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Mara und der Feuerbringer

Mara und der Feuerbringer

Titel: Mara und der Feuerbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Krappweis
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dem Feuerbringer, sich selbst vor dem ganzen Wahnsinn und, ach ja, die ganze Welt vor … tja, vor was denn jetzt eigentlich? Da stand ja immer noch die Sache mit der Götterdämmerung im Raum. Aber das würde sie nun hoffentlich mit Loki ein für alle Mal klären können. Schließlich war der ihr jetzt echt was schuldig. Ach ja, und sie musste langsam mal ihren Schüssel-Arm tauschen, denn der zeigte schon erste Ermüdungserscheinungen.
    Vorsichtig führte Mara die linke Hand an die Schüssel und ließ die rechte erst los, als sie die Schale auch wirklich sicher in der Hand hielt. Dann erst schloss sie das Bild in die andere Welt und wagte noch einmal einen prüfenden Blick nach oben, um sich zu versichern, dass sich die Schlange nach wie vor damit begnügte, pausenlos zu sabbern. Endlich gestattete Mara Lorbeer sich einen sehr, sehr tiefen Seufzer.
    Ohne die Schatten in der Decke ganz aus den Augen zu verlieren, wendete sie sich nun dem gefesselten Halbgott zu, der da unter ihr lag und geduldig eine seltsam eintönige Melodie summend zu ihr hochsah.
    »Also, wenn ich jetzt erst mal hier so stehen bleibe, kann ich dann ein paar Fragen, äh, fragen?«
    Lokis schwarze Augen blitzten schalkhaft, als er antwortete: »
Litilvölva
, solange du die Schale über mein Haupt hältst und mich vor dem Seiber der verfluchten Schlange dort oben so vortrefflich schützt, gebietest du über mich so vollkommen, dass ich dir alle Wünsche von den Augen ablesen will. Aber bedenke, dass ich nur eine einzige freie Hand habe, um sie dir zu erfüllen.«
    Dabei winkte er mit seiner freien Hand, grinste schelmisch dazu, und Mara musste unwillkürlich an den Professor denken. Die beiden würden sich humormäßig sicher sehr gut verstehen.
    »Also gut, zuallererst mal hab ich eine echt doofe Frage und ich hoffe, dass das für Sie okay ist, Herr Loki. Also jetzt, wo Sie ja anscheinend eine Hand von Ihren Fesseln befreit haben … könnten Sie die Schale dann nicht selber halten?«

Kapitel 6

    E ine Pause entstand und Mara fasste nun einen längst überfälligen Entschluss. Wenn all ihre Gesprächspartner von Loge bis Loki und von Professoren bis Polizistinnen ganz offensichtlich Schwierigkeiten hatten, ihr zu folgen oder sich einen Reim auf das zu machen, was sie tat, fragte oder sprach – dann war das ab sofort eben ganz alleine deren Problem! Also drückte sie Loki wortlos die Holzschale in die freie Hand und half ihm, sie an die richtige Stelle zu führen. Dabei richtete Mara den Blick immer wieder nach oben in die Schatten, um nicht noch einmal von der Schlange überrascht zu werden. Aber solange niemand in ihr Revier eindrang, schien sie sich da oben recht wohl damit zu fühlen, weiter auf Loki herunterzusabbern.
    Der starrte einen Moment lang ungläubig auf die Holzschale in seiner Hand. Dann endlich fand er seine Sprache wieder und Mara fiel erneut die angenehm weiche Stimme des Halbgottes auf, als er erst freudig auflachte und dann sagte: »Gerne schütze ich mich selbst vor dem Geifer, kleine
Völva
. Lange genug war ich hilflos und konnte selbst nichts tun, als nur blindwütig schreien und um Hilfe zu betteln wie der Feigling, der ich war.«
    Mara wusste, dass in diesem Satz mehr steckte als nur die Freude darüber, endlich selbst wieder etwas tun zu können.
    »Oh,
Litilvölva«
, fuhr Loki fort. »Könnten meine ach so gestrengenRichter von damals mich so sehen, sie hätten mir die Schale sofort genommen, und ich bin sicher, sie hätte ein schnelles Ende ereiltunter
Mjölnir
s Schlag! Aber nachdem ich vor wenigen Tagen in blinder Wut meine linke Hand von
Narfis
blutigem Griff befreite und keiner von ihnen erschien, um mich abermals zu binden, scheint mir, dass wohl auch in Zukunft keiner kommen wird.«
    Mara hatte keine Ahnung, wer oder was ein
Mjölnir
war, aber sie war sich sicher, dass mit
Narfis blutigem Griff
die ebenso magischen wie ekelhaften Fesseln gemeint waren, die die Götter aus den Gedärmen von Lokis Sohn
Narfi
geschmiedet hatten. Sie sparte sich daher jede weitere Nachfrage ganz ausdrücklich. Aber etwas anderes hatte Maras Interesse geweckt …
    »Meinen Sie damit, dass es die ganzen anderen Götter nicht mehr gibt?«, fragte sie. Lokis Blick wurde hart, seine Stimme verlor jede Weichheit, und fast dachte Mara, sie hätte ihn mit dieser Frage wütend gemacht. Doch seltsamerweise lag in seinen Worten keine Wut, sondern nur die Last vieler Jahrhunderte, als er ihr mit einer seltsam entrückten Grabesstimme

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