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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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bringen.«
    Nasenloch räusperte sich und sagte: »Verzeiht, Mirza Nicolö, selbstverständlich würde es mir im Traum nicht einfallen, einen Herrn von mir zu belauschen, aber einem Teil der Unterhaltung
    habe ich folgen können. Turki ist eine der mir bekannten
    Sprachen, und die Mongolen sprechen eine Abart der
    Turkisprache. Darf ich fragen - als diese Mongolen die Banditen
    erwähnten - haben sie da wirklich von Banditen gesprochen?«
     
    »Nein, sie benutzten einen Namen. Einen Stammesnamen
     
    offenbar. Karauna. Aber ich halte das für...«
    »Ach je, genau das glaubte ich auch gehört zu haben!«
    wehklagte Nasenloch. »Und genau das hatte ich auch
    befürchtet zu hören. Möge Allah uns beschützen! Die
    Karauna!«
     
    An dieser Stelle möchte ich einflechten, daß fast alle Sprachen,
    die ich von der Levante an ostwärts zu hören bekam, und
    ungeachtet der Tatsache, wie verschieden sie in anderer
    Hinsicht sein mögen, ein Wort oder ein Wortelement enthielten,
    das in allen diesen Sprachen gleich klingt und das da kam
    lautet. Es wurde unterschiedlich ausgesprochen: kara, khara,
    gara oder k'ra und in manchen Sprachen sogar kala; dieses
    Wort hat sehr verschiedene Bedeutungen. Kam kann schwarz
    bedeuten oder kalt, Eisen oder das Böse oder sogar den Tod kara konnte aber auch alle diese Dinge zugleich bedeuten. Es
    kann in bewunderndem oder verächtlichem oder sogar in
    schmähendem Tonfall ausgesprochen werden, so wie zum
    Beispiel die Mongolen ihre einstige Hauptstadt mit Freuden
    Karakoren nannten, was soviel heißt wie Schwarze Palisaden,
    oder wie sie eine bestimmte große und giftige Spinnenart
    karakurt nennen, was soviel heißt wie böses oder
    todbringendes Insekt.
     
    »Karauna!« wiederholte Nasenloch und schien an dem Wort
    fast zu ersticken. »Die Schwarzen, die Kaltherzigen, die
    Eisenmänner, die Erzbösen und Todbringer! Das ist nicht der
    Name eines Stammes, Mirza Nicolö. Er wurde ihnen vielmehr
    als Fluch angehängt. Die Karauna sind die Ausgestoßenen
    anderer Stämme -der Turki und Kipchak im Norden, der
    Baluchi im Süden. Und diese Völker sind die geborenen
    Banditen, also stellt Euch vor, wie furchtgebietend jemand sein
    muß, der von einem solchen Stamm ausgestoßen wird.
    Manche Karauna sind sogar ehemalige Mongolen; Ihr könnt
     
    Euch also vorstellen, wie abscheulich sie sein müssen, von den Mongolen ausgestoßen zu sein. Bei den Karauna handelt es sich um seelenlose Männer, die grausamsten und blutrünstigsten und gefürchtetsten aller Räuber in diesen Landen. Ach, meine Herren und Meister, wir befinden uns in schrecklicher Gefahr.«
    »Dann laßt uns das Feuer ausmachen!« sagte Onkel Mafio. »Offen gestanden sind wir mit sträflicher Unbekümrnertheit durch diese Wüste gezogen. Ich werde Schwerter aus dem Gepäck herausholen und schlage vor, daß wir von heute an abwechselnd Wache halten.«
    Ich erbot mich freiwillig, die erste Wache zu übernehmen, und bat Nasenloch, mir zu sagen, woran ich die Karauna erkennen könne, wenn sie kämen.
    Etwas sarkastisch sagte er: »Vielleicht habt Ihr mitbekommen, daß die Mongolen ihre Umhänge an der rechten Seite befestigen. Die Turki, Baluchi und dergleichen raffen sie links.« Dann löste sich sein Sarkasmus in Angst auf, und er rief: »Ach, Mirza Marco, wenn Ihr eine Chance habt, sie zu sehen, ehe sie zuschlagen, werdet Ihr keinerlei Zweifel mehr haben. Ach je, bismillah, kheh zahmat dadam...«, um dann aus Leibeskräften eine ganz erstaunlich große Anzahl von tiefen salam-Verneigungen zu vollführen, ehe er sich in sein Zelt verkroch.
    Als alle meine Gefährten sich schlafen gelegt hatten, schritt ich mit dem shimshtr-Schwert in der Hand zwei-oder dreimal den ganzen Umkreis der Oase ab und spähte, so weit ich konnte, hinaus in die uns umgebende, undurchdringlich schwarze Nacht. Da man in dieser Dunkelheit ohnehin nichts sehen und ich schließlich nicht auf allen Wegen, die zu unserem Lager führten, Wache stehen konnte, beschloß ich, in meinem eigenen, neben dem von Aziz gelegenen Zelt weiterzuwachen. Da es in dieser Nacht besonders kalt war, streckte ich mich bäuchlings unter den Decken aus und ließ nur den Kopf zum Eingang hinausschauen. Entweder konnte Aziz keinen Schlaf finden, oder ich hatte ihn durch die Geräusche, die ich gemacht hatte, geweckt, denn auch er steckte den Kopf zum Zelt hinaus
    und flüsterte: »Ich habe Angst, Marco, und außerdem ist mir
     
    kalt. Darf ich neben Euch schlafen?«
    »Ja, es ist

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