Marcelli Sisters 03 - Eine Marcelli weiß, was sie will
sagte sie hastig und streckte Nic die Hand entgegen. „Danke für alles.“
Nic blickte auf ihre Hand hinab. Um seine Mundwinkel lag ein amüsierter Zug. Offenbar hatte er das Gefühl, hier gerade einen Sieg errungen zu haben. Und vielleicht hatte er das auch. Aber egal. Wenn das der Preis war, den sie zahlen musste, dann war Brenna nur allzu gern dazu bereit.
„Freut mich, dass ich dir helfen konnte“, entgegnete er höflich und ergriff ihre Hand.
Seine Haut an ihrer zu spüren war ein Schock. Brenna bemühte sich mit aller Kraft, diese Gefühle zu ignorieren. Aber aus irgendeinem idiotischen Grund kam ihr plötzlich eine Zeile aus
Romeo und Julia
in den Sinn. Dabei hatte sie das Stück doch zum letzten Mal in der neunten Klasse gelesen. Und das war ungefähr hundert Jahre her.
Wie ging das gleich noch mal? Irgendwas mit Händen, die wie Lippen küssten.
Aber das hier war nicht
Romeo und Julia
. Und hier würde sich auch niemand küssen. Keine Hände, keine Lippen und keine sonstigen Körperteile.
Ruckartig zog sie die Hand zurück. „Dann komme ich also morgen, um den Vertrag abzuholen.“
„Alles klar.“
„Und, ähm, dann mache ich mich auch schon mal gleich mit den Weinpressen und deinen anderen Geräten vertraut.“
„Kein Problem. Sag mir einfach, wenn dir noch irgendwas fehlt.“
„Danke. Das mache ich.“
Sie drehte sich um und ging auf ihren Wagen zu. Leider stolperte sie kurz vor dem Ziel. In allerletzter Sekunde gelang es ihr glücklicherweise, eine peinliche Bauchlandung zu vermeiden. Hastig straffte Brenna sich, winkte Nic zu und stieg ein. Es war wirklich allerhöchste Zeit, sich in Sicherheit zu bringen.
Neue Regel Nummer eins, dachte sie, während sie davonfuhr: Nic Giovanni unter allen Umständen meiden! Dieser Mann war eine Gefahr für die Gesundheit. Und das in mehr als einer Hinsicht.
Den Abend verbrachte Nic mit dem alten Tagebuch, das er seit einigen Wochen zu entziffern versuchte, auf der Couch. Das Problem war nicht nur die winzige Krickelschrift, sondern vor allem, dass das verdammte Ding auf Italienisch geschrieben war.
Er hatte zwar auf dem College Italienischunterricht gehabt, aber den größten Teil schon wieder vergessen. Wenn er sich sehr anstrengte, konnte er sich noch an ein paar Schimpfwörter erinnern und daran, wie man nach dem Weg zur Bibliothek fragte. Mehr aber auch nicht. Und deshalb musste er jetzt ständig im Wörterbuch blättern und kam mit Sophia Giovannis Aufzeichnungen nur sehr langsam voran.
Das Tagebuch hatte er vor zwei Jahren entdeckt, als er das Arbeitszimmer seines Großvaters ausgeräumt hatte. Der alte Mann war da schon fünf Jahre tot gewesen, aber Nic hatte es nicht eilig gehabt. Das Haus war schließlich groß genug, also betrat er einige Räume einfach nicht mehr. Doch dann, an einem Winternachmittag, hatte er beschlossen, den Raum von seinen Erinnerungen zu befreien. Und sich selbst von den quälenden Gedanken an jenen Mann, der seine ganze Familie gewesen war.
Fünfzehn Jahre zuvor waren Nics Eltern bei einem Autounfall in Spanien ums Leben gekommen. Obwohl er sie in Wahrheit schon viel früher verloren hatte. Seine beiden Erzeuger hatten nie besonders großes Interesse an ihrem einzigen Sohn gezeigt. Ihr Hobby waren luxuriöse Reisen gewesen, vorzugsweise zu den Lieblingsorten des europäischen Jet-sets. Nic war vier gewesen, als er eines Morgens entdecken musste, dass seine Eltern verschwunden waren und er mit seinem Großvater ganz allein war.
Er hatte seinen Vater und seine Mutter nie wiedergesehen. Alle paar Monate traf eine Postkarte ein, und von Zeit zu Zeit erhielt er einen Anruf. Als die Todesnachricht kam, hatte es ihn daher auch kaum berührt. Familie, das waren für Nic der alte Mann und er. Ganz im Gegenteil zu den Marcellis, wo alle Verwandten zusammen auf einer alten Hazienda lebten, sich liebten, sich stritten und alle Übel dieser Welt mit Pasta heilten.
Ein leises Fiepen unterbrach seine Gedanken. Nic sah auf und erblickte Max, der vorsichtig das Wohnzimmer betrat. Der Welpe wirkte klein, verloren und ziemlich verängstigt. Als er sein neues Herrchen entdeckte, wurde das Fiepen lauter.
Nic blickte auf die Uhr. „Es ist schon spät. Bist du nicht müde? Vielleicht sollte ich dich besser zurück in dein Zimmer bringen.“
Große braune Augen starrten ihn unverwandt an. Ein Zittern erfasste den kleinen Hundekörper. Dann ließ Max sich auf den Bauch fallen, legte den Kopf auf die Pfoten und begann zu
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