Marc Levy
Meldung an alle Polizeistreifen der letzten Nacht durchzugeben und zu fragen, ob keiner Mannschaft ein irgendwie verdächtiger Krankenwagen aufgefallen war, ohne dass sie diese Beobachtung gleich ihren Bericht aufgenommen hatten.
»Und?«
»Nun, das war eine ziemlich gute Idee, denn eine der Streifen hat gestern Nacht in der Tat einen Rettungswagen, ein Nachkriegsmodell, angehalten und verfolgt, der im Bereich Green Street, Filbert und Union Street herumfuhr.«
»Das hört sich gut an. Was haben sie gesagt?«
»Sie haben den Typen befragt, der am Steuer der Ambulanz saß; er sagte, dass sie nach zehn Jahren treuer Dienste ausgemustert würde. Sie hatten den Eindruck, der Sanitäter 172
hinge an seinem Wagen und zögerte den Moment, in dem er ihn zum letzten Mal in die Werkstatt bringen würde, noch ein bisschen hinaus.«
»Was für ein Modell war das?«
»Ein Ford Baujahr 1971.«
Pilguez rechnete im Kopf nach. Wenn der Ford, der am vorigen Abend nach zehn Jahren im Einsatz ausrangiert worden war, von einundsiebzig war, dann würde das heißen, dass er sechzehn Jahre lang in Zellophan verpackt gewesen sein musste, bevor man ihn in Betrieb genommen hatte. Er hatte eine Spur.
»Es wird noch besser«, fügte seine Kollegin hinzu.
»Was noch?«
»Sie sind dem Wagen bis zu der Werkstatt gefolgt, in die er ihn gebracht hat. Und sie haben die Adresse.«
»Weißt du, Nathalia, es ist gut, dass wir beide kein Paar sind.«
»Was soll das schon wieder heißen?«
»Denn dann könnte ich mir jetzt sicher sein, dass du mir Hörner aufgesetzt hast.«
»Weißt du was, George? Du bist wirklich ein Idiot. Willst du sofort hin?«
»Nein, morgen früh. Die Werkstatt ist jetzt sicher geschlossen, und ohne Durchsuchungsbefehl könnte ich nichts ausrichten. Außerdem möchte ich lieber kein Aufsehen erregen. Ich will ja nicht den Krankenwagen erwischen, sondern den Typen, der ihn benutzt hat. Am besten wäre es, als Tourist dort vorbeizuschauen, damit sich die Hasen nicht in ihren Bau verziehen.«
Pilguez bezahlte die Rechnung, und sie traten auf die Straße.
Die Stelle, an welcher der Krankenwagen kontrolliert worden war, befand sich nur eine Kreuzung von ihnen entfernt, und George betrachtete die Straßenecke, als müsste dort noch irgend etwas zu sehen sein.
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»Weißt du, was ich gern hätte?« sagte Nathalia.
»Nein, aber du wirst es mir sicher gleich sagen.«
»Dass du mit zu mir nach Hause kommst, ich mag heute nicht allein schlafen.«
»Hast du eine Zahnbürste?«
»Ja, deine!«
»Ich liebe es, dich zu ärgern, mit niemandem macht mir das soviel Spaß wie mit dir. Komm, lass uns gehen, ich würde heute Abend auch gern bei dir bleiben. Das letzte Mal ist lange her.«
»Es war vorigen Donnerstag.«
»Sag ich doch.«
Als sie anderthalb Stunden später das Licht löschten, war George zu der Überzeugung gelangt, dass er das Rätsel lösen würde, und seine Überzeugungen trafen in der Hälfte aller Fälle zu.
Dienstag war ein erfolgreicher Tag. Nachdem er Mrs. Kline getroffen und erfahren hatte, dass die Ärzte selbst ihr vorgeschlagen hatten, das Leben ihrer Tochter zu beenden, schloss er säe als mögliche Verdächtige aus. Seit zwei Jahren drückte das Gesetz in solchen Fällen beide Augen zu. Die Mutter war bereit gewesen einzulenken, sie war offensichtlich sehr erschüttert, und Pilguez wusste zu unterscheiden, wer ehrlich war und wer seinen Kummer nur vortäuschte. Sie sah ganz und gar nicht aus wie jemand, der fähig war, eine solche Unternehmung in die Wege zu leiten. In der Werkstatt fand Pilguez das fragliche Gefährt. Aber als er dort ankam, erwartete ihn eine Überraschung: Der Betrieb war auf die Reparatur solcher Einsatzfahrzeuge spezialisiert, hier standen nur Ambulanzen zur Inspektion. Es war unnötig, sich als Tourist auszugeben. Vierzig Automechaniker und etwa zehn Büroangestellte arbeiteten dort, zusammengenommen also beinahe fünfzig potentielle Verdächtige. Der Besitzer hörte sich den Bericht des Inspektors ungläubig an und fragte, wieso 174
die Täter wohl den Wagen artig wieder zurückgebracht hatten, anstatt ihn verschwinden zu lassen. Pilguez antwortete, ein Diebstahl hätte die Polizei aufmerksam gemacht, die dann schnell einen Zusammenhang erkannt hätte. Ein Angestellter der Werkstatt war möglicherweise eingeweiht und hatte gehofft, dass niemand das Ausleihen bemerken würde. Nun musste er nur noch herausfinden, wer in die Sache verwickelt war. Nach Ansicht des Besitzers
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