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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Hut schief auf dem Kopf, neben sich den fünfzehnjährigen Phil, die
beiden Fräulein McLure, die ihre Pferdezähne mit bebender Oberlippe zu bedecken
suchten. Mrs. Elsing, aufrecht wie eine spartanische Mutter, deren innerer
Aufruhr nur durch die grauen Haarsträhnen, die sich aus ihrem Knoten gelöst
hatten, verraten wurde. Daneben die geisterhaft bleiche Fanny Elsing. Hatte sie
einen richtigen Verehrer an der Front, von dem kein Mensch etwas wußte?
    Mrs.
Merriwether saß in ihrem Wagen und streichelte Maybelles Hand. Maybelle war
hochschwanger, eigentlich war es eine Schande, daß sie sich in der
Öffentlichkeit zeigte, wenn sie sich auch noch so geschickt mit ihrem Schal
zudeckte. Warum machte sie sich solche Sorgen? Niemand hatte etwas davon
gehört, daß die Louisiana-Truppe auch in Pennsylvanien stünde. Wahrscheinlich
saß ihr kleiner Zuave gut aufgehoben in Richmond.
    Am Rand
der Menschenmenge entstand eine Bewegung, als Rhett Butler sich mit seinem
Pferde behutsam zu Tante Pittys Wagen Bahn brach. Scarlett dachte: »Er hat Mut,
denn bei dem kleinsten Anlaß kann der Pöbel ihn in Stücke reißen, weil er nicht
in Uniform ist.« Als er näher kam, dachte sie, sie möchte wohl als erste über
ihn herfallen. Wie durfte er es wagen, mit seinen glänzenden Lackstiefeln und
seinem eleganten Leinenanzug das schönste Pferd zu reiten, glatt und
wohlgenährt, die teure Zigarre im Mund, während Ashley und all die anderen
barfuß, vor Hitze schmachtend, hungrig, mit kranken Eingeweiden gegen die
Yankees kämpften!
    Böse
Blicke trafen ihn, als er langsam durch das Gedränge herankam. Alte Männer
knurrten in den Bart, und Mrs. Merriwether, die sich vor nichts fürchtete,
erhob sich ein wenig in ihrem Wagen und sagte laut und vernehmlich:
»Spekulant!« Der Ton ihrer Stimme machte das Wort zur schmählichsten,
giftigsten Beschimpfung. Kapitän Butler achtete dessen gar nicht, sondern zog
vor Melly und Pitty den Hut, ritt zu Scarlett heran, beugte sich nieder und
sagte leise: »Wäre dies nicht der richtige Augenblick für Dr. Meade, uns seine
übliche Rede zu halten, daß der Sieg wie ein triumphierender Adler über unserem
Banner throne?«
    Ihre
Nerven befanden sich in schmerzhafter Anspannung. Wie eine wütende Katze wandte
sie sich um, und hitzige Worte kamen ihr hervorgesprudelt, aber er schnitt sie
mit einer Handbewegung ab.
    »Ich
komme, um den Damen mitzuteilen«, sagte er laut und vernehmlich, »daß ich im
Hauptquartier war. Die ersten Verlustlisten kommen gerade herein.«
    Bei diesen
Worten erhob sich unter den Nächststehenden, die seine Worte gehört hatten, ein
Summen. Die Menge staute sich, im Begriff, kehrtzumachen und die
Whitehall-Straße hinunter zum Hauptquartier zu stürzen.
    »Nicht
weggehen!« rief er, erhob sich im Sattel und hielt die Hand in die Höhe. »Die
Listen sind beiden Zeitungen zugestellt worden und werden in diesem Augenblick
gedruckt! Hierbleiben!«
    »Oh,
Kapitän Butler«, rief ihm Melly mit Tränen in den Augen zu, »wie freundlich von
Ihnen, daß Sie gekommen sind, uns das zu sagen! Wann werden sie angeschlagen?«
    »Sie
werden jeden Augenblick herauskommen, gnädige Frau. Die Kriegsberichte sind
schon seit einer halben Stunde in der Redaktion. Der diensttuende Offizier
wollte nur nichts bekanntgeben, ehe der Druck fertig ist, aus Angst, die Menge
würde die Büros stürmen. Da, sehen Sie!«
    Ein
Seitenfenster des Zeitungsbüros wurde geöffnet, eine Hand mit einem Packen
langer, schmaler Druckfahnen, mit frischer Druckerschwärze verschmiert und eng
mit Namen besetzt, langte heraus. Die Menge balgte sich darum, riß die Zettel
in der Mitte durch, und wer einen erwischt hatte, versuchte, rückwärts aus dem
Gedränge zu kommen, um zu lesen. Die Hintenstehenden drängten nach vorn und
schrieen: »Durchlassen!«
    »Nimm die
Zügel«, sagte Rhett Butler kurz, schwang sich vom Pferde und warf Onkel Peter
die Zügel zu. Sie sahen seine breiten Schultern über die Menge hinausragen,
während er sich mit rücksichtslosen Stößen vorschob. Bald kam er mit einem
halben Dutzend Zetteln in der Hand zurück. Er warf Melanie einen zu und
verteilte die anderen an die Damen in den nächsten Wagen, an die McLures,
Meades, Merriwethers und Elsings.
    »Schnell,
Melly!«
    Scarlett
war außer sich. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie Mellys Hände so
beben sah, daß sie unmöglich lesen konnte.
    »Nimm«,
flüsterte Melly, und Scarlett riß ihr das Blatt aus der Hand.
    Die W's,
wo waren

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