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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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Sie begann den Refrain mitzusummen.
    »Oure zo un
durch. Et weed schon lang nimmieh nohjekaat. Kei Wunder, dat mir
bei dä janze Färve he noch nit opjefalle es, dat jeder
miestens vill zu laut, ävver koum einer deutlich
es.«
    »Hat er Recht,
der Köster, oder?«, fragte Gröber. Remmer zog die
Schultern hoch. »Keine Ahnung. Ist Musik für Jungs,
glaube ich.«
    »Köln ist
ein Dorf voller Größenwahnsinniger, die das
Nebensächliche lieben und alles Wichtige ignorieren, weil es
ihnen zu anstrengend ist, darüber
nachzudenken.«
    »Ganz im
Gegenteil zu dir, was?«, sagte Iris Remmer spitz.
    »Das habe ich
nicht gesagt. Vielleicht bin ich ja genauso.«
    In diesem Moment
bestrafte ihn sein Körper für die plötzliche
Anstrengung in der verlängerten Mittagspause. Er bekam einen
Krampf in der linken Wade.
    »Du hast Angst
vorm Älterwerden. Das ist alles«, murmelte sie,
während sich Gröber Mühe gab, nicht loszuschreien.
Er reckte sich und streckte sich, drückte das Bein durch und
versuchte, mit ein paar Handgriffen die Muskulatur zu
lockern.
    »Können wir
mal anhalten?«, fragte er vorsichtig. Als Remmer nicht sofort
reagierte, wurde er lauter. »Halt an,
Mensch!«
    Sie drückte auf
die Bremse und blieb mitten auf der Porzer Hauptstraße
stehen.
    »Bitte
schön!«
    Gröber riss die
Tür auf und streckte sein Bein aus dem Auto. Dann versuchte er
langsam auszusteigen. Als er keuchend an der Beifahrertür Halt
suchte, ließ der Schmerz nach.
    »Wie hast
eigentlich du deinen Vierzigsten gefeiert?«, fragte er betont
lässig.
    »Du warst
eingeladen, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Ich hab's
vergessen. Ist lange her.«
    »Ich habe viele
Leute eingeladen und schön gefeiert.«
    »So, so. Kein
Grund, beleidigt zu sein. Ich frage nur, weil ich mir langsam mal
ein paar Gedanken machen muss, wie ich die Sache
angehe.«
    »Hab ich
irgendetwas nicht mitbekommen? Hat Herr Gröber seinen
Geburtstag verlegt?«
    »Wieso?«
    »Das letzte Mal
hab ich dir im Juli gratuliert, nachdem du mich
großzügig mit einem Kölsch überrascht hattest.
Jetzt ist Oktober. Da hast du noch ein bisschen Zeit bis zum
nächsten Mal.«
    »Aber der
Vierzigste ist was Besonderes. Da will alles gut und langfristig
überlegt sein.«
    »Räum deine
Wohnung auf, lad ein paar Leute ein, lass was Leckeres zu essen kommen und freu
dich deines Lebens. Dann wird's ein schöner vierzigster
Geburtstag.«
    Gröber stieg
wieder ein. Hinter ihnen hatte ein wildes Hupkonzert
begonnen.
    »Das sehe ich
anders«, sagte er.
    Er wusste, dass Iris
Remmer dieser runde Geburtstag damals genauso wenig ausgemacht
hatte wie der Kommende. Ihr war ihr Alter ziemlich egal, solange
sie nirgendwo Schmerzen hatte und ihr immer noch gelegentlich ein
paar Männer hinterherschauten. Er nervte sie dagegen schon
seit Anfang des Jahres, lange bevor er in das magische vierzigste
Lebensjahr eingetreten war, das mit diesem angeblich so
fürchterlichen Geburtstag enden sollte. Er hatte sich sogar in
einem Fitness-Studio angemeldet, um dem Alter demonstrativ zu
trotzen. Sie hatte ihn nie gefragt, ob er noch hinging.
Wahrscheinlich kannte sie die Wahrheit, auch ohne nachzufragen.
Schließlich konnte man ihm auch keinerlei
äußerliche Veränderungen ansehen. Mit ein bisschen
Bizeps hätte er bei seiner Chefin sicher Pluspunkte sammeln
können.
    Sie fuhr wieder los
und gab Gas. Das Porzer Rheinufer lag im Nebeldunst. Die andere
Rheinseite war nur schemenhaft zu erkennen. Sie überholten
einen Rheinschiffer, der rheinaufwärts unterwegs
war.
    »Kennen wir den
Namen der Frau, mit der er zusammen war?« Sie wechselte
wieder auf unverfängliches Terrain.
    »Nein. Nichts
gefunden. Vielleicht weiß die Mutter ja was«,
antwortete Gröber mürrisch.
    »Kontostand?«
    »Er hat ein
Aktiendepot von rund sechzigtausend Euro. Die Kollegen haben ein
paar Auszüge in einem Aktenordner gefunden. In der Wohnung
wohnte er zur Miete. Tausenddreihundert Euro hat er dafür
gezahlt. Davon können wir nur träumen. Hat gut verdient,
war allein. Da kann man sich was leisten.«
    Sie fuhren durch das
Porzer Zentrum, um anschließend einen der schönsten
Teile Kölns zu erreichen. Nach dem Naherholungsgebiet
»Groov« kamen sie nach Langel. Ein Dorf in der Stadt zwischen Feldern
und Rhein. Hier war selbst die Hauptverkehrsstraße
verkehrsberuhigt.
    »Was machen wir
mit dieser Zahl an der Wand?«, fragte Gröber.
»Dieser Elf aus Blut.«
    »Keine Ahnung.
Ein kleines Rätsel für die dumme Polizei, oder?«
stöhnte die

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