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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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»Gnädige Frau, Sie tun
sich zuviel Ehre an. Ich heirate weder Sie noch jemand anders. Ich bin nicht
zum Heiraten geschaffen.«
    »Nein,
wirklich!« Sie war verblüfft und beschloß, daß er sich nun endlich eine
Freiheit herauszunehmen habe. »Ich habe nicht einmal die Absicht, Ihnen auch
nur einen Kuß zu geben.«
    »Warum
aber spitzen Sie denn so das Mündchen?«
    »Oh«, fuhr
sie auf, als sie sich plötzlich im Spiegel sah und bemerkte, daß ihre roten
Lippen in der Tat voller Bereitschaft geschürzt waren.
    »Oh!«
brach sie noch einmal los, verlor die Fassung und stampfte mit dem Fuß auf.
»Sie sind der unverschämteste Mensch, den ich jemals gesehen habe. Ich mache
mir gar nichts daraus, wenn Sie mir für immer aus den Augen gehen!«
    »Wenn das
wirklich Ihres Herzens Meinung wäre, dann würden Sie mit dem Fuß auf den Hut
stampfen, statt auf den Boden. Mein Gott, wie Sie sich nur aufregen! Aber wie
Sie vermutlich wissen, steht es Ihnen prachtvoll! Kommen Sie, Scarlett,
stampfen Sie tüchtig auf den Hut, damit ich sehe, was Sie von mir und meinen
Geschenken halten.«
    »Unterstehen
Sie sich nicht, ihn anzurühren!« rief sie, faßte den Hut bei der Schleife und
wich ein paar Schritte zurück. Leise lachend folgte er ihr und ergriff ihre
beiden Hände.
    »Ach,
Scarlett, du bist so jung, du marterst mir das Herz«, sagte er, »und ich will
dich auch küssen, wie du es von mir erwartest.«
    Er beugte
sich lässig zu ihr herab und ließ seinen Schnurrbart obenhin ihre Wange
streifen. »Haben Sie nun das Gefühl, daß Sie mich schlagen müßten, um die
Schicklichkeit zu wahren?«
    Trotzig
blickte sie ihm in die Augen und sah in ihren dunklen Tiefen so viel
jungenhafte Lustigkeit, daß sie auflachte. Wie konnte er einen doch mit seiner
Neckerei zur Verzweiflung bringen! Wenn er sie nicht heiraten, nicht einmal
küssen wollte, was wollte er denn eigentlich? Wenn er nicht in sie verliebt
war, warum besuchte er sie so oft und brachte ihr Geschenke mit?
    »So ist's
besser, Scarlett. Ich habe einen schlechten Einfluß auf Sie. Wenn sie
vernünftig sind, so geben Sie mir den Laufpaß - wenn Sie können. Ich bin sehr
schwer loszuwerden und bin doch so schädlich für Sie.«
    »Meinen
Sie?«
    »Merken
Sie das denn nicht? Seitdem ich Sie auf dem Basar getroffen habe, ist Ihr
Lebenslauf durchaus anstößig gewesen, und das ist zum größten Teil meine
Schuld. Wer hat Sie zum Tanzen verführt, wer hat Sie zu dem Eingeständnis
gezwungen, daß Ihnen unsere große Sache weder ruhmreich noch heilig ist? Wer
trieb Sie dazu, auszusprechen, daß Sie die Männer, die für hochtönende Phrasen
sterben, für Narren halten? Wer hat Ihnen dabei geholfen, den alten Damen
unerschöpflichen Stoff zum Klatsch zu liefern? Wer hat Sie um Jahre zu früh aus
der Trauer herausgelockt, und wer hat Sie zu guter Letzt dazu verleitet, ein
Geschenk anzunehmen, das keine Dame annehmen darf, wenn sie Dame bleiben will?«
    »Sie tun
sich zuviel Ehre an, Kapitän Butler. Ich hätte das alles, was Sie da aufzählen,
auch ohne Ihre Hilfe fertiggebracht.«
    »Das
bezweifle ich«, sagte er, und plötzlich wurde sein Gesicht ruhig und ernst.
»Sie wären immer noch Charles Hamiltons Witwe mit dem gebrochenen Herzen, viel
gerühmt für Ihre Wohltaten bei den Verwandten. Später einmal ... «
    Aber sie
hörte gar nicht mehr zu. Sie betrachtete sich hingerissen im Spiegel und
überlegte, daß sie schon heute nachmittag den Hut ins Lazarett aufsetzen und
den genesenden Offizieren Blumen mitbringen konnte. Daß in seinen letzten
Worten etwas Wahres lag, kam ihr nicht in den Sinn. Sie machte sich nicht klar,
daß es Rhett Butler war, der das Gefängnis ihrer Witwenschaft gesprengt hatte,
damit sie unter den jungen Mädchen wieder die Königin sei, nachdem ihre Tage
als junge Schönheit schon gezählt sein sollten. Sie erkannte auch nicht, daß
sie sich unter seinem Einfluß weit von Ellens Lehren entfernt hatte. Die Wandlung
war so allmählich vor sich gegangen. Ein einmaliger kleiner Verstoß gegen die
Sitten schien immer ganz ohne alle Beziehung zu dem nächsten, und keiner davon
schien mit dem Kapitän verknüpft zu sein. Ihr wurde nicht klar, daß sie auf
seine Anleitung hin gegen viele Gesetze des Damenanstandes, die Ellen ihr
strengstens eingeschärft, verstoßen hatte.
    Sie sah
nur, daß sie noch nie einen so kleidsamen Hut wie diesen getragen hatte, der
sie zudem keinen Cent kostete, und daß Rhett in sie verliebt sein mußte, mochte
er es nun zugeben

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