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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wieninger
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Nase.
    „Sie sturer Bock, Sie!“ Gabloner hatte sich urplötzlich aus seinem Schreibtisch gewuchtet und fauchte mich an: „Wie damals im Sicherheitsbüro! Zeigt den vorgesetzten Gruppenleiter an und kündigt! Setzt sich ab! Nur weil es nicht nach seinem Dickschädel geht!“
    „Alle Achtung, Herr Oberleutnant! In der kurzen Zeit sind Sie aber ganz schön weit in meiner Akte gekommen.“
    „Warum werden Sie nicht Nachtportier? Warum haben Sie damals Ihrem Gruppenleiter ein Disziplinarverfahren angehängt?“ Gabloner hatte sich wieder in seinen Schreibtischsessel fallen lassen und litt sichtlich an meiner Gegenwart.
    „Wissen Sie was, Gabloner: Den Wein darf man nicht einfach in sich hineinschütten, wie Sie es tun. Man muß ihn zuerst riechen, dann gustieren, dann beißen, zuletzt seiner Fülle, seiner unverwechselbaren Note nachschmecken ...“
    „Fahren Sie nur fort mit Ihren Beleidigungen, Miert. Aber vergessen Sie nicht: Es gibt zwei Sorten von Menschen hier in Harland. Die, denen wir etwas anhaben können, und die, die für uns unerreichbar sind. Ex-Polizisten gehören zur ersten Kategorie!“
    „Ich habe Sie wegen Eva angezeigt. Halten Sie das für einen passenden Namen für eine Prostituierte, Gabloner? Der Kerl wollte sie mit ihrer eigenen Strumpfhose erwürgen und dann ihren Bauch ein bißchen mit einem Stanleymesser bearbeiten. So wie er das zuvor schon bei vier anderen Huren in den Praterauen gemacht hatte. Bei Eva hat es nicht so recht geklappt. Ich mußte sie nicht zur Aussage zwingen, nicht einmal ihrem Zuhälter ein paar Finger brechen. Sie hätte den Kerl identifizieren können, hat sie mir gesagt. Ich bin damit zu meinem Gruppenleiter gegangen, und am nächsten Tag war die kleine Eva in der Zeitung zu bewundern. Mit Foto, mit vollem Familiennamen und Adresse. Ein paar Tage später hat es ihr der Dreckskerl dann doch noch mit dem Stanleymesser richtig besorgt.“
    „Der Maulwurf, das war nicht ich“, keuchte Gabloner mit offenem Mund.
    „Ich freue mich, daß man Sie vom Wiener Sicherheitsbüro hierher strafversetzt hat.“
    Zweifellos hatte ich einen starken Abgang, denn der Maulwurf blieb einfach mit offenem Maul hinter seinem Schreibtisch sitzen und keuchte weiter.

VI
    Ich drehte den Startschlüssel des Granada dreimal vergebens um und blickte auf die bunkerähnliche Harlander Bundespolizeidirektion, auf den bröckelnden, minderwertigen Beton der Längsfront, auf die vielen kleinen Schießschartenfenster und das geöffnete Tor genau in der geometrischen Mitte des aus Beton gegossenen Plattenbaues, der die Form eines Schuhkartons hatte. Ich parkte vor Gullivers Schuhkarton.
    Hitlers Architekten hatten eben einen gewissen Ruf zu verteidigen gehabt, den der pompösen Monstrosität.
    Auch Oberleutnant Gabloner hatte offenbar einen Ruf zu verteidigen. Die Torwache wies eben zweien seiner Henker - Bodybuilder in Zivil mit blonden Stoppelfrisuren und den Gesichtern alter, böser Kindern - wild gestikulierend den Weg zu meinem Standplatz.
    Ich trat das Gaspedal zweimal bis zum Anschlag durch und startete noch einmal.
    Der Ford Granada war Viert- oder Fünftbesitz. Eines jener schnittigen Gefährte, die ich den ‘besten’ Kunden der Leasingfirma abgejagt und dieser wieder zurückgestellt hatte. Aber dort wollten sie ihn nicht mehr haben, und er wurde mir quasi als Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt.
    Es war noch über einen Monat bis Weihnachten, aber plötzlich sprang der Motor an. Die beiden Henker Gabloners sprinteten zu ihrem polizeiweißen VW Golf.
    Ich würde ihnen wohl oder übel irgendeinen Bewohner der Eisnerstraße zum Fraß vorwerfen müssen.

VII
    Der Wohnblock lag der Baugrube und Lears verkohltem Palast genau gegenüber.
    An der Tür zu Aufgang C blätterte der Anstrich ab, und das Schloß war anscheinend defekt. Ich vergaß zu läuten und drückte es mit einem Zahnstocher auf. Im Stiegenhaus roch es nach Armut und Erbrochenem. Hinter der ersten Tür auf der Etage prügelte jemand eine Katze oder ein Kind, und irgendwo kopulierte ein Asthmatiker mit einer Gummipuppe. Vielleicht registrierte ich aber auch nur die Geräuschkulisse einer ganz normalen TV-Seifenoper.
    Ich nahm mir die zweite Wohnung im Erdgeschoß vor und drückte einen Klingelknopf neben dem Türschild „J. Nowak“.
    Ein Mann in Pantoffeln öffnete mit der Vorsicht eines Minister-Sekretärs. Sein teigiges Gesicht verzog sich zu einer fragenden Grimasse. Eine von Sommersprossen übersäte Spiegelglatze und eine

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