Margaret Mitchell
und
Uniformen annehmen konnten, ohne daß ihre Ehre darunter litt.
Zweimal
wöchentlich kam die Truppe in Jonesboro zusammen, um gedrillt zu werden und um
zu beten, daß der Krieg beginnen möge. Noch waren die Verhandlungen über die
Aufbringung der vollen Anzahl Pferde nicht abgeschlossen; wer aber ein Pferd
hatte, führte, was er für kavalleristische Künste hielt, auf dem Felde hinter
dem Gerichtsgebäude vor, wirbelte eine große Menge Staub auf, schrie sich
heiser und schwang den Säbel der Revolution, den er in der väterlichen Halle
von der Wand genommen hatte. Wer noch kein Pferd hatte, saß auf dem Kantstein
vor Bullards Kaufhaus und sah den berittenen Kameraden zu, kaute Tabak und
spann sein Garn. Oder man schoß um die Wette. Schießen brauchte niemand erst zu
lernen. In den Südstaaten wird fast jeder mit dem Gewehr in der Hand geboren,
bringt sein Leben auf der Jagd zu und wird von selbst zum Scharfschützen.
Bei jeder
Musterung kamen die verschiedenartigsten Feuerwaffen aus den Pflanzerhäusern
und Blockhütten zum Vorschein. Lange altmodische Feuerrohre aus der Zeit, da
die Alleghanies zuerst überschritten worden waren, alte Vorderlader, denen in
Georgias Jugendzeiten mancher Indianer zum Opfer gefallen war, Sattelpistolen,
die 1812 in den Seminolenkriegen und in Mexiko ihren Dienst getan hatten,
silberbeschlagene Duellpistolen, Taschenderringers, doppelläufige Jagdflinten
und elegante neue Gewehre, englisches Fabrikat, mit blanken Schäften aus
Hartholz.
Der Drill
endete immer in den Kneipen von Jonesboro, und wenn die Nacht einbrach, waren
so viele Raufereien im Gange, daß die Offiziere es schwer hatten, Verluste zu
verhindern, noch ehe die Yankees sie ihnen beibrachten. In einer dieser
Schlägereien hatte Stuart Tarleton Cade Calvert angeschossen und Tony Fontaine
Brent. Als die Truppe aufgestellt wurde, waren die Zwillinge gerade von der
Universität Virginias nach Hause geschickt worden und ließen sich voller
Begeisterung anmustern. Aber nach dieser Schießerei vor zwei Monaten hatte ihre
Mutter sie wieder auf die Universität ihres eigenen Staates geschickt, mit
gemessenem Befehl, dort zu bleiben. Die aufregenden Abwechslungen des Drills
hatten sie in jener Zeit schmerzlich vermißt. Was war ihnen Wissen und Bildung,
wenn sie nur reiten und schreien und schießen konnten!
»Laß uns
doch querfeldein über O'Haras und Fontaines Weiden reiten«, schlug Brent vor.
»Dann sind wir im Nu da.«
»Wir da
kriegen nur Opossum und Grünkram zu essen«, wendete Jeems ein.
»Du
kriegst überhaupt nichts«, grinste Stuart, »denn du reitest nach Hause und
sagst Ma, daß wir nicht zum Abendessen kommen.«
»Nein, das
ich nicht tun«, schrie Jeems voller Angst. »Das ich nicht tun! Ich auch nicht
Spaß haben, von Misses Beatrice verprügelt werden. Zuerst sie mich fragen, wie
ich es fertigbringen, daß Masters wieder rausgeschmissen, und dann, warum ich
Masters heute abend nicht mitbringen, damit sie uns alle prügeln kann. Und dann
sagen, ich bin an allem schuld. Und wenn Masters mich nicht mit zu Master
Wynder nehmen, ich die ganze Nacht draußen im Wald liegenbleiben. Besser mich
Landjäger beim Kragen nehmen, als Misses Beatrice!«
Verblüfft
und ärgerlich sahen die Zwillinge den entschlossenen Negerjungen an. »Er wäre
gerade dumm genug, sich vom Landjäger fassen zu lassen, und dann hätte Ma
wochenlang etwas Neues zu reden. Du kannst mir glauben, mit den Schwarzen hat
sie es noch schwerer als mit uns; manchmal denke ich, daß die ganz recht haben,
die den Sklavenhandel abschaffen wollen.«
»Nun, es
wäre unrecht, Jeems dem auszusetzen, wovor wir Angst haben. Wir müssen ihn
schon mitnehmen. Aber paß auf, du unverschämter schwarzer Schafskopf, wenn du
dich vor den Schwarzen bei Wynder damit dicke tust, daß wir jeden Tag Brathuhn
und Schinken essen und sie nur Kaninchen und Opossum, dann sage ich es Ma und
du darfst nicht mit uns in den Krieg.«
»Dick tun?
Ich mich nicht vor billigen Negern dick tun! Ich bessere Manieren, haben mir
Misses Beatrice ebenso gute beigebracht wie Masters.«
»Das ist
ihr bei uns allen dreien nicht besonders gut gelungen«, sagte Stuart. Er riß
seinen Fuchs herum, gab ihm die Sporen und schwang sich leicht über den
Lattenzaun auf den weichen Acker von Gerald O'Haras Plantage. Brents Pferd
setzte hinterher, und ihm nach Jeems, der sich am Sattelknopf festklammerte.
Jeems setzte nicht gern über Zäune, aber er hatte schon höhere als diese
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