Marcelli Sisters 03 - Eine Marcelli weiß, was sie will
Brenna, du kommst mit.“
War das jetzt eine weitere Strafe oder eine Art Friedensangebot? Brenna wusste es nicht. Ganz sicher wusste sie aber, dass sie nichts falsch gemacht hatte. Deshalb fand sie beide Möglichkeiten ziemlich dumm.
Sie gingen auf die Cabernet-Felder zu. Dort war die Ernte noch immer in vollem Gange.
„Siehst du“, sagte Lorenzo. „Wir pflücken unsere besten Trauben noch immer von Hand. Den Rest der Ernte erledigen Maschinen. Früher haben wir das anders gemacht, aber inzwischen sind die Lohnkosten zu sehr gestiegen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Manchmal muss man eben kompromissbereit sein.“
Brenna biss die Zähne so fest zusammen, dass es schmerzte. Na klar. Bei Joe waren das Kompromisse. Und bei ihr Betrug.
„Woher weiß man, welche Trauben von Hand geerntet werden sollen?“
„Es geht um die Qualität“, beantwortete ihr Großvater Joes Frage. „Die Geschichte des Weins. Um die Erfahrungen, die wir gemacht haben.“
„Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle“, ergriff Brenna das Wort. „Wichtig ist beispielsweise der Ertrag. Einige Trauben ergeben mehr Saft, manche Sorten sind süßer, einige haben festere Früchte. Dann kommt es auch noch darauf an, ob später verschiedene Trauben gemischt werden sollen oder ob der Wein aus einer einzigen Sorte gemacht wird. Das kann sich alles von Jahr zu Jahr ändern. Aber die Rebstöcke mit den besten Trauben werden am vorsichtigsten behandelt. Aus ihren Früchten machen wir unseren Premium-Wein. Wenn man den Wein von Hand pflückt, nimmt man nur die besten, wirklich reifen Trauben. Die Maschinen können nicht unterscheiden, sie schnappen sich einfach alles. Da ist die Qualität dann natürlich nicht so hoch.“
Joe nestelte an dem Ausschnitt seines weißen T-Shirts herum.
„Ganz schön heiß heute“, sagte er. „Ist das gut?“
„Warm und trocken.“ Brenna deutete mit dem Fuß auf die staubige Erde. „Während der Ernte beten alle für so ein Wetter. Vorher kommt es auf die richtige Mischung an. Gibt es zu wenig Sonne, reifen die Trauben nicht. Gibt es zu viel, dann verbrennen sie, werden zu schnell reif oder zu süß. Wir brauchen Regen für die Bewässerung, aber es darf nicht zu viel sein, damit die Früchte nicht verschimmeln.“
Joe blickte sich auf dem Feld um. „Das ist ganz schön viel Arbeit. Ehrlich gesagt, kapiere ich das alles noch nicht so ganz. Ich bin auch eher ein Biertrinker.“
Brenna musste grinsen, als der Mund ihres Großvaters zu einer schmalen Linie wurde.
„Du wirst lernen, die geschmacklichen Feinheiten des Weins zu schätzen.“
Joe zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht so ein Fan von Feinheiten. Ein gutes Steak und ein Bier, das ist ganz nach
meinem
Geschmack.“
Lorenzo schien das nicht amüsant zu finden. „Vor dir liegt all das, was wir erschaffen haben. Spürst du nicht die Verbindung mit der Erde, auf der wir stehen? Hier gehörst du hin, Joe. Das ist dein Erbe. Du musst nur die Hand ausstrecken, und all das gehört dir.“
Brenna erstarrte. Nic hatte sich geirrt – ihr Großvater war doch verrückt.
Der Schmerz, den sie bei dieser Erkenntnis verspürte, war unglaublich. Sie hatte gewusst, dass das passieren würde. Tief in ihrem Inneren hatte sie es immer gewusst. Deshalb hatte sie ja auch
Four Sisters
gegründet. Aber trotzdem: Dass ihr Großvater das einfach so aussprach – vor ihr –, übertraf all ihre Befürchtungen. Der alte Mann hatte ihr gerade das Herz aus dem Leib gerissen. Und offenbar war es ihm völlig egal.
Am Boden zerstört, drehte sie sich um und ging. Ihr Großvater rief sie nicht zurück. Mit Joe an seiner Seite hatte er ihre Abwesenheit wahrscheinlich gar nicht bemerkt.
Lorenzo wandte sich um und sah Brenna hinterher. Ihr Gang war steif, so als müsste sie sich mühsam aufrecht halten. Er hatte den Schmerz in ihrem Gesicht gesehen, als er über Joes Erbe sprach. Er hatte ihn gesehen, gefühlt und bedauert. Aber ihm blieb keine Wahl.
Sein Enkel steckte die Hände in die Hosentaschen. „Du willst mir das also alles geben. Einfach so?“
„Nein, nicht einfach so. Du müsstest schon ein gewisses Interesse zeigen.“
„Brenna meinte, dass das Weingut vierzig Millionen Dollar wert ist.“
Lorenzo hob die Schultern und ließ sie dann wieder sinken. .Vielleicht etwas mehr. Vielleicht etwas weniger.“
„Das ist verdammt viel Geld.“ Joe starrte auf die Weinreben.
„Du bist also interessiert?“
„Und was ist mit deinen
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