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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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ihre
Telefonnummer hat auch nichts mit einer Elf zu
tun.«
    »Mit einer
Elf?«, fragte Silvia Vosskamp erstaunt.
    »Der Mörder
hat zwei Einsen an die Wand im Wohnzimmer Ihres Bruders gemalt. Mit
dessen Blut«, sagte Remmer.
    »Und dann den
Wagen, in den er Ihren Bruder gelegt hat, in der Nähe der
Bonner Straße geparkt«, ergänzte Gröber.
»Vielleicht ein Zufall, vielleicht war's
Absicht.«
    Zum ersten Mal zeigte
die hübsche Yuppie-Frau eine Gefühlsregung.
    »Das ist ja
widerlich.« Sie zog die Winkel ihres schmalen Mundes hoch.
»Was bedeutet das?«
    »Das wollten wir
Sie fragen«, meinte Gröber. »Was bedeutet diese
Zahl?«

11
    Ingo Gassmann hatte
die Startnummer 5419- Eine schöne Zahl, dachte er, als er auf
der Parkbank verschnaufte. Er genoss den Moment der Ruhe und
Entspannung, sein Pulsschlag schien neben dem Gezwitscher von ein
paar Vögeln das lauteste Geräusch in der Einsamkeit zu
sein. Außer ihm hatte sich offensichtlich keiner zu dieser
frühen Morgenstunde aufgemacht, um bei diesem unfreundlichen
Wetter noch einmal vor dem großen Lauf zu trainieren. Dreimal
dreitausend Meter hatte er schon hinter sich. Ein bisschen
Tempotraining als Ergänzung zum Ausdauertraining. Das hatte
sich in all den Jahren bewährt. Und in dieser morgendlichen
Stille, in der er noch fast ganz allein durch die Grünanlagen
rannte, war es ein ganz besonderer Genuss.
    Er hatte alles
minutiös geplant. Nichts durfte ihn aus der Ruhe bringen,
dieser Ruhe, die sich dann am entscheidenden Tag in dieses
Gleichmaß der Bewegung übersetzen würde.
    Das galt auch für
das schlimme Foto von Frank Vosskamp, das er gestern Morgen in der
Zeitung gesehen hatte. »Wer kennt diesen Mann?«, hatte
darüber gestanden. Über die Umstände seines Todes
war nur wenig zu lesen. Er sei erstochen und in der Südstadt
gefunden worden.
    Er hätte sich
unter der angegebenen Telefonnummer melden können. Doch wozu?
Vosskamp kannten genug. In der Zeitung von heute würde sicher
schon sein Name stehen. Er hatte sich davon noch nicht
überzeugen können, denn sein Zeitungsbote war
offensichtlich mal wieder später auf den Beinen als er. Die
Identifizierung dürfte auch ohne seine Mithilfe kein Problem
gewesen sein. Warum sollte er sich da freiwillig noch für
irgendwelche lästigen Polizisten-Fragen zur Verfügung
stellen? Das hätte ihn nur aufgehalten und zu Verunsicherungen
geführt. Das hätte nicht zu einer professionellen
Durchführung seines Trainings- und Lebensplans gepasst. Dazu
bedurfte es der Ruhe. Planung war alles, fast alles.
    Was für ihn als
Hobby begonnen hatte, war zu einem Lebensinhalt geworden. Etwas,
für das man bereit war, einiges zu opfern. Der Marathon war
für Gassmann mehr als ein Freizeit-Spaß oder der
einmalige Kick, den sich die vielen untrainierten, schwabbeligen
Mitläufer bei ihrem ersten und letzten Lauf durch die Stadt
holten. Er hatte das Laufen von Anfang an mit großem Ernst
betrieben. Die Läufe wurden zu festen Bestandteilen seines
Wochenrhythmus. Schon nach wenigen Wochen brauchte er die
regelmäßigen Läufe wie ein heroinabhängiger
Junkie seinen nächsten Schuss. Zunächst konzentrierte
sich sein Ehrgeiz vor allem auf die Steigerung seiner Leistung,
doch schnell bemerkte er, dass es ihm eigentlich um etwas ganz
anderes als persönliche Bestzeiten ging. So begann er all
seine Energie auf die Organisation seines Alltags zu konzentrieren,
um seine ganze Wochenplanung nach seinem Sport ausrichten zu
können. Er sortierte seine beruflichen und immer weniger
werdenden privaten Termine, um feste Laufzeiten einplanen zu
können. Er unterschied zwischen den wichtigen und unwichtigen
Dingen und wunderte sich nicht, dass mit der Zeit immer weniger
wichtig und immer mehr unwichtig
wurde.        
    Dass dabei die Zeiten,
die er bei Wettläufen erreichte, kontinuierlich besser wurden,
war nur die logische Konsequenz eines Lebens, das Gassmann auf die
gleiche Art durchstrukturierte, wie er Trainingspläne schrieb
und analysierte. Schon bei seinem ersten Marathon war er deutlich
unter vier Stunden gelaufen. Er hatte sich gewissenhaft
vorbereitet, Buch geführt über Zeiten und Strecken, lange
Dauerläufe mit ein wenig Tempotraining und Gymnastik
kombiniert, einmal die Woche an einem Zirkeltraining für
steife Vollidioten teilgenommen. Dabei hatte er Medizinbälle
an Wände geworfen und war schwachsinnig über Bänke
gehüpft.
    Er hatte vermieden,
ein Fitness-Studio zu betreten, und nicht bei diesem

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