Marcos Verlangen
Bescheidenheit in das Bett einer Frau, das kannst du mir glauben.“
An dieser Stelle wurden sie von den duftenden Pizzen unterbrochen, die der Kellner vor sie hinstellte und Ella war froh, dass das leicht peinlich werdende Thema damit zumindest vorerst beendet war.
Marco schnitt seine Pizza demonstrativ in Achtel und legte dann mit einem herausfordernden Grinsen das Besteck beiseite. Genüsslich biss er in den heißen Streifen Pizza zwischen seinen Fingern.
„Wage es ja nicht“, lachte er mit vollem Mund, „auch nur einen Messerschnitt zu viel zu machen.“
Sie lachte mit und gehorchte.
„Ich habe dir ja noch gar nicht gesagt, dass ich auch den abgenagten Rand liegen lasse“, setzte sie noch eins drauf, als sie das erste Achtel vertilgt hatte. „Siehst du? So dekoriere ich anschließend meinen Teller damit.“
Interessiert sah er ihr dabei zu, wie sie die Ränder nach und nach zu einem Blumenmuster auf ihrem Teller zurechtlegte.
„Das ist sehr interessant“, kommentierte er mit gespielter Ernsthaftigkeit. „Du wärst bestimmt ein interessanter Fall für unsere psychologische Fakultät. Kreatives Chaos auf dem Pizzateller, das wäre mal Stoff für eine anarchische Vorlesung.“
Sie lachte herzhaft auf.
Nach dem caffè schlug er noch einen kleinen Bummel durch die Stadt vor, doch Ella lehnte ab.
„Tut mir leid – ich habe zwar Urlaub, aber mein Vater hat mich vorhin angerufen und für morgen trotzdem zum Dienst eingeteilt. Ich muss früh raus.“
„Wie bitte?“, Er traute seinen Ohren nicht. „Du hast Urlaub und musst trotzdem zur Arbeit? Warum?“
Sie zuckte vage die Schultern. „Er hat erfahren, dass ein Schwung Touristen ankommen soll und da will er sich natürlich das Geschäft nicht entgehen lassen. Zu zweit verkauft man eben mehr als einer allein. Und zum eigenen Vater kann man ja auch schlecht nein sagen, nicht wahr?“
Marco schüttelte ungläubig den Kopf. Er bedauerte es sehr, sie schon gehen zu lassen, aber er sah keine andere Möglichkeit, wenn er sich nicht dadurch bei ihr unbeliebt machen wollte, dass er bereits jetzt sein Gentleman-Versprechen brach.
„Gilt das nur für morgen?“ wollte er schließlich wissen.
Sie nickte. „Voraussichtlich ja. Hoffe ich zumindest, aber wer weiß das schon?“
„Na gut. Es gefällt mir zwar überhaupt nicht, dass du schon gehen willst, aber ich hoffe, ich sehe dich wenigstens bald wieder!“
Sie sah auf und erwiderte seinen Blick. Marco spürte, wie ihm unvermittelt der Schweiß ausbrach.
Das hier konnte durchaus eine ernstzunehmende Geschichte werden, schoss es ihm plötzlich siedend heiß durch alle Nervenbahnen. Seine körperlichen Reaktionen auf sie erstaunten ihn nicht nur – sie versetzten ihn fast in Panik. Ein tiefer Blick von ihr genügte, um ihn zu erregen und die leiseste Berührung mit ihrer Hand, so wie an diesem Nachmittag in der Kneipe, ließ ihm heiße und kalte Schauer über den ganzen Körper laufen.
Spontan fragte er sich, ob sie wohl wusste, wie er auf sie reagierte. Ob sie ahnte, wie sehr er sie wollte. Fuhr sie gar ihre eigene Strategie, indem sie ihn hinhielt?
„Ich sehe dich doch bald wieder, oder?“, insistierte er leise und eindringlich. Mit Befriedigung registrierte er, dass ihr Atem plötzlich schneller ging.
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, ehe sie die Lider wieder senkte. „Ja, bald“, gab sie schließlich genauso leise zur Antwort.
Sie hielt Wort.
Zwar verlebte Marco zwei harte Tage, in denen er seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten und dem Drang widerstehen musste, sie mehrmals täglich anzurufen, doch am Morgen des dritten Tages schließlich wurde er für seine Geduld belohnt.
„Hallo, ich bin’s, Ella. Störe ich dich gerade?“ wollte sie vorsichtig wissen.
„Ich bin in einer Besprechung“, musste er leider antworten und der geschäftsmäßige Ton, den er dabei an den Tag legte, tat ihm fast selber weh. „Kann ich später zurückrufen?“
„Oh, tut mir leid.“ Er konnte förmlich hören, wie sie zurückzuckte. „Ja, ich - bin zu Hause und warte auf deinen Anruf.“
Trotz ihres Zögerns klangen ihre Worte für ihn wie ein Versprechen. Ausgerechnet an diesem Vormittag zog sich sein Meeting besonders lange hin, er saß wie auf glühenden Kohlen und wollte sich dennoch vor seinen Dekanatskollegen der anderen Fakultäten nicht die Blöße geben, offensichtlich unkonzentriert oder ungeduldig zu sein.
Als die Runde sich schließlich aufzulösen begann, war es kurz nach
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