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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Nur wenige hatten die Mittel, ihre Kinder in die privaten
Schulen zu schicken. Eine ganze Generation wuchs in Unwissenheit heran und säte
Unbildung auf Jahre hinaus.
    Aber viel
tiefer als die Empörung über diese Mißwirtschaft ging im Volke der Groll
darüber, daß der Gouverneur den Staat in Washington verleumdete. Sobald Georgia
sich gegen die Korruption zur Wehr setzte, fuhr der Gouverneur eilends nach dem
Norden und berichtete vor dem Kongreß von Schandtaten der weißen Bevölkerung
gegen die Neger, von aufständischen Verschwörungen und der Notwendigkeit eines
drakonischen Militärregiments. Dabei verlangte keine Seele in Georgia nach
Zwist mit den Schwarzen. Zwischenfälle wurden nach Kräften vermieden, niemand
wollte einen zweiten Krieg, und niemand sehnte sich nach der Herrschaft der
Bajonette. Georgia wollte nur Ruhe, um sich zu erholen. Aber solange die »Greuelfabrik«
des Gouverneurs im Gange war, sah der Norden in Georgia immer nur ein
rebellisches Land, das hart angefaßt werden mußte - und das geschah denn auch.
    Für die
Bande, die Georgia an der Kehle hatte, war es ein Hauptspaß. Nach Leibeskräften
und Herzenslust wurde eingeheimst, was einzuheimsen war, mit einer zynischen
Gelassenheit gegenüber offenen Diebstählen an höchsten Stellen, bei der einem
wohl das Grausen ankommen konnte. Da half nichts, sich dagegen zu wehren. Das
Regiment würde durch das Militär der Vereinigten Staaten gestützt und gehalten.
    Atlanta
verfluchte Bullock und seine ganze Anhängerschaft, und zu dieser gehörte Rhett.
Es hieß, er habe bei all ihren Machenschaften die Hand im Spiel gehabt. Und
jetzt auf einmal begann er, energisch gegen denselben Strom zu schwimmen, von
dem er sich bisher hatte treiben lassen.
    Schlau und
bedächtig leitete er seinen Feldzug ein, um nicht als Leopard, dem über Nacht
die Flecke aus dem Fell verschwunden sind, in Atlanta dazustehen. Er mied seine
fragwürdigen Spießgesellen und ließ sich nicht mehr in der Gesellschaft von
Yankees und Republikanern blicken. Er besuchte demokratische Zusammenkünfte und
gab in aller Öffentlichkeit seinen Stimmzettel für die Demokraten ab. Er
spielte nicht mehr so hoch und trank nicht mehr soviel. Wenn er überhaupt zu
Belle Watling ging, tat er es verstohlen spätabends nach Art ehrbarer Bürger
und band nicht mehr nachmittags sein Pferd vor der Tür an, damit alle sähen,
daß er sich drinnen aufhielt.
    Die
Gemeinde der anglikanischen Kirche fiel vor Schreck fast aus ihrem Gestühl, als
er mit Wade an der Hand auf Zehenspitzen etwas zu spät zum Gottesdienst kam.
Besonders über Wades Erscheinen war die Gemeinde erstaunt, denn der kleine
Junge galt als katholisch. Jedenfalls war Scarlett katholisch oder wurde
wenigstens dafür gehalten. Aber sie hatte seit Jahren keinen Fuß mehr in die
Kirche gesetzt. Die Religion war ihr entschwunden wie so viele andere von
Ellens Lehren. Jedermann dachte, sie vernachlässige die religiöse Erziehung des
Jungen und rechnete es Rhett hoch an, daß er das Versäumte nachzuholen suchte,
auch wenn er in die anglikanische Kirche statt in die katholische ging.
    Rhett
konnte ganz ernsthaft und wirklich reizend sein, wenn er seine Zunge im Zaum zu
halten geruhte. Das hatte er seit Jahren nicht getan, aber jetzt gab er sich
ernsthaft und warmherzig, wie auch seine Westen etwas dezentere Farbtöne
zeigten. Mit den Männern, die ihm ihr Leben verdankten, auf freundschaftlichen
Fuß zu kommen, war nicht schwer. Sie hätten ihm längst ihre Achtung bewiesen,
hätte er nicht durchblicken lassen, daß ihm nicht viel daran gelegen war. Jetzt
fanden Hugh Elsing, Rene, die beiden Simmons, Andy Bonnell und die anderen ihn
angenehm: überaus bescheiden, was seine eigenen Verdienste betraf, und geradezu
verlegen, sobald sie davon sprachen, was sie ihm zu verdanken hätten.
    »Das war
nicht der Rede wert«, sagte er wohl. »An meiner Stelle hätten Sie alle dasselbe
getan.«
    Er
zeichnete eine hübsche Summe zur Restaurierung der anglikanischen Kirche und
einen großen, aber nicht protzigen Beitrag für den Verein zur Verschönerung der
Soldatengräber. Aus Anlaß dieser Stiftung suchte er Mrs. Elsing auf und bat sie
voller Verlegenheit, nicht darüber zu sprechen, was, wie er sehr gut wußte, das
beste Mittel war, die Sache unter die Leute zu bringen. Und Mrs. Elsing ging es
sehr gegen den Strich, sein Geld, das »Spekulantengeld«, anzunehmen, aber der
Verein benötigte es dringend.
    »Ich
wundere mich, daß gerade Sie einen

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