Mareks Todfeind
sie sich unterhielten, dann sicherlich nur flüsternd.
Marek trocknete sich ab. Er ging dabei zum Fenster und zerrte es auf. Kein frischer Luftzug wehte in sein Zimmer hinein. Nur die schwüle Luft schwappte vor dem Viereck.
Auch das Aussehen des Himmels hatte sich verändert. Die Sonne war kaum noch zu sehen, weil verschiedene Wolkenbänke sich vor sie geschoben hatten. Sie sahen nicht eben Vertrauen erweckend aus. An den Rändern schimmerten sie gelblich oder weiß. Ansonsten zeigten sie verschiedene Grautöne, die ineinander liefen und in den Zentren fast zu einer brodelnden Masse wurden.
Über den Graten der Berge stand das Licht. Es sah hell aus und wirkte trotzdem fahl. Da braute sich wirklich etwas zusammen. Spätestens am Abend würde das Unwetter losbrechen.
Marek schloss das Fenster wieder. Er musste nach unten und mit den Leuten sprechen. Zugleich baute er darauf, dass sein Freund John Sinclair bald eintreffen musste. Dazwischengekommen war ihm nichts, sonst hätte er längst angerufen.
Vargas war wichtig, verdammt wichtig sogar. Noch wichtiger für Marek war allerdings, dass er seinen Durst löschte, denn seine Kehle kam ihm wie ausgetrocknet vor.
Das Wasser hatte ihn trotzdem einigermaßen erfrischt, und so verließ er auch sein Zimmer. Ob er es je wiedersah, war fraglich. Er hatte Vargas’ Stärke erlebt und ebenso die zahlreichen Helfer an seiner Seite. Die Wunden zeichneten noch jetzt sein Gesicht.
Erst am Ende der Treppe hörte er das Gemurmel der Stimmen. Als er die Gaststube betrat, hörte das Geräusch auf. Mit einem Blick erkannte er, dass die Tische allesamt besetzt waren. Ein himmelweiter Unterschied zu seinem letzten Besuch. Am Tisch des Bürgermeisters war ein Stuhl für ihn freigehalten worden. Er ging nicht direkt dorthin, sondern steuerte auf die Theke zu, hinter der das Ehepaar Juric stand. Miranda wusste die Wahrheit bereits, und man konnte nicht eben sagen, dass sie fröhlich aussah.
»Ich hätte gern eine Flasche Wasser«, bestellte Frantisek.
»Auch ein Glas?«
»Nein, Karl. Geben Sie einfach nur die Flasche.«
Marek erhielt eine große. Auf dem Weg zu seinem Platz öffnete er sie und trank den ersten Schluck, als er sich neben den Bürgermeister gesetzt hatte, der ihn von der Seite anschaute. Eigentlich jedoch waren alle Blicke auf ihn gerichtet, und die Menschen wussten schon, was sie von Marek zu erwarten hatten.
Nach dem zweiten Schluck schraubte er die Flasche zu. Es ging ihm jetzt besser. Die Kehle war frei, und er würde reden können. Gern tat er es nicht. Das war nicht sein Ding, doch er wusste, dass es keinen anderen Weg gab.
Die meisten der Gäste kannte er vom Friedhof her. Die wenigen neuen wussten sicherlich auch Bescheid, und so konnte er sich eine Zusammenfassung der Ereignisse sparen.
Marek kam sofort zur Sache und ging auch nicht zimperlich vor. »Ihr wisst, was auf dem Friedhof passiert ist, und euch muss klar sein, dass wir alle damit leben müssen. Es ist keine Täuschung, es ist kein Spiel, es ist verdammt ernst. Vargas lebt, aber er lebt nicht als Mensch, er ist zu einem Vampir geworden, und das weiß ich leider verdammt genau, denn ich hatte mit ihm eine Begegnung...«
Der Pfähler berichtete, was ihm am vergangenen Abend widerfahren war und konnte als Beweis auch seine Wunden im Gesicht anführen. Er warnte die Zuhörer vor der Masse der Fledermäuse, die ebenfalls auf Vargas’ Seite standen.
»Es ist möglich, dass sie ihm den Weg vorbereiten. Deshalb sollten Sie sich vorsehen, wenn Sie Fledermäuse sehen. Es könnte sein, dass sie seine Vorboten sind.«
Der Bürgermeister hatte eine Frage. »Was sollen oder können die Leute denn überhaupt tun, um sich zu schützen?«
Der Pfähler zuckte die Achseln. »Ob man sich vollständig gegen Vargas schützen kann, weiß ich nicht. Da bin ich ehrlich genug. Er ist kein Mensch mehr, auch wenn er so aussieht. Er wird seine Ziele immer erreichen, denn er besitzt Kräfte, die mit den unsrigen nicht zu vergleichen sind.«
»Verdammt, du machst uns Hoffnung!«, meldete sich ein Mann aus dem Hintergrund.
»Ich gebe hier nur bekannt, wie es ist. Niemand soll später sagen können, er hätte nichts gewusst. Vargas ist nun mal ein Monstrum. Daran sollte jeder von uns denken. Ich glaube nicht, dass ihr es vernichten könnt, nicht ohne die entsprechenden Waffen, aber man kann Vorsorge treffen, und das solltet ihr tun, solange noch Zeit ist.«
»Wie denn?«
»Indem man zu den alten und überlieferten
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