Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
Vom Netzwerk:
den einen
Gegner abgetan hat und nun die Klinge wütend auf den anderen zückt. »Und auch
Ihre Worte, Mrs. Elsing. Was Sie in Ihren kleinlichen Herzen von ihr denken,
geht mich nichts an, das können Sie mit sich selbst abmachen. Aber was Sie in
meinem Hause oder in meinem Beisein von ihr sagen, das geht mich allerdings an.
Wie können Sie überhaupt etwas so Furchtbares nur denken und nun gar sagen!
Halten Sie so wenig von den Männern Ihrer Familien, daß Sie sie lieber tot als
lebendig wüßten? Verspüren Sie denn gar keinen Funken Dankbarkeit gegen den
Mann, der sie mit eigener Lebensgefahr gerettet hat? Die Yankees hätten doch
auch ihn für ein Mitglied des Klans halten können, wenn die ganze Wahrheit ans
Licht gekommen wäre, und hätten ihn aufhängen können. Für Ihre Männer hat er
sein Leben aufs Spiel gesetzt, für Ihren Schwiegervater, Mrs. Merriwether, für
Ihren Schwiegersohn und Ihre beiden Neffen. Für Ihren Bruder, Mrs. Bonnell. Für
Ihren Sohn und Ihren Schwiegersohn, Mrs. Elsing. Undankbare Seelen sind Sie!
Ich verlange, daß Sie mich alle um Entschuldigung bitten!«
    Mrs.
Elsing hatte ihre Näharbeit in den Kasten gestopft und stand nun mit fest
geschlossenen Lippen da.
    »Hätte ich
je geahnt, daß du so ungezogen sein kannst, Melly ... nein, ich bitte dich
nicht um Entschuldigung. India hat recht. Scarlett ist ein leichtsinniges und
schamloses Frauenzimmer. Ich kann nicht vergessen, wie sie sich während des
Krieges aufgeführt hat, ich kann nicht vergessen, daß sie sich wie das
niedrigste Gesindel benimmt, seitdem sie zu Gelde gekommen ist ... «
    »Sie
können nur nicht vergessen«, fiel Melanie ihr ins Wort und stemmte die beiden
kleinen Fäuste in die Seite, »daß sie Hugh entlassen hat, weil er zu untüchtig
ist, um ihr die Mühle zu führen.«
    »Melly!«
ächzten viele Stimmen im Chor.
    Mrs.
Elsing warf den Kopf zurück und schritt zur Tür. Als aber ihre Hand auf der
Klinke lag, blieb sie stehen und drehte sich um.
    »Melly«,
sagte sie in plötzlich verwandeltem Ton, »Liebling, es bricht mir das Herz. Ich
war die beste Freundin deiner Mutter, ich bin Dr. Meade zur Hand gegangen, als
er dich in diese Welt beförderte, und ich habe dich so lieb wie ein eigenes
Kind. Wenn es sich um etwas Wichtiges handelte, täte es nicht so weh, dich so
sprechen zu hören. Aber wegen einer Frau wie Scarlett O'Hara, die ebensogut dir
wie einer von uns einen niedrigen Streich spielen kann ... «
    Bei Mrs.
Elsings ersten Worten kamen Melanie die Tränen in die Augen, aber als die alte
Dame fortfuhr, wurde ihr Gesicht wieder hart.
    »Eins
möchte ich ein für allemal klarstellen. Wer Scarlett nicht besucht, braucht
auch mich nicht wieder zu besuchen.« Unter lautem Stimmengewirr kamen die Damen
in die Höhe. Mrs. Elsing ließ ihren Nähzeugkasten fallen und lief, die falschen
Stirnlöckchen verrutscht, ins Zimmer zurück.
    »Das darf
nicht sein!« jammerte sie. »Das darf einfach nicht sein! Du bist nicht bei
Sinnen, Melly, du weißt nicht, was du sagst. Du sollst meine Freundin bleiben
und ich die deine. Dies darf auf keinen Fall zwischen uns treten.«
    Sie
weinte, und plötzlich lag ihr Melly in den Armen. Auch sie weinte, erklärte
aber unter Schluchzen, sie habe Wort für Wort ernst gemeint. Mehrere der
anderen Damen brachen gleichfalls in Tränen aus. Mrs. Merriwether trompetete
laut in ihr Taschentuch und umhalste Mrs. Elsing und Melanie beide miteinander.
Tante Pitty, die dem ganzen Auftritt wie versteinert zugesehen hatte, sank
plötzlich in eine der wenigen echten Ohnmächten, die ihr in ihrem Leben
zustießen. In all dem Durcheinander von Tränen und Küssen und eilig
hervorgeholtem Riechsalz und Schnaps gab es nur ein einziges ruhiges Gesicht,
ein einziges Paar trockener Augen. India Wilkes verließ unbemerkt von allen das
Haus.
    Als
Großpapa Merriwether mehrere Stunden danach Onkel Henry Hamilton in dem
»Mädchen von heute« traf, berichtete er voller Hochgenuß über die Ereignisse
des Morgens, wie er sie von Mrs. Merriwether erfahren hatte. Er war beseligt,
daß jemand sich ein Herz gefaßt und seiner herrschgewaltigen Schwiegertochter
die Stirn geboten hatte. Er jedenfalls hatte noch nie den Mut dazu gehabt.
    »Und was
hat die Gänseherde schließlich beschlossen?« fragte Onkel Henry ärgerlich.
    »Weiß der
Teufel« sagte Großpapa. »Mir scheint, Melly hat auf der ganzen Linie gesiegt
Ich wette, sie machen alle wenigstens einmal ihren Besuch. Henry, von deiner
Nichte halten die

Weitere Kostenlose Bücher