichnet haben könntest!« Und dabei blickte der Professor sie mit den Augen eines Kindes an, das jetzt gleich die Kerzen einer Geburtstagstorte ausblasen darf.

    Natürlich wusste auch Mara, was sie da gemalt hatte: Es war das Monstrum, auf dem sie in ihrer Vision durchs Meer geritten war. Der Anblick hatte sich so unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt, dass sie das Wesen genauso aufs Papier gekritzelt hatte, wie sie es von oben gesehen hatte: eine schwarze Wurst mit vielen Beinen, einem riesigen Kopf und einem aufgerissenen, fast krokodilartigen Maul.
    Der Professor schaute Mara immer noch erwartungsvoll an.
    »Ja, ich weiß schon, was … was ich da gezeichnet habe«, stammelte sie schließlich, »aber ich weiß nicht, was es
ist
. Ich meine, ich weiß nicht, wie es heißt oder wie man es nennt. Außer vielleicht ›Monster‹ oder ›Vieh‹ oder so.«
    Unsicher blickte sie den Professor an. Der grinste und holte wiebeiläufig einen weiteren Zettel hinter sich hervor. »Schau mal, Mara«, sagte er. »Auch das hat mal jemand gezeichnet.«
    Mara blickte auf ein schwarz-weißes Foto, auf dem so was wie ein Grabstein abgebildet war. Der Stein stand aufrecht in einem Kiesbett und zeigte ein großes rundes Ornament in der Mitte. Rechts darüber war eine Figur, die aussah wie ein menschliches Strichmännchen, und direkt neben dem Männchen war … Maras Zeichnung!
    Kein Zweifel, das war Maras Wurstmonster, und das auch noch fast genauso, wie sie es gekritzelt hatte. Gut, es hatte zwei große Augen, die bei Maras Version fehlten, und nur auf einer Seite Beine, während sie das Vieh auf ihrem Bild beidseitig bebeint hatte. Aber die Form und vor allem das weit aufgerissene Maul am vorderen Ende sahen ihrer Zeichnung erstaunlich ähnlich! Hatte sie dieses Foto vielleicht doch irgendwo unbewusst schon mal gesehen?

    Nein, dachte Mara im gleichen Moment. Dieses Wesen hatte sie auf keinem Foto gesehen, sondern tausend Meter unter sich, während ihr der Wind die Tränen in die Augen trieb und die schwieligen Krallen eines riesigen Vogels sie daran gehindert hatten, in die Tiefe zurück ins Meer zu stürzen! Und das hatte sie sich nicht eingebildet!
    »Aber wie … wie kann das sein?«, fragte Mara stockend und zeigte auf das Foto.
    »Dafür, Mara Lorbeer, habe ich keine Erklärung«, antwortete Professor Weissinger. Doch er klang dabei immer noch ganz aufgeregt. »Dieses Foto zeigt einen auf Gotland gefundenen Bildstein. Da manaber vor der Herausgabe des Bildes erst noch ein paar Untersuchungen machen will, gibt es bis jetzt noch keine öffentlich zugänglichen Abbildungen davon. Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass du dieses Bild gesehen haben könntest, gleich null!«
    Professor Weissinger sah Mara an und seine Augen funkelten wie die eines Sechsjährigen, dem man gerade das Playmobil-Piratenschiff geschenkt hat. »Mara, erstens weiß ich jetzt, dass an deiner Geschichte mehr dran sein muss, als ich zunächst glauben wollte. Und zweitens hast du mich in der langgehegten Vermutung bestärkt, dass der Mythos von der

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