Margaret Mitchell
warum, und ich sage dir meinen Grund. Und noch etwas. Bilde dir
ja nicht ein, du könntest mich mit falscher Buchführung hintergehen und mir
etwas darüber vorflunkern, wieviel deine Kleider kosten und wieviel der
Hausstand verbraucht, und dir dann von dem Geld mehr Maultiere und Ashley noch
eine Mühle kaufen. Ich habe vor, deine Ausgaben einzusehen und zu prüfen. Was
das Leben kostet, weiß ich. Du brauchst gar nicht gekränkt zu sein. Du
brächtest dergleichen fertig. Ich traue dir das zu. Dir ist alles zuzutrauen,
wenn es sich um Tara und Ashley handelt Tara meinetwegen, bei Ashley jedoch muß
ich abstoppen. Ich lasse dir die Zügel locker, mein Liebling, aber vergiß
nicht, daß ich trotzdem mit Kandare und mit Sporen reite.«
49
Mrs.
Elsing horchte nach dem Flur hinaus, und als Melanies Schritte nach der Küche
verklangen, wo verheißungsvoll mit Geschirr geklappert und mit Silber geklirrt
wurde, wandte sie sich zu den Damen zurück, die mit Nähzeug auf dem Schoß im
Salon im Kreise saßen, und sagte leise: »Ich persönlich habe nicht die Absicht,
Scarlett zu besuchen, weder jetzt noch später«, und ihr frostig vornehmes
Gesicht sah noch kälter aus als sonst. Die anderen Mitglieder des »Nähzirkels
für die Witwen und Waisen der Konföderierten« ließen die Nadel ruhen und
rückten eifrig ihre Schaukelstühle näher zusammen. Alle hatten sie längst
darauf gebrannt, sich über Scarlett und Rhett auszusprechen, aber Melanies
Gegenwart hatte sie daran gehindert. Gerade am Tage vorher war das junge Paar
aus New Orleans zurückgekehrt und bewohnte jetzt die Hochzeitszimmer im Hotel
National.
»Hugh
sagt, ich müsse einen Höflichkeitsbesuch machen, weil Kapitän Butler ihm
gewissermaßen das Leben gerettet hat«, fuhr Mrs. Elsing fort, »und die arme
Fanny meint dasselbe und sagt, sie will es tun. Ich habe ihr gesagt: >Fanny,
wäre Scarlett nicht gewesen, Tommy wäre heute noch am Leben.< Und Fanny war
so unverständig, zu erwidern: >Mutter, ich besuche nicht Scarlett, ich
besuche Kapitän Butler. Er hat sein Bestes getan, um Tommy zu retten, und wenn
es ihm nicht gelang, ist es nicht seine Schuld.<«
»Junge
Leute sind doch zu albern«, sagte Mrs. Merriwether. »Besuch machen, das fehlte
gerade!« Empörung schwellte ihr den mächtigen Busen, als sie daran dachte, wie
Scarlett sie mit ihrer Warnung vor der Ehe mit Rhett hatte abfahren lassen.
»Meine Maybelle ist ebenso albern wie Fanny, Sie und Rene wollen durchaus einen
Besuch machen, weil Butler ihn vor dem Galgen bewahrt hat. Ich habe ihnen aber
gesagt, wenn Scarlett sich nicht so benommen hätte, wäre Rene nie in
Lebensgefahr gekommen. Papa Merriwether will auch einen Besuch machen und
faselt, er wenigstens sei dem Schuft dankbar, wenn ich es auch nicht wäre. Da
hört doch alles auf! Ich jedenfalls lasse mich nicht blicken. Scarlett hat sich
mit ihrer Heirat unmöglich gemacht. Schlimm genug, daß der Bursche
Kriegsgewinnler ist und an unserem Hunger Geld verdient hat, jetzt steckt er
auch noch mit den Schiebern und Gesinnungslumpen unter einer Decke und ist der
Freund - ja wirklich - der Freund des Gouverneurs, des elenden Bullock. Da
Besuche machen? Das wäre noch schöner!«
Mrs.
Bonnell seufzte. Wie ein dicker brauner Zaunkönig sah sie aus, und mit
fröhlichen Augen blickte sie um sich.
»Sie
wollen ja nur einen einzigen Höflichkeitsbesuch machen, Dolly ... ich weiß
nicht, ob das so verkehrt ist. Soviel ich weiß, wollen alle Männer, die an dem
Abend dabeigewesen sind, einen Besuch machen, und das finde ich ganz richtig.
Es liegt mir doch schwer auf der Seele, daß Scarlett die Tochter ihrer Mutter
ist. Ich bin in Savannah mit Ellen Robillard zur Schule gegangen. Sie war ein
prachtvolles Mädchen, und ich hatte sie sehr lieb. Wenn nur ihr Vater die
Heirat mit ihrem Vetter Philippe nicht hintertrieben hätte! Der Junge war im
Grunde gar kein schlechter Mensch. Jungens müssen nun einmal über die Stränge
schlagen. Aber Ellen mußte durchaus davonlaufen und den alten O'Hara heiraten,
und nun hat sie eine Tochter wie Scarlett. Es hilft nichts, im Andenken an
Ellen muß ich wenigstens einmal hin.«
»Gefühlsduselei!«
schnob Mrs. Merriwether energisch. »Kitty Bonnell, du willst zu einer Frau ins
Haus gehen, die kaum ein Jahr nach dem Tode ihres Mannes wieder geheiratet
hat?«
»Und die
Mr. Kennedys Tod auf dem Gewissen hat?« warf India kühl, aber in ätzendem Ton
dazwischen. Sobald sie an Scarlett dachte, fiel es ihr schwer,
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