Marco Polo der Besessene 1
Mandeln und Pistazien in Sahne gegart und mit winzigen Gold-und Silberflittern gekocht gereicht werden, die man mitißt.
Beim Essen erzählte der Shah, seine Erstgeborene, die Shahzrad Magas, habe ihn um Erlaubnis gebeten -und diese auch erhalten -, mir als Gefährtin und Führerin zur Seite zu stehen und mir, solange ich in Baghdad weilte, alles Sehenswerte in der Stadt und ihrer Umgebung zu zeigen; selbstverständlich gehöre dazu aber auch eine Anstandsdame. Mein Vater bedachte mich mit einem langen Seitenblick, dankte dem Shah jedoch für die Freundlichkeit der Prinzessin. Außerdem erklärte mein Vater, da ich ja offensichtlich in guten Händen wäre, erübrige es sich, noch einen Sklaven zu kaufen, der sich um mich kümmerte. Er werde also gleich am nächsten Morgen gen Süden aufbrechen und nach Hormuz reisen -und Mafio nach Basra.
Bei Tagesanbruch nahm ich Abschied von ihnen, die beide in der Begleitung einer ihnen vom Shah zugeteilten Palastwache davonritten, damit diese sie während der Reise bediente und beschützte. Sodann begab ich mich in den Palastgarten, wobei die Shazrad Magas -die Großmutter schattengleich in der Nähe -auf mich wartete, um sich meiner anzunehmen und mir Baghdad zu zeigen. Ich begrüßte sie außerordentlich förmlich, ließ jedoch nichts von dem verlauten, was sie mir sonst noch
versprochen hatte, und auch sie kam vorerst nicht wieder
darauf zurück. »Die Morgendämmerung ist eine gute Zeit, unsere Palastmasjid zu besichtigen«, sagte sie und führte mich zu der Stätte der Verehrung, wo sie mir ans Herz legte, schon einmal das Äußere zu bewundern, das in der Tat bewundernswert war. Die riesige Kuppel war mit einem Mosaik blauer und silberner Kacheln bedeckt und wurde von einem goldenen Knauf gekrönt
-all das blitzte und blinkte im Licht der aufgehenden Sonne. Der manaret-Turm gemahnte an eine riesige, über und über mit schimmernden Edelsteinen geschmückte Kerze.
In diesem Augenblick kam mir ein Verdacht, von dem ich am
liebsten an dieser Stelle berichten möchte. Ich wußte bereits, daß muslimische Männer gehalten sind, ihre Frauen nutzlos, stumm und allen Augen verhüllt für sich leben zu lassen -in pardah, wie die Perser die lebenslange Unterdrückung ihrer Frauen nennen. Ich war mir darüber im klaren, daß eine Frau laut Gebot des Propheten Muhammad und des von ihm geschriebenen Quran nichts weiter ist als ein Stück Eigentum - nichts anderes als sein Schwert oder seine Ziegen oder seine Kleidung -und daß sie sich von seinem sonstigen Besitz nur dadurch unterscheidet, daß er sich gelegentlich mit ihr paart und auch das nur ausschließlich zum Zweck des Kinderzeugens, die allerdings nur dann geschätzt werden, wenn sie männlichen Geschlechts sind wie er selbst. Die Mehrheit der frommen Muslime -Männer wie Frauen dürfen von den zwischen ihnen bestehenden Beziehungen nicht sprechen, ja, dürfen nicht einmal erwähnen, daß sie Umgang miteinander haben, wiewohl es einem Manne gestattet ist, sich lüstern über seine Beziehungen zu anderen Männern auszulassen.
Nun kam ich an jenem Morgen beim Betrachten der Palastmasjid zu dem Schluß, daß alle strengen Vorschriften des Islam gegen den normalen Ausdruck normaler Geschlechtlichkeit es nicht fertiggebracht haben, jeden Ausdruck desselben zu unterdrücken. Man sehe sich jede beliebige masjid an, und man wird feststellen, daß eine jede Kuppel einer Frauenbrust nachgebildet ist, deren erregte Warze sich gen Himmel reckt, und jedes manaret einem gleicherweise freudig aufgerichteten männlichen Glied. Selbstverständlich kann ich mich irren, wenn ich diese Vergleiche anstelle, doch glaube ich, es nicht zu tun. Der Quran erklärt, daß zwischen Männern und Frauen keine Gleichheit bestehe. Er hat die natürliche Beziehung zwischen Mann und Frau für anstößig erklärt, für etwas, worüber man nicht spricht -und hat sie auf diese Weise auf das schändlichste verzerrt. Dabei verkünden ausgerechnet die Tempel des Islam mutig, daß der Prophet sich geirrt habe und daß Allah Mann und Frau dazu gemacht habe, ein Fleisch und ein Blut zu sein.
Die Prinzessin und ich begaben uns ins Innere des herrlich hohen und weiträumigen Mittelraums, der auf das wunderbarste ausgeschmückt war, wenn auch nicht mit Bildern und Statuen, sondern ausschließlich mit Ornamenten. Die Wände waren mit Mosaiken aus blauem lapis lazura bedeckt, die mit weißem Marmor wechselten, so daß der ganze Raum zu einem beruhigend hellblauen
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