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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Frau, die keine Muslim ist. Zumindest
    nicht tabzir. Und falls möglich, hätte ich zur Abwechslung gern
    mal eine, mit der ich auch reden kann.«
     
    »Dann nehmt das Domm-Mädchen«, grunzte er. »Die hört nie
    auf zu reden. Durch die Tür da, zweiter Raum rechterhand.« Er
    beugte sich wieder über die Sichel, und das schabende
    Geräusch und das Funkensprühen setzten wieder ein.
     
    Wie das Bordell in Balkh bestand auch dieses aus einer Anzahl
    von Räumen, die man besser Zellen genannt hätte und die vom
    Korridor abgingen. Die Zelle des Domm-Mädchens war kärglich
    eingerichtet: das Kohlenbecken mit getrocknetem Mist lieferte
    Wärme und Licht -und Rauch und Gestank -und fürs
    Gewerbliche gab es eine hindora genannte Art Bett. Dabei
     
    handelt es sich um ein Lager, das nicht auf Füßen steht, sondern an vier Seilen vom Deckenbalken herunterhängt und von sich aus Bewegungen denen hinzufügt, die auf ihm gemacht werden.
    Da ich das Wort Domm nie zuvor gehört hatte, wußte ich nicht, was für eine Art Mädchen mich erwartete. Diejenige, die müßig auf der hindora hockte und hin und her schwenkte, entpuppte sich als eine neue Erfahrung für mich: ein Mädchen von so dunkler Hautfarbe, daß sie fast schwarz genannt werden könnte. Doch abgesehen davon war sie durchaus annehmbar und von angenehmer Gestalt und hübschem Gesicht. Sie hatte feingeschnittene, keineswegs äthiopisch-grobe Züge, und ihr Leib war zwar klein und schlank, aber wohlgeformt. Sie sprach mehrere Sprachen, unter anderem Farsi, und so konnten wir uns unterhalten. Ihr Name, sagte sie, sei Chiv, was in der Romm-Sprache, ihrer Muttersprache also, Klinge bedeute.
    »Romm? Der Jude hat gesagt, du wärest eine Domm.«
    »Nichts da von Domm!« begehrte sie wütend auf. »Ich bin eine Romni! Ich bin eine Romm-juvel!« Da ich keine Ahnung hatte, weder was ein Domm noch was ein
    Romm sei, ging ich einem Streit aus dem Wege, indem ich zur Tat dessen schritt, weswegen ich hergekommen war. Deshalb entdeckte ich bald, daß, was immer das Juwel Chiv sonst sein mochte -und sie behauptete, der muslimischen Religion anzugehören -, sie in jedem Fall ein vollständiges Juwel war, jedenfalls kein auf Muslim-Art versehrtes. Ihre weiblichen Geschlechtsteile waren -nachdem ich durch den dunkelbraunen Zugang eingetreten war -ebenso hübsch rosig wie die jeder anderen Frau. Auch erkannte ich, daß Chiv ihr Entzücken keineswegs nur spielte, sondern das Ganze genauso sehr genoß wie ich auch. Als ich mich hinterher träge danach erkundigte, wie sie denn zu dieser Bordelltätigkeit gekommen sei, erzählte sie mir keine tränenreiche Geschichte, wie sie so tief hatte fallen können, sondern sagte munter:
    »Ich würde sowieso zina machen, das, was wir surata nennen, denn es macht mir Spaß. Wenn man dann für das surataMachen auch noch bezahlt wird, um so besser. Würdet Ihr denn einen Lohn dafür zurückweisen, falls Euch angeboten würde, Ihr bekämet welchen für jedesmal, da Ihr das Vergnügen habt, Wasser zu lassen?«
    Nun, dachte ich, Chiv war vielleicht kein Mädchen blumiger Gefühle, aber sie war ehrlich. Ich gab ihr sogar einen Dirham, den sie nicht mit dem Juden zu teilen brauchte. Und beim Verlassen der Scherenschleiferwerkstatt bereitete es mir ein diebisches Vergnügen, diesem gegenüber eine bissige Bemerkung zu machen.
    »Ihr hattet unrecht, alter Shimon. Wie ich das schon des öfteren
    bei Euch erlebt habe. Das Mädchen ist eine Romm.« »Romm. Domm. Diese Unseligen legen sich jeden Namen zu, nach dem ihnen der Sinn steht«, sagte er gleichmütig. Doch gleich danach zeigte er sich ein wenig gesprächiger, als er es bei meinem Kommen gewesen war. »Ursprünglich hießen sie Dhoma und stellten eine der tiefststehenden Klassen der Dschat dar, eines Hindu-Volkes in Indien. Die Dhoma gehörten zu den Unberührbaren, den Verabscheuten und Verachteten. Deshalb verlassen sie in kleinen Gruppen Indien, um woanders bessere Lebensbedingungen zu suchen. Mag der Himmel wissen, wie sie das anstellen wollen, denn außer Tanzen und Huren, Kesselflicken und Stehlen können sie nichts. Und Sichverstellen. Wenn sie sich Romm nennen, tun sie das nur, um damit anzudeuten, sie stammten von den Caesaren des Abendlands ab. Nennen sie sich jedoch Atzigän, tun sie das, um durchblicken zu lassen, sie stammten von dem Eroberer Alexander ab. Und nennen sie sich Egypsies, wollen sie, daß man sie für Abkömmlinge der Pharaonen hält.« Er lachte. »Dabei stammen sie nur von

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