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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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Schaufenster einfach zugeklebt
und sich einen Namen gegeben, der an die Zeiten erinnerte, als
junge Menschen noch politisch waren. Sie hatte
heute Morgen die falschen Schuhe angezogen. Die zu erledigende
Aufgabe, aber auch das Wetter passte nicht zu den Pumps, die sie
ausgewählt hatte.

14
    Das Viertel in
Bayenthal, benannt nach Dichtern und Denkern, war eine
wunderschöne Wohngegend. Nicht zu nobel, trotzdem
städtisch, schöne alte Einfamilienhäuser mit
Gärten reihten sich aneinander. Klaus Leuschen war in der
Novalisstraße gemeldet. Remmer parkte vor einem weißen
Häuschen aus den dreißiger Jahren mit kleinem
Vorgarten.
    »Sollen wir
nicht doch auf die Spurensicherung warten?«, fragte
Gröber.
    »Warum? Hast du
Schiss mit mir allein?«
    »Lass uns
wenigstens warten, bis wir wissen, ob der Typ da allein gewohnt hat
oder ob wir da jetzt auf eine ganze Familie treffen, deren Vater
ermordet wurde.«
    Daran hatte sie
tatsächlich überhaupt noch nicht gedacht.
    »Du brauchst
nichts zu sagen«, sagte sie wie immer. »Falls
überhaupt jemand da ist.«
    Gröber hatte
keine Chance. Remmer stand schon vor dem Klingelschild, als er
immer noch überlegte, wie er das mögliche Zusammentreffen
mit Angehörigen - schlimmstenfalls sogar mit Kindern -
hinauszögern konnte.
    Remmer klingelte,
nichts tat sich. Gröber kletterte über ein kleines
Gartentürchen neben dem Haus, um in den hinteren Garten zu
gelangen. Die Tatsache, dass niemand öffnete, hatte seine
Laune wieder deutlich verbessert.
    »Bleib da
stehen. Ich schaue mal nach, ob es eine Terrassentür
gibt.«
    Es gab eine. Sie war
fachkundig aufgebrochen worden. Scheiße, dachte Gröber,
als er über die kleine Veranda durch die geöffnete
Tür in das Wohnzimmer trat. Er war darauf vorbereitet, wieder
auf ein blutgetränktes Sofa zu stoßen. Doch nichts
deutete darauf hin, dass hier jemand ermordet worden war. Eine
Couch aus schwarzem Leder stand - sauber und ohne rote Flecken
-hinter einem gläsernen, kleinen Tisch, auf dem die
Fernbedienungen für Fernseher und DVD-Player neben einer
weißen Vase mit einem rosa-roten Rosenstrauß lagen.
Auch andere Einrichtungsgegenstände ließen keinen
Zweifel zu: Leuschen lebte nicht allein. Er zögerte einen
Moment, bevor er weiterging. Kein Mucks war zu hören.
Totenstille. Er ging durch das Zimmer in den Flur und öffnete
seiner Kollegin von innen die Tür.
    »Wir hätten
doch warten sollen. Dieser Leuschen wohnt hier nicht
allein.«
    »Was hätte
das geändert?«, fragte Remmer nur
gleichgültig.
    Sie betrat das
Wohnzimmer, von dem man einen herrlichen Blick in einen
großen Garten hatte. Bunte Astern und spät blühende
Sonnenblumen wuchsen um ein Vogelhäuschen. Verblühte
Stauden in großer Zahl deuteten an, welche Blumenpracht hier
im Frühling zu bestaunen war. Die beiden Polizisten
inspizierten den Raum, ohne ein Wort zu sprechen, als
plötzlich ein Geräusch die Stille durchbrach. Ein leiser
Laut, so als wenn ein kleiner Gegenstand zu Boden gefallen
wäre. Er kam von der oberen Etage. Remmer schickte Gröber
mit einem leichten Kopfnicken voraus. Gröber zog seine
Pistole.
    Langsam schlich er
voraus, die Treppe zum oberen Stockwerk hinauf. Remmer folgte ihm.
Gröber drückte sich an die Wand des Treppenhauses, als er
seine Waffe in den Flur der oberen Etage richtete. Nichts war zu
hören. Auch Remmer hatte jetzt die Hand an der Waffe. Wieder
ärgerte sie sich über ihre Schuhe.
    Gröber
öffnete mit einem Ruck die erste Tür, drehte sich
blitzschnell, aber konzentriert mit ausgestreckter Waffe in den
Raum. Nichts. Sie waren in einem Arbeitszimmer mit einem
großen Schreibtisch und jeder Menge Bücher in Regalen,
die bis unter die Decke reichten.
    Remmer gab das
Zeichen, den nächsten Raum unter die Lupe zu nehmen.
Gröber ging weiter vorsichtig voran. Die Tür des
Nachbarzimmers war nur angelehnt. Wieder stieß Gröber
kraftvoll die Tür auf. Remmer sah, wie Gröbers Miene vor
Schreck erstarrte. Sie trat neben ihn und verstand.
    Auf einem großen
Bett lag eine Frau auf dem Bauch, den Kopf in ein Kissen
gedrückt. Die Frau war an Armen und Beinen an die Pfosten des
Bettes gebunden. Ein weiteres Seil fixierte ihren Kopf, sodass ihr
Gesicht von der freien Seite des Doppelbettes abgewendet war. Sie
lag in einem weißen Nachthemd in einer Blutlache, die sich
von der freien Betthälfte aus über die Laken, Kissen und
Bettdecken ausgebreitet hatte.
    Remmer stürzte zu
ihr, ließ sich neben dem Bett auf die Knie fallen und sah

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