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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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meine ich, du solltest dich vorsehen, wo du sie vorbringst.«
    Ohne seiner Worte zu achten, fuhr mein Onkel fort: »Als sie der menschlichen Geschlechtlichkeit Fesseln anlegten, war das, als ob Krüppel die Regeln für sportliche Wettkämpfe festlegten.«
    »Krüppel, Herr?« wollte Nasenloch wissen. »Woher sollen sie gewußt haben, daß sie Krüppel waren? Ihr behauptet, ich wäre in meinen Empfindungen beeinträchtigt. Da ich selbst keinen äußeren Maßstab kenne, meine eigene Lust daran zu messen, frage ich mich, wie jemand anders dazu imstande sein sollte. Ich kann mir nur einen einzigen Menschen vorstellen, von dem man annehmen könnte, daß er imstande wäre, sich selbst zu beurteilen. Das wäre jemand, der sozusagen über die Erfahrung vorher und nachher verfügte. Verzeiht meine Vermessenheit, Mirza Mafio, aber seid Ihr vielleicht mitten in Eurem Erwachsenenleben beschnitten worden?«
    »Unverfrorener Ungläubiger! Nein, das ist nie geschehen.« »Ah. Dann, scheint mir, könnte -bis auf einen solchen Mann einzig eine Frau so etwas beurteilen. Eine Frau, die beiden Arten von Männern Lust geschenkt hat, Beschnittenen ebenso
    wie Unbeschnittenen, und die gut aufgepaßt hat, wie groß die Lust bei beiden war.« Ich zuckte innerlich zusammen. Entweder Nasenloch sprach
    aus reiner Bosheit oder aber aus absoluter Arglosigkeit heraus, denn seine Worte trafen Onkel Mafios wahre Natur und seine wahrscheinliche Erfahrung ziemlich genau. Ich sah meinen Onkel von der Seite an und fürchtete, daß er einen roten Kopf bekam, aus der Haut fuhr oder aber Nasenloch zu Boden schlug und dadurch eingestand, womit er bis dahin hintangehalten hatte. Er jedoch ließ diese Anspielung über sich ergehe, als hätte er sie nicht bemerkt, und fuhr nur fort, laut zu sinnieren: »Hätte ich die Wahl, würde ich mir eine Religion aussuchen, deren heilige Schriften nicht von Menschen stammten, die bereits in ihrem Mannestum verstümmelt waren.«
    »Dort, wo wir hinziehen«, ließ mein Vater sich vernehmen, »gibt
    es eine ganze Reihe solcher Religionen.« »Wie ich sehr wohl weiß«, sagte mein Onkel. »Was mich im übrigen dazu bringt, mich zu fragen, wieso Christen und Juden und Muslime es wagen, von den Völkern des Ostens als Barbaren zu sprechen.«
    Mein Vater sagte: »Der weitgereiste Mann kann nur mitleidig lächeln über die rohen Kiesel, die von denen daheim so hochgehalten werden; jawohl, denn er hat in der Ferne echte Rubine und Perlen zu sehen bekommen. Ob das auch auf die dort praktizierten Religionen zutrifft, vermag ich nicht zu sagen, denn ich bin kein Theologe.« Äußerst spitz, wie mir schien, setzte er für ihn noch hinzu: »Soviel aber ich weiß: Uns zu Haupten haben wir immer noch den Himmel jener Religionen, die du so offen herabsetzt, und folglich sind wir für himmlischen Tadel immer noch erreichbar. Wenn deine Gotteslästerungen einen Wirbelwind hervorrufen, kommen wir vielleicht nicht weiter, und deshalb rate ich dringlich, von etwas anderem zu sprechen.«
    Nasenloch tat ihm den Gefallen. Er kehrte zu einem früheren Thema zurück und erzählte uns mit ermüdender Ausführlichkeit, daß jedes Schriftzeichen der arabischen Wurmschrift von einer gewissen speziellen Emanation Allahs durchdrungen ist, was zur Folge hat, daß, da die Schriftzeichen den Sinn von Wörtern annehmen und die Wörter sich zu reptilienhaften Sätzen zusammenfügen, jedem Bißchen arabischer Schrift -selbst so etwas Weltlichem wie ein Straßenschild oder die Rechnung eines Herbergswirts -eine wohlwollende Kraft innewohnt, die größer ist als die Summe der einzelnen Buchstaben, und daher wirksam ist als Talisman gegen das Böse, gegen jinn und afarit und den Satansteufel... und so weiter und so fort. Woraufhin nur einer unserer Kamelhengste etwas zu erwidern hatte. Er fuhr im Gehen seinen Unterbau aus und entließ einen mächtigen Strahl Wasser.
    Nun, uns traf kein Donnerschlag, und es fiel auch kein Wirbelwind über uns her. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, daß irgend etwas von Bedeutung auf dieser Reise geschah, bis wir, wie schon gesagt, die zweite grüne Oase in dieser wasserlosen Ödnis erreichten und dort wieder unser Lager aufschlugen in der Absicht, es uns zwei oder gar drei Tage wohl sein zu lassen. Meinem Vorsatz getreu, ließ ich Aziz diesmal nicht außer Reichweite, während wir uns am frischen süßen Wasser satt tranken, die Kamele tränkten, unsere Wasserschläuche neu füllten und -besonders -während wir badeten und

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