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Marathon Mosel

Marathon Mosel

Titel: Marathon Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Manstein gab seinen Leuten ein Zeichen, und sie verschwanden in den Kanälen.
    »Los, komm!«, hörte Grabbe seinen Kollegen sagen. »Nimm dir Stiefel und einen Helm.«
    Der Tag hatte so gut angefangen. Es war vielleicht ein wenig zu heiß, aber sonst war der Dienst unten an der Laufstrecke in Ordnung gewesen. Seine Beobachtungen am Verpflegungsstand hatten ihn in seiner Meinung bestärkt, niemals mit dem Laufen anzufangen. Nun bahnte sich hier unten ein Albtraum an.
    »Gibt es ein Problem?« Meier hielt seinem Kollegen die Stiefel hin.
    Grabbe schlüpfte aus seinen Schuhen. »N …« Er musste sich räuspern. »Nee!« Die Stiefel waren etwas eng, der Helm etwas zu groß. Meier drückte ihm eine Taschenlampe in die Hand.
    *
    Sie liefen über die Ziellinie. Erst bekam Walde eine Plakette um den Hals gehängt, dann einen Becher in die Hand gedrückt. Das Zeug schmeckte noch ekliger als das Powergel. Für einen Moment waren sie unter dem Torbogen der Porta Nigra im Trockenen, wurden aber von der Menge der nachfolgenden Läufer weitergeschoben.
    »Komm!«, Gabi zog Walde hinter sich her in eines der Zelte. Drinnen roch es ähnlich wie am Start, nur stärker. Ein halbes Dutzend Pritschen standen in einer Reihe, auf denen sich Läufer massieren ließen. Walde bückte sich unter das niedrige Zeltdach. Sofort schmerzte sein Rücken. Der Regen prasselte auf die Plane, in der sich bereits ein Bauch gebildet hatte. Draußen gab es eine dichte Serie von Blitz und Donner.
    »Kann ich mal dein Handy haben?« Erst jetzt fiel Walde Gabis T-Shirt auf. Der dünne Stoff klebte durch die Nässe wie eine zweite Haut auf ihrem Körper. Offensichtlich trug sie keinen BH. Einige der Läufer im Zelt starrten sie an.
    »Hier, nimm, bevor dir ein Auge rausfällt«, sie hielt ihm das Funkgerät vors Gesicht.
    »Hast du kein Handy?«
    »Doch, aber das ist mein privates«, antwortete sie und deutete auf ein Futteral, das sie am Bund der Hose trug. »Unsere Dienstgeräte waren heute Morgen alle weg.«
    Eine der Masseurinnen warf Gabi ein Handtuch zu.
    »Oh, danke.« Sie frottierte sich ihr Haar. Dann legte sie sich das Handtuch um den Hals. »Ende der Vorstellung, Jungs.«
    Es dauerte eine Weile, bis Walde Monika im Präsidium erreichte.
    »Was ist mit deinem Handy?«, fragte sie. »Ich versuche schon die ganze Zeit, dich zu erreichen. Am Hauptmarkt ist …«
    »Ich weiß, ich war schon da«, unterbrach sie Walde.
    Weitere Läufer kamen ins Zelt.
    »Was ist mit dem Chip?« fragte Monika.
    »Werde ich gleich überprüfen.« Walde beobachtete, wie Kondenswasser, das sich in der feuchtwarmen Luft gebildet hatte, an den Zeltwänden herablief.
    Es war ein Uhr. Der Regen trommelte unvermindert weiter. Er hackte eine weitere Nummer ins Telefon. Doris meldete sich.
    »Wo bist du?«
    »In Pfalzel bei Marie und Jo, alles in Ordnung, und du?«
    Walde atmete erleichtert auf. »Im Zelt an der Porta. Hier regnet es in Strömen.«
    »Hier auch, bis später.« Sie legte auf.
    Der Wolkenbruch hielt unvermindert an. Immer mehr Läufer drängten herein. Als Walde einen Schritt vorwärtsging, um Platz zu machen, schmatzte die aufgeweichte Wiese unter seinen Füßen.
    *
    Zuerst hielt Grabbe die weißen Fäden, die von der Decke herunterhingen, für Spinnweben, doch dafür waren sie zu unnachgiebig. Es mussten Wurzeln sein. Er fragte sich, von welchen Bäumen sie stammten, so tief hier unten. Wie schafften es die feinen Verästelungen, durch das Gemäuer zu dringen? Das Gewölbe war gemauert, die Steine von schwarz-brauner Patina überzogen. Es roch nicht schlimmer als vorn in dem Gang, in dem der Kanalarbeiter getötet worden war. Nach Kloake und Zigarettenrauch. Letzterer kam von Meier, der mit krummem Rücken vor ihm durch die Rinne stapfte. Grabbe hielt gerade soviel Abstand, dass er kein Spritzwasser abkriegte. Ein mächtiger Druck hatte sich wie Fassdauben um seine Brust gelegt.
    »Einen Moment«, ächzte Meier und richtete sich in einem nach oben führenden Schacht auf. »Das wird mir mein Rücken noch lange nachtragen.«
    Grabbe musste gebückt hinter ihm verharren. In dem Revisionsschacht fand nur ein Mann Platz. »Wären wir nicht besser …?«
    »Nee, der Kanal hier läuft genau unter der Simeonstraße.« Meier stemmte seine Arme in den Rücken. »Hier gibt es kaum Wohnungen, nur Geschäfte, Büros und Praxen. Da ist heute niemand, der uns nette Grüße durchs Klo schicken könnte. Du weißt, was ich meine?«
    Grabbe leuchtete an den Wänden entlang.

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