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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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solchen Umständen unbemerkt tun... Aber nein.« Plötzlich ging mir auf, dass das, womit ich in Gedanken spielte, Mord war, und so schloß ich lahm: »Das wäre wohl unmöglich.«
    »Nicht f-für einen richtigen bravo«, erklärte Ilaria sanft wie ein Täubchen. »Nicht für jemand, dem hinterher so reicher Lohn winkt.«
    Sie rückte mir wieder näher und fuhr fort, sich zu bewegen und mich mit dem Versprechen dieser Belohnung zu quälen. Das aber weckte mehrere widerstreitende Gefühle in mir; mein Körper jedoch richtete sich nur nach einem und hob seinen Taktstock, um den Einsatz für einen Fanfarenstoß zu geben.
    »Nein«, sagte Ilaria, wehrte mich ab und wurde sehr sachlich. »Ein Musiklehrer kann die erste Lektion ohne Honorar geben, bloß um zu zeigen, was man alles lernen kann. Wenn Ihr jedoch weiteren Unterricht wollt, und das auch noch für Fortgeschrittene, d ann müßt Ihr ihn Euch verdienen.«
    Es war sehr klug von ihr, mich fortzuschicken, solange mein Appetit nicht ganz gestillt war. So, wie die Dinge standen, verließ ich das Haus -wieder durch den Dienstboteneingang -, bebend und gierend, so, als hätte ich überhaupt keine Befriedigung gefunden. Geführt und dirigiert wurde ich gleichsam durch meinen Taktstock, und der kannte kein anderes Ziel, als mich zu Ilarias Nest zurückzuführen, gleichgültig, was mich das kostete. Es gab auch noch andere Ereignisse, die sich offenbar verschworen hatten, eben dieses Ziel zu erreichen. Als ich um den Häuserblock herumkam, stellte ich fest, dass es auf der Piazza San Marco von aufgeregt durcheinanderredenden Menschen wimmelte; und ein
    uniformierter Ausrufer verkündete die große Neuigkeit. Den Dogen Ranieri Zeno hatte an diesem Tage in seinen Palastgemächern der Schlag getroffen. Der Doge war tot. Der Rat sollte zusammentreten, um seinen Nachfolger zu wählen. Ganz Venedig sollte drei Tage lang Trauer tragen, danach der Doge Zeno bestattet werden.
    Nun, dachte ich beim Gehen, wenn ein großer Doge sterben kann, warum dann nicht ein weniger hochgestellter Edelmann? Und dann ging mir auf, dass die Bestattungsfeierlichkeiten gewiß mehr als eine Versammlung von weniger hochgestellten Adligen nach sich zog. Unter ihnen würde sich bestimmt der Gatte meiner Herzensdame befinden, und - wie sie angedeutet hatte - zweifellos auch etliche von seinen Neidern und Feinden.
    In den nächsten drei Tagen lag der Doge Zeno feierlich in seinem Palast aufgebahrt. Respektvoll erwiesen ihm tagsüber die Bürger die letzte Ehre, und bei Nacht hielt die berufsmäßige Totenwache Wache an der Bahre. Ich verbrachte den größten Teil dieser Zeit in meinem Zimmer und übte mit dem alten, aber immer noch hiebfesten Degen, bis ich eine große Fertigkeit gewann, hochmögende Ehegatten niederzuschlagen und zu erstechen. Am meisten Schwierigkeiten bereitete es mir, den Degen überhaupt zu tragen, denn er war fast so lang wie meine Beine. Auch konnte ich ihn nicht einfach mit blanker Klinge in den Gürtel oder sonstwohin stecken; schließlich hätte ich mir den eigenen Fuß durchstechen können. Um die Waffe überhaupt herumzutragen, mußte ich sie in eine Scheide hineinstecken, die sie womöglich noch ungefüger machte. Außerdem war ich, um sie zu verbergen, gezwungen, meinen alles umhüllenden Umhang umzunehmen, der es mir wiederum unmöglich machte, rasch zu ziehen und blitzschnelle Ausfälle zu machen.
    Inzwischen schmiedete ich listige Pläne. Am zweiten Tag der Totenwache schrieb ich eine Nachricht und bemühte mich, die Buchstaben in meiner Schuljungenhandschrift besonders sorgfältig zu schreiben: »Wird er sowohl bei der Bestattung als auch bei der Amtseinführung zugegen sein?« Dann betrachtete ich das Geschriebene kritisch und unterstrich das er, damit auch ja kein Zweifel herrsche, wer gemeint sei. Sodann unterschrieb ich, so dass auch nicht der geringste Zweifel aufkommen könne, von wem dies Billett stammte. Auch vertraute ich die Botschaft keinem Dienstboten an, sondern trug sie selbs t zur casa muta und wartete wiederum unendlich lange, bis ich ihn in dunkle Trauerkleidung gehüllt das Haus verlassen sah. Daraufhin lief ich ums Haus herum zum Dienstboteneingang, übergab das Billett an die alte Hexe von Türhüterin und sagte ihr, ich würde auf die Antwort warten.
    Nach einer Weile kehrte sie zurück, brachte jedoch keine Antwort, sondern winkte mir mit ihrem gichtigen Finger. Wieder folgte ich ihr bis in Ilarias Gemächer und sah dort meine Dame das Geschriebene

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