Margaret Mitchell
nicht die Friedenspfeife rauchen?« lächelte er zu ihr hernieder, ein
breites, blitzendes Lächeln, unverschämt, aber ohne Beschämung für ihn und ohne
Verurteilung für sie. Wider Willen mußte sie auch lächeln, aber es kam etwas
schief heraus, und ihr war nicht wohl dabei zumute.
»Schade,
daß sie Sie nicht aufgehängt haben!«
»Der
Ansicht sind auch andere, fürchte ich. Komm, Scarlett, nicht so formell. Du
siehst aus, als habest du einen Ladestock verschluckt, und das steht dir nicht
gut. Du hast doch reichlich Zeit gehabt, dich von meinem kleinen Spaß zu
erholen.«
»Spaß? Ich
werde ihn nie vergessen.«
»Oh doch!
Und du runzelst nur so entrüstet die Brauen, weil du das ehrbar und schicklich
findest. Darf ich mich setzen?«
»Nein.«
Er ließ
sich in den Stuhl neben sie fallen und grinste. »Ich sehe, du hast nicht einmal
vierzehn Tage auf mich warten können«, sagte er mit theatralischem Seufzer.
»Welch ein wankelmütiges Weib!«
Als sie
nicht antwortete, fuhr er fort: »Unter uns Freunden - uns beiden alten
vertrauten Freunden - gesagt, Scarlett, wäre es nicht klüger gewesen, zu
warten, bis ich aus dem Gefängnis kam? Oder war die Ehe mit dem alten Kennedy
so viel verlockender als das illegitime Verhältnis mit mir?«
Wie immer,
wenn sein Spott ihren Ingrimm weckte, hatte ihr Ingrimm mit dem Lachen über
seine Unverfrorenheit zu kämpfen.
»Reden Sie
doch nicht so albernes Zeug.«
»Wärest du
wohl so gut, meine Neugierde über einen Punkt, der mir schon lange Unbehagen
bereitet, zu befriedigen? Hast du niemals eine frauliche Abneigung, eine zarte
Scheu gespürt, nicht einen, nein, zwei Männer zu heiraten, für die du weder
Liebe noch auch nur Neigung empfandest? Oder bin ich über die zarten Seelen
unserer Frauen aus dem Süden falsch unterrichtet?«
»Rhett!«
»Nun,
schließlich ist es ja auch nach europäischem Sittenkodex ein Unsinn, daß
Eheleute sich lieben sollen. Eine Geschmacklosigkeit, und wer wollte das
bestreiten. Ich habe immer das Gefühl gehabt, daß die Auffassung der Europäer
die richtige ist. Die Ehe aus Konvenienz, die Liebe zum Genuß. Das ist eine
vernünftige Einteilung, nicht wahr? Du bist dem alten Lande doch weniger fern,
als ich dachte.«
»Was Sie
nicht alles reden!« erwiderte sie kühl. Und um auf etwas anderes zu kommen,
fragte sie: »Wie sind Sie denn aus dem Gefängnis herausgekommen? «
»Ach«,
antwortete er mit einer flüchtigen Handbewegung. »Das war nicht schwer. Sie
haben mich heute früh entlassen. Ich habe ein feines Erpressungsmanöver gegen
einen Freund in Washington spielen lassen, der ziemlich hoch im Rate der
Vereinigten Staaten sitzt. Ein großartiger Kerl. Einer jener wackeren
Unionspatrioten, von denen ich seinerzeit Musketen und Reifröcke für die
Konföderierten gekauft habe. Als ihm meine Notlage in passender Form gemeldet
wurde, machte er schleunigst seinen Einfluß geltend, und ich wurde
freigelassen. Einfluß ist alles, Scarlett. Denke daran, wenn du einmal
verhaftet wirst. Einfluß ist alles. Schuld und Unschuld sind nur Doktorfragen.«
»Ich
möchte einen Eid darauf schwören, daß Sie nicht unschuldig waren.«
»Nein,
jetzt, da ich aus dem Netz heraus bin, gebe ich offen zu, daß ich schuldig bin
wie Kain. Ich habe den Neger umgebracht. Er wurde unverschämt gegen eine Frau,
und was blieb einem Gentleman da anderes übrig? Und da ich nun einmal beim
Beichten bin, muß ich auch bekennen, daß ich einen Yankeesoldaten nach einer
kleinen Meinungsverschiedenheit in einer Kneipe erschossen habe. Diese Lappalie
ist mir aber nicht angekreidet worden, und so hängt deswegen vielleicht längst
irgendein anderer armer Teufel am Galgen.«
Er
erzählte so fröhlich von seinen Mordtaten, daß ihr das Blut erstarrte. Worte
der Entrüstung drängten sich ihr auf die Lippen. Aber plötzlich mußte sie des
Marodeurs gedenken, der unter der Laube zu Tara begraben lag. Er hatte ihr
Gewissen nicht mehr belastet als ein Ungeziefer, auf das man tritt. Sie konnte
nicht über Rhett zu Gericht sitzen, wenn sie ebenso schuldig war wie er.
»Und da
ich nun doch einmal mein Herz ausschütte, muß ich dir im strengsten Vertrauen
sagen - erzähle es nur nicht MIß Pitty -, daß ich das Geld habe. Es liegt
sicher auf einer Bank in Liverpool.«
»Das
Geld?«
»Ja, das
Geld, auf das die Yankees so gierig waren. Scarlett, ich habe dir die Summe,
die du von mir haben wolltest, nicht aus Böswilligkeit vorenthalten. Hätte ich
einen Wechsel darüber
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