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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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wollte ihm die
Tür weisen und nie ein Sterbenswort mehr mit ihm sprechen. Aber nein, das ging wieder
nicht. Er durfte nie und nimmermehr erfahren, daß sie überhaupt von dem Dasein
solcher Dirnen wußte, und nun gar, daß er zu solchen Dirnen ging. Das war für
eine Dame unmöglich.
    Mit dem
zerknitterten Taschentuch in der Hand ging sie in die Küche zu Onkel Peter
hinunter. Als sie am Herde vorbeikam, steckte sie das Taschentuch in die
Flammen und sah mit ohnmächtigem Zorn zu, wie es verbrannte.
     
    14
     
    Als der
Sommer des Jahres 1863 herankam, schlugen in den Südstaaten alle Herzen höher.
Trotz Mangel und Mühsal, trotz Korruption und Spekulation, trotz Krankheit,
Leiden und Tod, die nun in fast jeder Familie schon ihre Spuren hinterlassen
hatten, sprach der Süden wieder einmal das Wort »Noch ein Sieg, und der Krieg
ist aus« und war seiner Sache noch freudiger gewiß als im vergangenen Sommer.
Die Yankees erwiesen sich zwar als eine harte Nuß, aber endlich krachte sie
doch.
    Das
Weihnachtsfest war für Atlanta und den ganzen Süden glücklich und froh gewesen.
Die konföderierten Truppen hatten einen überwältigenden Sieg bei Fredericksburg
errungen. Die Toten und Verwundeten der Yankees zählten nach Tausenden. Es
herrschte allgemeiner Jubel, daß das Schicksal sich wendete. Die Armee bestand
jetzt aus kampfgewohnten Soldaten, ihre Heerführer hatten sich bewährt, und
alle waren überzeugt, daß die Yankees, wenn mit dem Frühling der Kampf von
neuem begann, ein für allemal vernichtet würden. Der Frühling kam, und der
Kampf begann von neuem. Im Mai errangen die Konföderierten abermals einen
großen Sieg bei Chancellorsville. Der Süden frohlockte.
    Ganz nahe
der Heimat war ein feindlicher Kavallerievorstoß nach Georgia den
Konföderierten zum Sieg ausgeschlagen. Immer wieder lachten die Leute und
klopften einander auf den Rücken und sagten: »Jawohl! wenn der alte Nathan
Bedford Forrest erst hinter ihnen her ist, dann machen sie lange Beine!«
    Ende April
hatte Oberst Streight mit eintausendachthundert Yankees zu Pferde einen
überraschenden Streich versucht. Das Ziel war Rome, nur sechzig Meilen nördlich
von Atlanta, gewesen. Sie hatten die für den Süden unentbehrliche
Eisenbahnlinie zwischen Atlanta und Tennessee abschneiden und dann südwärts
nach Atlanta schwenken wollen, um die Fabriken und Vorratsplätze, die dort in
der Schlüsselstellung der Konföderierten konzentriert waren, zu zerstören. Ein
kühner Streich, der den Süden teuer zu stehen gekommen wäre, wenn nicht Forrest
gewesen wäre. Mit nur einem Drittel soviel Leuten - aber was für Leuten, was
für Reitern! - war er aufgebrochen und hatte die Feinde, noch ehe sie Rome
erreichten, in ein Gefecht verwickelt, hatte ihnen Tag und Nacht keine Ruhe
gelassen und schließlich die ganze Truppe umzingelt.
    Die
Nachricht erreichte Atlanta fast gleichzeitig mit der Siegesmeldung von
Chancellorsville, und die Stadt erbebte vor lauter lachendem Jubel. Der Sieg
bei Chancellorsville mochte bedeutender sein, aber die Umzingelung von
Streights Vortrupp machte die Yankees einfach lächerlich.
    »O nein,
mit dem alten Forrest ist nicht gut Kirschen essen!« sagte man in Atlanta voller
Stolz, wenn die Geschichte erzählt wurde.
    Die Flut
des Glücks strömte jetzt mächtig und jubelnd dahin und riß alles mit sich fort.
Freilich belagerten die Yankees unter General Grant seit Mitte Mai Vicksburg,
freilich hatte der Süden einen schmerzlichen Verlust erlitten, als
>StonewaIl< Jackson bei Chancellorsville tödlich verwundet worden war.
Freilich hatte Georgia mit General Cobb, der bei Fredericksburg fiel, einen
seiner tapfersten und begabtesten Söhne verloren. Aber noch mehr solche Niederlagen
konnten die Yankees nicht aushalten. Bald mußten sie sich ergeben, und dann war
der grause Krieg vorbei.
    Die ersten
Tage des Juli kamen heran und mit ihnen das Gerücht, das später durch Depeschen
bestätigt wurde, daß General Lee in Pennsylvanien einmarschiere. Lee auf
feindlichem Boden! Lee stellte den Feind zur Schlacht! Das war der Endkampf des
Krieges.
    Atlanta
tobte vor Erregung, vor Freude und vor heißem Rachedurst. Nun sollten die
Yankees erfahren, was es heißt, den Krieg im eigenen Land zu haben. Nun sollten
sie erleben, daß fruchtbare Felder verwüstet, Pferde und Rinder gestohlen,
Häuser verbrannt, Kinder und Greise verschleppt und Frauen in den Hungertod
getrieben wurden. Jeder wußte, wie die Yankees in Missouri, Kentucky,

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