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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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denn ihr sonstiger Lieblingsschmuck bestand aus einer Kappe oder Haube und einem knappen Umhang aus unzähligen kleinen, kauri genannten Muscheln, und die kauri-Muschel ist, wie jedermann leicht erkennt, ein vollkommenes Abbild der weiblichen Geschlechtsorgane, nur winzig klein.
    Übrigens: voller Freude hörte ich, daß Buzai Gumbad einen Ausweg aus sexueller Bedrängnis bot, der nichts mit Vergewaltigung bei Trunkenheit, Sodomie und besonders sträflichem Ehebruch zu tun hatte. Wieder war es Nasenloch, der das herausbekommen hatte, kaum daß wir einen oder zwei Tage hier gewesen waren; wieder schob er sich seitlich an mich heran wie zuvor in Balkh und tat so, als sei er entsetzt über seine Entdeckung.
    »Ein schändlicher Jude, diesmal, Mirza Marco. Er hat das hinterste kleine Gebäude der karwansarai gemietet, welches am weitesten vom See entfernt ist. Nach außenhin ist es ein Laden, in dem Messer und Schwerter und Werkzeuge geschliffen und geschärft werden. Hinten im Haus hält er jedoch eine Schar von Frauen aller Rassen und Hautfarben. Als guter Muslim sollte ich diesen Aasgeier, der sich hier auf dem Dach der Welt niedergelassen hat, anzeigen, doch werde ich das nicht tun, es sei denn, Ihr verlangt es von mir, nachdem Ihr ein christliches Auge auf diese Einrichtung geworfen habt.«
    Ich sagte ihm, das werde ich tun, und so tat ich es denn auch
    ein paar Tage später, nachdem wir ausgepackt und uns
    eingerichtet hatten. Vorn im Laden hockte zusammengekauert
    ein Mann und hielt ein Sichelblatt an einen Schleifstein, den er
    mit Hilfe eines Tretmechanismus in Gang gesetzt hatte. Hätte
    er kein Scheitelkäppchen getragen, man hätte ihn für einen
    khers-Bären halten können, denn er war im Gesicht stark
    behaart, und diese Locken und Barthaare schienen
    überzugehen in einen ebenso bauschigen wie flauschigen
    Pelzüberwurf. Mir fiel gleich auf, daß es sich bei dem Pelz um
    kostbaren Karakul handelte -ein überaus elegantes
    Kleidungsstück, wenn man so tat, als wäre man nichts weiter
    als ein Scherenschleifer. Ich wartete auf eine Unterbrechung im
    knirschenden Surren des Schleifsteins und des Funkenregens,
    den er versprühte.
     
    Dann sagte ich, so wie Nasenloch es mir eingeschärft hatte:
    »Ich habe ein besonderes Werkzeug, das ich gern geschärft
    und eingeölt hätte.«
     
    Der Mann hob den Kopf, und ich blinzelte. Haar, Bart und
    Augenbrauen sahen nach krusseligem rotem Pilzwuchs aus,
    der anfing, grau zu werden, seine Augen waren wie
    Brombeeren und seine Nase wie die . Klinge eines shimshir-
    Säbels.
     
    »Ein Dirham«, sagte er, »oder zwanzig shahi oder hundert
    kauri-Muscheln. Wer als Fremder zum ersten Mal
    hierherkommt, bezahlt im voraus.«
     
    »Ich bin aber kein Fremder«, sagte ich gefühlvoll. »Kennt Ihr
     
    mich denn nicht?«
    »Ich kenne niemand. Auf diese Weise bleibe ich im Geschäft an
    einem Ort, in dem es höchst widersprüchliche Gesetze gibt.«
     
    »Aber ich bin Marco.«
    »Hier legt Ihr Euren Namen ab, sowie Ihr das Untergewand
    ablegt. Werde ich von irgendeinem naseweisen Mufti ins Verhör
    genommen, kann ich wahrheitsgemäß sagen, daß ich keine
    Namen kenne außer meinem eigenen, und der lautet Shimon.«
     
    »Der Tzaddik Shimon?« fragte ich frech. »Einer von den
     
    Lamed-vav? Oder alle sechsunddreißig zusammen?«
    Er schien weder erschrocken noch mißtrauisch. »Ihr sprecht
    Iwrith! Jude seid Ihr nicht! Was wißt Ihr von den Lamed-vav?«
     
    »Nichts weiter, als daß ich ihnen offenbar immer wieder
    begegne.« Ich seufzte. »Eine Frau namens Esther hat mir
    gesagt, wie sie genannt werden und was sie tun.«
     
    Voller Abscheu sagte er: »Genau kann sie es Euch nicht erzählt
     
    haben, wenn Ihr einen Bordellbesitzer für einen Tzaddik haltet.«
    »Sie sagte, die Tzaddikim täten Gutes für die Menschen. Das
    tut ein Bordell meiner Meinung nach auch. -Aber wollt Ihr mich
    denn nicht warnen, wie sonst auch immer?«
     
    »Das habe ich gerade getan. Die karwan-Muftis können höchst
    unangenehm werden. Posaunt Euren Namen hier also nicht so
    heraus.«
     
    »Ich sprach von der Blutrünstigkeit der Schönheit.«
    Er stieß die Luft durch die Nase. »Wenn Ihr in Eurem Alter die
    Gefahren der Schönheit noch nicht kennengelernt habt,
    Fremder, will ich es nicht unternehmen, einen Narren
     
    aufzuklären. Jetzt einen Dirham oder den Gegenwert davon,
    oder verschwindet.«
    Ich ließ die Münze in seine schwielige Hand fallen und sagte:
     
    »Ich möchte gern eine

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