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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Bluse und Wams und am Unterkörper die pludrigen, paijamah genannten Beinkleider. Doch diese Gewänder waren nicht dick und bestanden auch nicht aus vielerlei Stofflagen wie die der arabischen Frauen, sondern waren spinnwebfein und durchscheinend, so daß man ihren Körper sehr wohl erkennen und bewundern konnte.
    Der betagten Großmutter schenkte ich nur einen einzigen Blick: sie war knochig und voller Runzeln, hatte fast so etwas wie einen Buckel, kaute zahnlos auf ihren gesprungenen Lippen herum, hatte rote, triefende Augen, und ihre verhutzelten Brüste schlugen gegen die vorstehenden Rippen ihres Brustkorbs. Ihre Tochter hingegen, die Shahryar Zahd Mirza, war eine ungewöhnlich schöne Frau -zumindest dann, wenn sie nicht redete -und ihre Tochter wiederum war ein unvergleichlich schönes und wohlgestaltes Mädchen, das etwa in meinem Alter stehen mußte. Sie war die Kronprinzessin oder Shahzrad und hieß Magas, was soviel wie Falter heißt und dem der Titel Mirza selbstverständlich angehängt wurde. Ich habe vergessen anzumerken, daß die Perser, anders als die Araber, nicht von dunkler und rauchfarbiger Hautfarbe sind. Wiewohl sie alle blauschwarzes Haar haben und die Männer auch blauschwarze Barte tragen wie Onkel Mafio, war ihre Haut genauso hell wie die nur irgendeines Venezianers, und viele von ihnen haben Augen von einer Farbe, so hell, daß man sie kaum noch als braun bezeichnen kann. Die Shahzrad Magas Mirza musterte mich gerade in diesem Moment mit smaragdgrünen Augen.
    »Da wir gerade von Pferden sprechen«, sagte der Shah und nahm die Gelegenheit wahr, sich an den Schweif des Märchens vom fliegenden Pferd anzuhängen, ehe seiner Frau noch eine andere Geschichte einfiel. »Die Herren sollten daran denken, ihre Pferde gegen Kamele einzutauschen, ehe Ihr Baghdad wieder verlaßt. Östlich von hier müßt Ihr ja die große und
    ausgedehnte Wüste Dasht-e-Kavir durchmessen. Pferde
    ertragen einfach nicht die...«
    »Die Pferde der Mongolen haben das sehr wohl getan«,
     
    widersprach seine Frau ihm scharf. »Ein Mongole reitet überallhin, und ein Mongole würde niemals ein Kamel besteigen. Ich will Euch sagen, wie sehr sie Kamele verachten und mißhandeln. Als sie diese Stadt belagerten, beluden sie sie mit Ballen trockenen Heus, steckten dies Heu in Brand und trieben die armen Tiere in unsere Straßen hinein. Da nicht nur das
    Heu, sondern auch das Fell der Kamele und ihre Fetthöcker lichterloh brannten, stürmten sie in ihrer Todesangst überallhin und ließen sich nicht einfangen. Deshalb galoppierten sie die Gassen auf und ab und steckten einen Großteil von Baghdad in Brand, ehe die Flammen sich ganz in sie hineinfraßen, ihre Eingeweide erreichten und die Tiere tot zu Boden fielen.«
    »Oder aber«, wandte der Shah sich an uns, als die Shahryar innehielt, um Luft zu holen, »Ihr könntet Eure Reise beträchtlich abkürzen, wenn Ihr den Seeweg nähmet. Vielleicht begebt Ihr Euch von hier aus nach Südosten, nach Basra -oder noch weiter den Golf hinunter, bis nach Hormuz -und laßt Euch als Fahrgäste von einem nach Indien abgehenden Segler mitnehmen.«
    »In Hormuz«, nahm die Shahryar Zahd die Gelegenheit wahr, das Wort wieder zu ergreifen, »hat jeder Mann nur einen Daumen und die beiden kleinsten Finger der rechten Hand. Ich will Euch sagen, warum. Diese Hafenstadt am Meer tut sich von alters her viel auf ihre Bedeutung und Unabhängigkeit zugute; deshalb wird dort jeder erwachsene Bürger als Bogenschütze ausgebildet, um sie zu verteidigen. Als die Mongolen unter dem Ilkhan Hulagu Hormuz belagerten, machte der Ilkhan den Stadtvätern einen Vorschlag. Er versprach, Hormuz stehenzulassen, es könne auch seine Selbständigkeit bewahren und seine städtischen Bogenschützen behalten, sofern die Stadtväter ihm diese solange leihweise zur Verfügung stellten, bis er Baghdad genommen habe. Dann, so versprach er, werde er die Männer heimziehen lassen nach Hormuz, um dort weiterhin zur Verteidigung der Stadt zur Verfügung zu stehen. Die Stadtväter erklärten sich mit diesem Vorschlag einverstanden, und alle Männer standen Hulagu wenn auch mit größtem Widerstreben -bei, unsere Stadt zu belagern. Sie kämpften tapfer für ihn, und schließlich fiel unser geliebtes Baghdad.«
    Sie und der Shah stießen beide einen tiefen Seufzer aus. »Nun«, fuhr sie fort, »Hulagu war dermaßen beeindruckt von Tapferkeit und Heldenmut der Hormuzer Männer, daß er sie alle den jungen Mongolinnen beiwohnen

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