Marathon
Kollegin am Steuer. »Ein Hinweis auf
irgendwas.«
»Er sagt uns:
Ich habe genau gewusst, was ich da tue. Seht her, ich schreibe noch
was an die Wand, ganz ruhig, ohne Hektik. Zwei Zahlen, damit ihr
was zu grübeln habt. Ich habe alle Zeit der
Welt.«
»Eine Nummer,
eine Zahl, ein Datum. Was kann das sein?«
»Eine Hausnummer
vielleicht. Welche Nummer hatte das Haus, vor dem der Wagen
stand?«
»Keine Ahnung,
war ein Supermarkt hinter dem Bauzaun. Ruf mal die Auskunft
an«, schlug sie vor.
Der Supermarkt hatte
die Hausnummer 5. »Nummer Elf ist ein
Schreibwarengeschäft«, gab er die Informationen der
Auskunft weiter.
»Die verkaufen
Büro-Maschinen«, überraschte ihn Remmer.
»Ach?«
Sie ließ eine
Frau mit Kinderwagen über die Straße.
»Vielleicht hat
unser Mann vor dem Geschäft keinen Parkplatz gefunden und dann
ein paar Meter weiter im Halteverbot geparkt.«
»Das glaubst du
nicht wirklich, oder?«, fragte sie. »Der malt eine Elf
an die Wand, weil er die Leiche vor der Hausnummer Elf abstellen
will? Das macht doch keinen Sinn.«
Gröber
rümpfte die Nase. »Vosskamp hat im November Geburtstag.
Mehr fällt mir zu der Elf bislang nicht ein.«
»Die Elf ist
eine heilige Zahl.«
»Und eine sehr
kölsche.«
»Das ist
dasselbe«, meinte Remmer ernst. »Elftausend Jungfrauen,
Elferrat, Sessionsstart…«
»Der ist auch im
November.«
»Eben.«
»Unser
Mörder ist ein Scherzbold. Ein Freund des
Fastelovends…«, spottete Gröber.
»Das glaube ich
kaum«, entgegnete Remmer. »Einen Witz wollte der nicht
machen. Was kann einen dazu bringen, mit dem Blut des Opfers eine
Zahl an die Wand zu
malen?«
»Eine
Krankheit.«
»Und
welche?«
»Keine Ahnung.
Eine Geisteskrankheit.«
Remmer hielt vor einem
verklinkerten kleinen Haus. Hier wohnte Maria Vosskamp, die Mutter
des Toten. Sie stellte den Motor ab, machte aber noch keine
Anstalten, auszusteigen.
»Eine Elf kann
so viel bedeuten«, sagte Gröber. »Eine Hausnummer,
der Anfang einer Telefonnummer, ein Datum, ein Alter, eine
Startnummer für den Marathon am Sonntag, eine Seitenzahl
…«
»Vielleicht ist
es ein Countdown. Vielleicht will er elf Leute töten, und das
war der Erste.«
Gröber starrte
seine Kollegin entgeistert an. Es war nicht immer leicht zu
erkennen, wenn sie etwas ernst meinte. Ihr Humor war ähnlich
eigenwillig wie ihre Vorliebe für bunte Halstücher, die
wohl außer ihr niemand mehr in Köln durch die Gegend
trug. Sie sahen aus, als hätte sie ein Hobbykünstler mit
einem ganz unsicheren Geschmack in Sachen erträglicher
Farbzusammenstellung selbst gemalt.
»War ein
Witz«, beantwortete Remmer die nicht gestellte Frage und
stieg aus.
10
Maria Vosskamp
kämpfte gegen den Heulkrampf. Gröber hatte sich neben sie
auf die Couch gesetzt, nachdem sie in sich zusammengesunken
war.
»Können wir
jemanden anrufen, der jetzt bei Ihnen sein kann?«, fragte
er.
»Meine
Tochter«, schluchzte die Frau, die einen Porsche, eine
Golfausrüstung und sechzigtausend Euro geerbt
hatte.
»Frank hat eine
Schwester?«, fragte Gröber.
»Die Nummer ist
im Telefon einprogrammiert. Unter S wie Silvia«,
flüsterte Frau Vosskamp.
Remmer ließ das
Telefon wählen und bestellte mit wenigen Worten die Schwester
des Toten nach Porz. In all den Jahren hatte Remmer die Erfahrung
gemacht, dass in solchen Momenten nichts besser war, als kurz und
knapp alles ganz geradeaus zu sagen. Keine Redewendung, kein
Zögern konnte den Schmerz lindern.
Gröber versuchte
derweil, doch noch das ein oder andere von der Mutter des
Ermordeten zu erfahren, doch Maria Vosskamp zeigte sich kaum in der
Lage, Auskünfte zu geben.
»Haben Sie
irgendeinen Verdacht, wer das getan haben könnte? Ist Ihnen
irgendetwas in den letzten Monaten bei Ihrem Sohn
aufgefallen?«
»Nein«,
flüsterte sie.
»Wann haben sie
ihn zuletzt gesehen?«
»Letztes
Wochenende. Er hat mich besucht. Nur kurz. Es ging ihm
gut.«
»Hat er etwas
Besonders erzählt?«
»Nein. Alles war
wie immer.«
»Hatte er eine
Freundin, Frau Vosskamp?«, mischte sich Remmer
ein.
»Zurzeit nicht.
Seine Freundin hat ihn verlassen, vor ein paar Monaten. Das hat ihn
schwer mitgenommen damals, aber jetzt ging es ihm wieder
gut.«
»Wie heißt
sie?«
»Fragen sie
lieber meine Tochter. Ich weiß es nicht mehr ganz genau.
Wiesenbach oder Biesenbach. Karin Wiesenbach, glaube
ich.«
»Gibt es einen
Vater?«, fragte Gröber etwas unbeholfen.
Sie schüttelte
den Kopf.
»Ist er
gestorben?«
Sie
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