Marcos Verlangen
Menschen wirklich verabscheut haben musste. Sie entschied, vorerst nicht weiter in ihn zu dringen.
„Naja“, meinte sie leichthin, „vielleicht hat ihm das Leben ja die Flügel gestutzt.“
Angelo schnaubte nur. Dann wandte er sich ab und ging.
„Gute Nacht“, warf er ihr über die Schulter zu, als er schon fast nicht mehr zu hören war.
Ella rief wenig später bei Marco an.
Sie lag, wie von ihm in der Nachricht gefordert, völlig angezogen auf ihrem Bett. Als sie sich meldete, klang er leicht ungehalten.
„Sag jetzt bloß nicht, du hast dich wieder mit deinem Zeichenlehrer verplaudert.“
„Doch“, sie lachte leise. „Du wirst doch nicht etwa eifersüchtig werden?“
„Ach was!“, wehrte er verlegen ab, „aber für meinen Geschmack verbringst du ziemlich viel Zeit mit ihm.“
„Immerhin habe ich heute herausgefunden, dass er Dante tatsächlich gekannt hat. Das rechtfertigt doch wohl eine kleine Verspätung unseres verbalen Liebesspiels, oder etwa nicht?“
Nun lachte Marco, und es klang ehrlich erheitert. „Aber auch nur das. Und dass mir keine Klagen kommen, weil du ihn zu sehr von seinen pädagogischen Pflichten ablenkst! – Und was hast du sonst noch herausgefunden?“
„Er mochte ihn nicht. Ich glaube sogar, er fand ihn echt abscheulich.“
„Was will mir dein Tonfall hierzu sagen? Etwa dass du das für Brotneid unter Künstlern hältst?“
Ella lachte hellauf los. „Wie gut du mich schon kennst. Du hast mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen, mein Held.“
„Ich bin nicht umsonst Philosoph, vergiss das nicht, mein sündiger Engel! – Womit wir beim Thema wären“, seine Stimme begann abzusinken und nahm diesen ganz besonderen Tonfall an, der bei ihr sofort die erwünschte Wirkung erzielte.
„Endlich!“, seufzte sie und stellte das Telefon auf Lautsprecher, um beide Hände frei zu haben.
„Bist du im Bett?“ forschte er mit einem Schnurren in der Stimme.
„Ich liege auf dem Bett“, informierte sie ihn korrekterweise.
„Und du bist noch angezogen?“
„So wie du es wolltest.“
„Dann wirst du jetzt langsam damit anfangen, mir zu beschreiben, wie du dich ausziehst und ich erzähle dir, was ich währenddessen tun werde…!“
Donnerstag und Freitag vergingen trotz ihrer Zeichenstunden bei Angelo ziemlich zäh für Ella. Marco hatte wenig Zeit, er rief sie jeweils nur kurz an, um ihr eine gute Nacht zu wünschen. Keine verbalen Spielchen, kein Geplänkel, aber dafür hatte er sich für den frühen Freitagnachmittag angesagt und Ella konnte es kaum erwarten. Seit sie zusammen waren, war dies die erste längere Trennung und die Woche war Ella trotz ihrer täglichen Telefonate endlos lang vorgekommen.
Angelo, der die Unruhe in seiner gesamten Zeichenklasse gespürt hatte, beendete den Unterricht leicht genervt mit dem Mittagessen. Danach löste sich die Gruppe ziemlich rasch auf und jeder ging seiner Wege. Ella blieb allein zurück und genehmigte sich noch einen Kaffee. An Essen war fast nicht zu denken gewesen, sie hatte mit Mühe ein paar Spaghetti hinunterwürgen können. Sie war nervös.
Als sie mit einem Mal zwei Arme von hinten umfingen, schrie sie leise auf. Glücklicherweise hatte sie ihre Tasse bereits geleert, sonst hätte sie den Rest verschüttet. Marco war früher angekommen als erwartet, weil er sie überraschen wollte. Und das war ihm gelungen. Ella sprang auf und warf sich ihm stürmisch an den Hals.
„Oh mein Gott, hast du mir gefehlt!“, keuchte sie zwischen zwei Küssen.
„Und du mir erst!“, war die ebenso heftige Reaktion.
„Soll ich dir noch schnell mein Zimmer zeigen, ehe wir losfahren?“
„Losfahren?“ Er presste sich eng an sie und ließ sie herausfordernd seine Härte spüren. „In diesem Zustand kann ich nirgendwohin fahren, das dürftest du ja merken!“
„Komm mit!“
Hastig eilte sie voraus und zog ihn mit sich. Insgeheim war sie froh, dass alle anderen schon fort waren, denn das Haus war ziemlich hellhörig und weder Marco noch sie waren beim Sex besonders leise.
Krachend flog ihre Tür hinter ihnen ins Schloss. Keuchend und in aller Hast rissen sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib und fielen hungrig übereinander her. Das war nicht die Situation für ausgefeilte Spielchen oder fantasievolle Stellungen. Marco warf sie kurzerhand aufs Bett und bestieg sie mit einer Hast, die seinen grenzenlosen Hunger deutlich machte.
Sie hatte ihm gefehlt. Die Spiele am Telefon waren zwischendurch ganz nett, aber sie
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