Mareks Todfeind
junge Tankwart nicht sagen können, jedenfalls würde ich irgendwann dort sein und freute mich auf einen Schluck Wasser. Die Flasche, die ich mitgenommen hatte, war mittlerweile leer.
Das Lächeln hatte ich trotz allem nicht verlernt, denn an einer Abzweigung entdeckte ich ein altes Hinweisschild. Auf ihm waren mehrere Orte angegeben. Ich musste anhalten und aussteigen, um die fremden Namen entziffern zu können. Auch der Ort Dunai befand sich darunter. Dahinter stand die Zahl 15 oder 13.
Welche auch zutraf, zwei Kilometer Unterschied spielten keine Rolle. Jedenfalls war es bis zum Ziel nicht mehr weit. Das ließ mich zunächst durchatmen.
Marek hatte mir von einem Gasthof in der Ortsmitte erzählt. Dort war er abgestiegen, und auch ich sollte mir dort ein Zimmer nehmen. Zudem war das Haus der ideale Treffpunkt.
Ich fuhr weiter. Die Umgebung änderte sich nicht. Nach wie vor rollte ich durch ein leeres Tal, in dem es so gut wie keine Menschen gab, dafür aber viel Natur. Wälder, Wiesenfläche, mal steile, mal weniger steile Hänge, aber das Tal veränderte seine Form nicht. Es blieb, wie es war, und das bezog ich auf die Breite. Ich war froh, nicht durch eine Schlucht fahren zu müssen.
Ich kannte andere Täler aus den Karpaten. Was ich auch vermisste, war das Wasser. Es gab keine wild schäumenden Bäche, die von den Hängen herab ins Tal stürzten und es wie Adern durchströmten. Die Trockenheit dieses Sommers – verteilt über ganz Europa – hatte auch hier ihre Spuren hinterlassen. Das Gras sah braun aus, wenig grün nur, und ein Funke reichte aus, um einen Flächenbrand zu verursachen.
Es hätte hier auch heller sein müssen, doch die Wolken am Himmel nahmen dem Licht seine Kraft. Der Verdacht, dass in der Nacht ein Unwetter entstand, verdichtete sich bei mir zu einer Gewissheit. Wahrscheinlich würde es schon am Abend losdonnern, denn die Luft draußen war feucht, drückend und schwül.
Jede Reise hat mal ein Ende. Auch bei mir verhielt sich das nicht anders. Ich atmete auf, als ich die ersten Häuser von Dunai in der Ferne sah. Es war eigentlich wie überall. Da gab es einen Kirchturm, das höchste Bauwerk, und in einem gewissen Umkreis um ihn herum verteilten sich die Häuser.
Meine Aufmerksamkeit nahm zu, als ich in den Ort einrollte. Wenn man spöttisch sein wollte, dann konnte man behaupten, dass Dunai am Ar... der Welt lag. Orte wie dieser und auch in der Einsamkeit gelegen, waren mir nicht fremd. Trotzdem irritierte mich etwas, als ich in das Dorf hineinfuhr.
Es gab keine Menschen auf der Straße. Ich kam mir vor, als würde ich in einen verlassenen Ort einfahren oder in eine Geisterstadt, wie ich sie vor nicht langer Zeit erlebt hatte mit Lost Hollywood, einem Ort, den sich die blonde Bestie Justine Cavallo als Stützpunkt ausgesucht hatte.
Nur bestanden die Bauten hier aus Stein und waren wesentlich älter. Zudem sahen sie nicht unbewohnt aus. Die Menschen schienen sich eben in sie zurückgezogen zu haben, nicht aber, ohne etwas zu verändern. Die Veränderung sah ich zwar nicht an jedem Haus, aber sie war schon so häufig vorhanden, dass ich sie einfach nicht übersehen konnte.
Es ging um Knoblauch. Wer Stauden besaß, hatte sie vor Türen und Fenster gehängt, und dafür gab es nur einen Grund, der seit altersher schon bekannt war.
Die Bewohner fürchteten sich vor Vampiren, und sie hatten ihre Konsequenzen gezogen. Knoblauch schreckt die Blutsauger ab. Darum waren ihre, Häuser auf diese Art so gesichert worden.
Als ich es bemerkte, musste ich lächeln. Ich konnte mir vorstellen, dass Frantisek Marek den Menschen den Rat gegeben hatte, sich auf diese Art und Weise zu schützen.
Das Gasthaus würde ich in der Dorfmitte finden. Ich ging davon aus, dass Marek meinen Besuch bereits angekündigt hatte. Auch im Ort hatte die lange Trockenheit eine Staubschicht auf der Fahrbahn hinterlassen. Die Wolken hüllten den Leihwagen ein, aber meine Sicht wurde nicht behindert, und so fuhr ich dem Marktplatz entgegen, wobei ich nur einen Blick nach links werfen musste, um das Gasthaus zu entdecken. Ein Lächeln umspielte meine Lippen, denn nicht weit entfernt parkte ein alter VW Käfer, Mareks fahrbarer Untersatz, von dem er nicht lassen wollte. Ansonsten parkten nur recht wenige Fahrzeuge an den Rändern.
Das Gasthaus war auch nicht höher als die übrigen Häuser. Es stand allein, und als ich vor dem Eingang stoppte, fiel mein Blick sofort auf die lange Knoblauchstaude, die jemand vor die Tür
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