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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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ausgestellt, so wären sie ihm auf die Spur gekommen, und
ich fürchte, du hattest dann keinen Cent davon zu sehen bekommen. Das einzig
Richtige für mich war, überhaupt nichts zu tun. Das Geld lag ja sicher. Wäre es
zum Schlimmsten gekommen, hätten sie sein Versteck ausfindig gemacht und versucht,
es mir fortzunehmen, dann hätte ich jeden Yankeepatrioten, der mir während des
Krieges Muniton und Kanonen verkauft hat, mit Namen genannt. Das hätte einen
großen Skandal gegeben, denn manche von ihnen haben jetzt sehr hohe Stellungen
in Washington. Die Drohung, mein Gewissen in dieser Richtung zu erleichtern,
hat mir in der Tat zur Freiheit verholfen.«
    »Wollen
Sie damit sagen, daß Sie ... daß Sie wirklich das Gold der Konföderierten
haben?«
    »Nicht das
ganze, Gott behüte! Es müssen fünfzig oder noch mehr frühere Blockadebrecher
sein, die eine Menge nach England und Kanada in Sicherheit gebracht haben. Wir
waren recht unbeliebt bei den Konföderierten, die weniger gerissen waren als
wir. Ich habe annähernd eine halbe Million. Denke nur, Scarlett, eine halbe Million
Dollar! - Wenn du nur deine feurige Natur noch ein wenig gebändigt und dich
nicht gleich kopfüber in die Ehe gestürzt hättest!«
    Eine halbe
Million Dollar. Fast wurde ihr bei dem Gedanken an das viele Geld körperlich
elend. Sein Hohn glitt an ihr ab, sie hörte die Worte nicht einmal. Es war kaum
zu glauben, daß es in dieser bitteren, verarmten Welt überhaupt noch so viel
Geld gab, so unerhört viel Geld. Und das hatte nun jemand, der sich gar nichts
daraus machte. Sie aber hatte nur einen kränkelnden ältlichen Mann und seinen
kleinen schmutzigen Kramladen als Schutzwall zwischen sich und der feindlichen
Welt. Daß ein Schuft wie Rhett soviel haben sollte und sie mit ihrer schweren
Last nur sowenig, war unbillig vom Schicksal. Sie haßte ihn, wie er dasaß,
geschniegelt und gebügelt, und sich über sie lustig machte. Aber sie wollte ihn
nicht in seinem Dünkel bestärken durch Schmeicheleien über seine
Geschicklichkeit. Sie suchte nach recht bösen, schneidenden Worten, mit denen
sie ihm weh tun konnte.
    »Sie halten
es wohl für recht, das Geld der Konföderierten für sich zu behalten? Das ist es
aber nicht. Es ist ganz gemeiner Diebstahl, und Sie wissen es sehr wohl!«
    »O je! Wie
die Trauben doch heutzutage sauer sind!« sagte er und verzog sein Gesicht.
»Aber wen habe ich denn eigentlich bestohlen?«
    Sie
schwieg und überlegte, wen er denn eigentlich bestohlen habe. Er hatte nichts
anderes getan, als was Frank im kleinen getan hatte.
    »Die
Hälfte des Geldes ist mein rechtmäßiges Eigentum«, fuhr er fort, »redlich
verdient mit Hilfe von redlichen Patrioten, die nichts daran fanden, die Union
hinterrücks auszuverkaufen gegen hundert Prozent Gewinn auf die Ware. Einen
Teil habe ich mit meinem kleinen Baumwollgeschäft zu Anfang des Krieges
gemacht, mit der Baumwolle, die ich damals billig kaufte und mit einem Dollar
das Pfund losschlug, als die britischen Spinnereien danach schrien. Ein Teil
stammt aus Nahrungsmittelspekulationen. - Warum sollten nun die Yankees die
Früchte meiner Arbeit ernten? Der Rest gehört wirklich der konföderierten
Regierung. Er stammt aus Regierungsware, die ich glücklich durch die Blockade
brachte und in Liverpool zu schwindelnden Preisen verkaufte. Die Baumwolle, die
mir übergeben worden war, damit ich Leder, Gewehre und Maschinen dafür
einkaufte. In der ehrlichen Absicht, das zu tun, habe ich sie auch übernommen.
Ich hatte den Auftrag, das Gold auf meinen eigenen Namen in englischen Banken
stehenzulassen, damit ich Kredit hätte. Als dann die Blockade so eng wurde, daß
kein Schiff mehr herein und hinaus konnte, blieb das Geld in England. Was
sollte ich damit machen? Wie ein Schafskopf alles wieder abheben und versuchen,
es nach Wilmington zu bringen, damit die Yankees es abfingen? War es meine
Schuld, daß die Blockade undurchdringlich wurde? Meine Schuld, daß unsere Sache
fehlschlug? Das Geld gehörte der konföderierten Regierung. Jetzt aber gibt es
keine konföderierte Regierung mehr, wenn es auch einige Leute immer noch nicht
wahrhaben wollen. Wem soll ich das Geld geben? Den Yankees? Es wäre mir
schrecklich, wenn man mich für einen Dieb hielte.«
    Er zog ein
Etui aus der Tasche, nahm eine lange Zigarre heraus, roch befriedigt daran und
tat, als blickte er Scarlett ängstlich forschend an und als hinge er an ihren
Lippen.
    »Die Pest
soll ihn holen«, dachte sie. »Er ist mir

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