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Marc Levy

Marc Levy

Titel: Marc Levy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solange du da bist
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es gibt Orte, die die Erinnerung allzu schmerzhaft wachrufen. In wenigen Minuten war er gewaschen, rasiert und umgezogen, er stürmte aus dem Bad und die Treppe hinunter in die Garage, ohne sich auch nur zu verabschieden.
    Das alte Auto raste so schnell es dies vermochte durch die Stadt und hielt auf dem Parkplatz des Memorial Hospital.
    Arthur nahm sich nicht einmal die Zeit abzuschließen und rannte zur Eingangshalle. Als er atemlos dort ankam, erwartete Pilguez ihn bereits. Der Inspektor erhob sich aus seinem Sessel, nahm ihn bei den Schultern und bat ihn, sich zu beruhigen. Laurens Mutter sei hier im Krankenhaus.
    Angesichts der Umstände habe er ihr alles erklärt, oder doch fast alles. Sie erwarte ihn auf dem Gang im fünften Stock.
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    Laurens Mutter saß auf einem Stuhl neben der Tür des Aufwachraums. Als sie ihn kommen sah, erhob sie sich und ging auf ihn zu. Sie umarmte ihn und küsste ihn auf die Wange.
    »Ich kenne Sie nicht, wir sind uns nur ein einziges Mal begegnet, das war an der Marina, Sie erinnern sich? Der Hund hat Sie wieder erkannt! Ich weiß nicht warum, ich verstehe nicht alles, aber ich schulde Ihnen so viel, dass ich nicht weiß, wie ich Ihnen danken soll!«
    Dann erklärte sie ihm, was geschehen war. Lauren war vor zehn Tagen aus dem Koma erwacht, warum, das wusste kein Mensch. Eines frühen Morgens begann ihr EEG, das so viele Monate völlig flach geblieben war, sich zu regen und starke Hirnströme anzuzeigen. Die Schwester hatte das Signal bemerkt. Sie hatte sofort den diensthabenden Assistenzarzt gerufen, und binnen weniger Stunden wimmelte das Zimmer wie ein Ameisenhaufen von Ärzten, die einander die Klinke in die Hand gaben, um ihre Meinung zu äußern oder einfach die Patientin zu sehen, die aus einem so langen Koma erwacht war.
    Während der ersten Tage war sie noch nicht bei Bewusstsein gewesen. Dann hatte sie allmählich begonnen, ihre Finger und Hände zu bewegen. Seit gestern hielt sie stundenlang die Augen offen und beobachtete aufmerksam, was um sie her geschah, war jedoch noch nicht in der Lage, zu sprechen oder irgendeinen Ton von sich zu geben. Einige Spezialisten meinten, dass sie das Sprechen vielleicht neu würde erlernen müssen; andere waren überzeugt, dass sich das, wie alles andere auch, zur gegebenen Zeit finden würde. Gestern Abend hatte sie mit einem Lidschlag auf eine Frage geantwortet. Sie war sehr schwach, und allein den Arm zu heben schien ihr eine ungeheure Anstrengung abzuverlangen. Die Ärzte erklärten dies mit dem Muskelschwund, der bei so langem Liegen in vollkommener Bewegungslosigkeit eintrete. Auch das würde 219
    sich mit etwas Geduld beheben lassen. Die Ergebnisse der MRT und des Schädel-CT gaben Anlass zur Hoffnung, und die Zeit würde es bestätigen.
    Arthur wartete das Ende des Berichtes nicht ab und betrat den Raum. Das EKG-Gerät sandte ein regelmäßiges und beruhigendes Geräusch aus. Lauren schlief, die Augen fest geschlossen. Sie war blass, aber noch genauso schön. Als er sie sah, überwältigten ihn seine Gefühle, er setzte sich auf die Bettkante, nahm ihre Hand in die seine und hauchte einen Kuss in die Handfläche. Dann nahm er sich einen Stuhl und blieb viele Stunden lang in ihren Anblick versunken sitzen.
    Am frühen Abend öffnete sie die Augen, sah ihn unverwandt an und lächelte.
    »Alles wird gut, ich bin da«, sagte er leise. »Streng dich nicht an, du wirst bald wieder sprechen können.«
    Sie zog die Brauen zusammen, zögerte und schenkte ihm noch ein Lächeln, dann schlief sie wieder ein.
    Arthur kam jeden Tag ins Krankenhaus. Er setzte sich zu ihr und wartete darauf, dass sie erwachte. Jedes Mal sprach er mit ihr, erzählte ihr, was sich draußen ereignet hatte. Sie konnte nichts sagen, sah ihn aber immer unverwandt an, wenn er das Wort an sie richtete, und schlief dann wieder ein.
    Weitere zehn Tage vergingen so. Laurens Mutter und er wachten abwechselnd an ihrem Bett. Als er wieder einmal kam, um sie abzulösen, erwartete sie ihn schon auf dem Treppenabsatz, um ihm zu verkünden, dass Lauren am Vorabend die Sprache wieder gefunden hatte. Mit heiserer, tonloser Stimme hatte sie ein paar Worte hervorgebracht.
    Arthur betrat das Zimmer und setzte sich ganz nah zu ihr. Sie schlief, er ließ seine Hand durch ihr Haar gleiten und streichelte sacht ihre Stirn.
    »Der Klang deiner Stimme hat mir so sehr gefehlt«, sagte er.
    Sie öffnete die Augen, nahm seine Hand und warf ihm einen langen, unsicheren Blick

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