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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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ein«, fuhr der alte
    hakim fort. »Es ist alles schön und gut mit den anerkannten
    Regeln und Vorschriften in der Heilkunst, nur habe ich durch
    eigene Versuche eine ganze Reihe von neuen Heilkuren
    gefunden, die durchaus im Widerspruch zu den herkömmlichen
    Regeln stehen. Nehmen wir nur das Meersalz. Nicht einmal der
    größte aller Heilkundigen, der Weise Ibn Sina, scheint je
    bemerkt zu haben, daß es irgendeinen feinen Unterschied gibt
    zwischen Meersalz und solchem, das aus Salzlagerstätten im
    Inland gewonnen wird. Keinem der altehrwürdigen Traktate
    kann ich entnehmen, welch ein Grund für einen solchen
    Unterschied besteht. Aber irgendetwas am Meersalz verhindert
    die Entstehung des Kropfes und anderer Schwellungen dieser
     
    Art im Körper, und es heilt sie auch. Das habe ich durch
    Experimente bewiesen.«
    Insgeheim tat ich den kleinen Chola-Salzhändlern, über die ich
     
    mich so lustig gemacht hatte, Abbitte.
    »Nun, dann kommt, Dotor Balanzon!« rief mein Onkel
    dröhnend, wobei er ihn boshaft mit dem Namen einer
    komischen Gestalt des venezianischen Theaters belegte.
    »Bringen wir dies hinter uns, damit Ihr Euch schlüssig werdet,
     
    was Ihr mir für meine verdammte tisichezza verschreiben wollt -
    Meersalz oder gekochte Milch.«
    Der hakim machte sich also an die Untersuchung, drückte
     
    Onkel Mafio hier und klopfte ihn dort ab und stellte ihm Fragen.
     
    Nach einiger Zeit sagte er:
    »Selbstverständlich weiß ich nicht, wie schlimm der Husten
    vorher war. Aber wie Ihr selbst sagtet, im Augenblick ist er nicht
    besonders schlimm, und ich höre auch kaum Rasseln in seiner
    Brust. Habt Ihr hier Schmerzen'«
     
    »Nur hin und wieder«, sagte mein Onkel. »Aber das, meine ich, ist verständlich nach dem vielen Gehuste, unter dem ich gelitten habe.«
    »Nun gestattet, daß ich mutmaße«, sagte Hakim Mimdad. »Ihr fühlt diesen Schmerz nur an einer Stelle. Unter Eurem linken Schlüsselbein.«
    »Hm, ja. Ja, das stimmt.«
    »Auch fühlt sich Eure Haut ziemlich heiß an. Habt Ihr dies Fieber ständig?« »Es kommt und geht. Es kommt, ich schwitze, es geht
    vorüber.« »Öffnet den Mund, bitte.« Er spähte hinein, hob dann die Lippen in die Höhe, um sich das Zahnfleisch anzusehen. »Und jetzt haltet die Hände vor Euch hin.« Er betrachtete sie, vorn und hinten. »Und gestattet jetzt, daß ich Euch ein Haar vom Kopf rupfe?« Er tat es, und Onkel Mafio zuckte nicht zusammen. Der Arzt betrachtete es genau und bog es hin und
    her. Dann fragte er: »Verspürt Ihr häufig das Bedürfnis, kut zu machen?« Mein Onkel lachte und rollte vielsagend mit den Augen. »Ich
    verspüre vielerlei Bedürfnisse, und das häufig. Wie macht man
    kut?«
    Nachsichtig, als hätte er es mit einem Kind zu tun, klopfte der
    hakim sich bedeutsam auf das Hinterteil. »Ach, dann ist kut merda«,, röhrte mein Onkel immer noch lachend. »Ja, das stimmt, ich muß es oft machen. Und zwar seit der Zeit, da der hakim in Balkh mir dies Abführmittel gegeben hat. Ich leide am cagasangue, deshalb muß ich häufig den
    Abort aufsuchen. Aber was hat all das mit einer
    Lungenkrankheit zu tun?«
    »Ich meine, Ihr habt gar kein hasht nafri.«
    »Was, keine tisichezzal« ließ mein Vater sich verwundert
     
    vernehmen. »Aber er hat die ganze Zeit über Blut gehustet.« »Aber das stammt nicht aus der Lunge«, sagte Hakim Mimdad. »Es ist das Zahnfleisch, das Blut absondert.«
    »Nun«, sagte Onkel Mafio, »wer wird schon böse darüber sein
    zu hören, daß an seinen Lungen nichts is t. Allerdings vermute
    ich, daß Ihr an eine andere Krankheit denkt.«
     
    »Ich werde Euch bitten, Wasser in diesen kleinen Krug zu
    lassen. Und nachdem ich den Urin auf Krankheitszeichen
    untersucht habe, kann ich Euch mehr sagen.«
     
    »Experimente«, murmelte mein Onkel.
    »Richtig. Und in der Zwischenzeit, wenn Wirt Iqbal so freundlich
     
    ist, mir ein paar Eidotter zu bringen, möchte ich, daß Ihr noch
    ein paar von den Quran-Zitaten aufgeklebt bekommt.«
    »Helfen die denn?«
    »Zumindest schaden sie nicht. Viel von der Heilkunst besteht
     
    eben darin: nicht zu schaden.«
    Als der hakim, den kleinen Krug Urin mit der Hand zuhaltend,
    damit er nicht verunreinigt werde, ging, verließ auch ich die
    karwansarai. Zuerst begab ich mich zu den Zelten der
    tamilischen Cholas, entschuldigte mich bei ihnen und wünschte
    ihnen großen Gewinn - was sie offenbar noch nervöser machte,
     
    als sie ohnehin immer waren -und suchte danach das Haus
    des

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