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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Beitrag zeichnen«, sagte sie eisig.
    Als Rhett
ihr dann mit angemessen ernster Miene gestand, die Erinnerung an frühere
Waffengefährten, die tapferer als er gewesen seien, aber nicht so viel Glück
gehabt hätten und nun in unbekannten Gräbern ruhten, habe ihn zu seiner
Stiftung veranlaßt, blieb Mrs. Elsing ihr aristokratischer Mund offenstehen.
Dolly Merriwether hatte ihr zwar erzählt, daß Scarlett behauptet habe, Kapitän
Butler sei doch an der Front gewesen, aber natürlich hatte sie es nicht
geglaubt. Kein Mensch hatte es geglaubt.
    »Sie waren
an der Front? Welches war denn ihre Kompanie ... Ihr Regiment?«
    Rhett
machte die Angaben.
    »Ach, bei
der Artillerie! Alle meine Bekannten waren bei der Kavallerie und der
Infanterie, daher also kommt es ...« Sie brach etwas verwirrt ab und war darauf
gefaßt, in seinen Augen die Bosheit aufglimmen zu sehen. Aber er blickte nur zu
Boden und spielte mit seiner Uhrkette.
    »Ich wäre
gern zur Infanterie gegangen«, erwiderte er und überhörte ihre Andeutung
völlig. »Aber ich war auf der Militärschule gewesen - mein Examen habe ich
freilich nicht gemacht, infolge eines Dummenjungenstreichs -, und deshalb
steckten sie mich in die Artillerie, die aktive Artillerie, nicht in die
Landwehr. In jenem Feldzug benötigten sie Leute mit technischen Kenntnissen.
Die Verluste waren schwer gewesen, und viele Artilleristen waren gefallen. Ich
war recht einsam bei der Artillerie und kannte keine Menschenseele. Ich glaube,
ich habe während meiner ganzen Dienstzeit überhaupt niemand aus Atlanta
gesehen.«
    »Ach so!«
Mrs. Elsing wußte nicht weiter. War er wirklich an der Front gewesen, so hatte
sie ihm Unrecht getan, denn sie hatte viele scharfe Bemerkungen über seine
Feigheit gemacht, die jetzt ihr Gewissen bedrückten. »Aber warum haben Sie denn
niemals jemandem von Ihrem Frontdienst erzählt? Sie tun ja gerade, als schämten
Sie sich dessen.«
    Rhett
machte sein ausdrucksloses Gesicht und blickte ihr gerade in die Augen.
    »Mrs.
Elsing«, erwiderte er ernst, »glauben Sie mir, auf meinen Dienst in der
konföderierten Armee bin ich stolzer als auf alles, was ich sonst getan habe
und noch tun kann.«
    »Aber
warum haben Sie ihn denn immer verheimlicht?«
    »Ich
schämte mich davon zu sprechen, in Gedanken an ... frühere Verfehlungen.«
    Mrs.
Elsing berichtete Mrs. Merriwether in allen Einzelheiten über seinen Beitrag
und ihre Unterhaltung.
    »Ich gebe
dir mein Wort, Dolly, als er sagte, er schäme sich, traten mir die Tränen in
die Augen. Ja, ich habe beinahe geweint.«
    »Das ist
ja der höhere Unsinn!« Mrs. Merriwether konnte es nicht glauben. »Aber warte,
das will ich schnell herausbekommen. Wenn er bei der Artillerie war, brauche
ich nur an Oberst Carleton zu schreiben, um die Wahrheit zu erfahren. Er ist
mit der Tochter einer Schwester meines Großvaters verheiratet.«
    Sie
schrieb an Oberst Carleton und war ganz bestürzt, als sie eine wahre Lobeshymne
über Rhetts militärische Eigenschaften bekam. »Ein geborener Artillerist, ein
tapferer Soldat, ein Gentleman, der nie klagt, ein bescheidener Mann, der sogar
das Offizierspatent ausschlug, als es ihm angeboten wurde.«
    »Nun bin
ich aber sprachlos«, sagte Mrs. Merriwether und zeigte Mrs. Elsing den Brief.
»Vielleicht haben wir den Taugenichts verkannt. Wir hätten doch lieber Scarlett
und Melanie glauben sollen, als sie behaupteten, er habe sich gleich nach dem
Fall von Atlanta gestellt Aber trotzdem ist und bleibt er ein Gesinnungslump,
und ich mag ihn nicht!«
    »Und
doch«, entgegnete Mrs. Elsing unsicher, »ich weiß nicht, wie es kommt, aber so
schlimm finde ich ihn gar nicht. Wer für die Konföderation gekämpft hat, kann
nicht durch und durch schlecht sein. Die Schlechtere von den beiden ist
jedenfalls Scarlett. Weißt du, Dolly, ich glaube beinahe, er schämt sich seiner
Frau und ist nur zu sehr Gentleman, um es sich anmerken zu lassen.«
    »Er schämt
sich? Pah! Die beiden sind aus demselben Holz geschnitzt. Wie kommst du auf so
dumme Gedanken?«
    »Das ist
gar nicht so dumm«, wehrte sich Mrs. Elsing. »Denk dir, gestern fuhr er die
drei Kinder, auch das Baby, bei strömendem Regen in der Pfirsichstraße
spazieren und brachte mich im Wagen nach Hause, und als ich sagte: >Kapitän
Butler, Sie haben wohl den Verstand verloren, daß Sie bei solcher Nässe die
Kinder ausfahren?«, da sagte er kein Wort und machte nur ein verlegenes
Gesicht. Aber Mammy rückte mit der Sprache heraus und sagte, das

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