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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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und sie
dennoch einladen, so wirst du dich in die peinliche Lage bringen, deine Gäste
ohne den Hausherrn empfangen zu müssen. Wenn sie dieses Haus betreten, halte
ich mich solange in Belle Watlings Bar auf und sage jedem, der es hören will,
daß ich keinen Wert darauf lege, mit diesen Leuten unter einem Dache zu sein.«
    Scarlett
war tief betroffen und lachte kurz auf.
    »Der
Flußschiffspieler und Kriegsgewinnler will also ein ehrsamer Bürger werden?
Nun, als erster Schritt zur Besserung wäre da wohl der Verkauf von Belle Watlings
Haus anzuraten.«
    Das war
ein Schuß ins Ungewisse, denn ganz genau wußte sie nicht, ob ihm das Haus
eigentlich gehörte. Er lachte, als lese er ihre Gedanken. »Danke schön für den
guten Rat!«
    Einen
ungünstigeren Zeitpunkt für seine Rückkehr zu einem ehrbaren Lebenswandel hätte
Rhett sich nicht aussuchen können. Weder vorher noch nachher hatte der Titel
»Republikaner« und »Gesinnungslump« einen solchen Mißklang, denn gerade damals
stand die Korruption des Schieberregiments auf ihrem Höhepunkt, und seit der Kapitulation
war Rhetts Name unauflöslich mit Yankees, Republikanern und Gesinnungslumpen
verknüpft.
    Im Jahre
1866 hatten die Bewohner von Atlanta in ohnmächtiger Wut gemeint, schlimmer als
unter der damaligen harten Militärherrschaft könne es nicht werden, aber erst
jetzt unter Bullock lernten sie das Ärgste kennen. Dank dem Stimmrecht der
Neger saßen die Republikaner und ihre Anhänger fest im Sattel und
drangsalierten die ohnmächtige Minderheit auf das rücksichtsloseste.
    Unter den
Negern war verbreitet worden, in der Bibel seien nur zwei politische Parteien
genannt, die »Puplikaner« und die Sünder. Kein Neger wollte nun einer Partei
angehören, die ausschließlich aus Sündern bestehe, daher schlossen sie sich
ohne Zögern den Republikanern an. Die neuen Machthaber ließen sie immer von
neuem abstimmen und weiße Proletarier und Gesinnungslumpen in hohe Posten
hineinwählen, sogar auch einige Neger, die dann in der Gesetzgebenden
Versammlung den größten Teil der Zeit Erdnüsse knabberten und die Füße aus den
ungewohnten neuen Schuhen herauszogen und wieder hineinsteckten. Nur wenige von
ihnen konnten lesen und schreiben. Sie kamen frisch vom Baumwollfeld und der
Zuckerrohrplantage, hatten aber die Macht, über Steuern und Anleihen
abzustimmen und ungeheure Spesen für sich selbst und ihre Freunde zu
beschließen. Der Staat wankte unter der Last der Steuern, die zähneknirschend
gezahlt wurden. Die Steuerzahler wußten genau, daß ein großer Teil der zu
öffentlichen Zwecken bewilligten Gelder seinen Weg in private Taschen fand.
    Das
Staatskapitol war umlagert von einem Schwarm von Gründern und Spekulanten, von
Leuten, die sich um Staatsaufträge bewarben oder auf andere Weise inmitten der
Orgie des Geldausgebens ihr Schäfchen ins trockene bringen wollten. Viele
wurden auf diese schamloseste Art reich. Ohne alle Schwierigkeiten waren
staatliche Zuschüsse zum Bau von Eisenbahnen zu bekommen, die nie gebaut
wurden, zum Ankauf von Wagen und Lokomotiven, die nie angeschafft wurden, zur
Errichtung öffentlicher Gebäude, die nur in den Köpfen derer, die sie
projektierten, vorhanden waren.
    In
Millionenbeträgen wurden Staatsanleihen aufgelegt, die meisten in offenkundig
betrügerischer Absicht und ohne gesetzliche Handhabe. Der Mann, der den
Staatsschatz zu verwalten hatte, Republikaner, aber ehrlich, legte Verwahrung
gegen die ungesetzlichen Emissionen ein und verweigerte seine Unterschrift,
aber weder er noch andere, die die Mißstände abzustellen suchten, konnten gegen
den Strom schwimmen.
    Die
Staatseisenbahn, die früher ein Aktivposten im Budget gewesen war, kostete den
Staat jetzt Millionen. Sie war überhaupt kein Eisenbahnbetrieb mehr, sondern
ein bodenloser Trog, in dem die Schweine soffen und sich wälzten. Viele Beamte
waren aus politischen Gründen ernannt worden, ohne Rücksicht auf Kenntnisse.
Dreimal soviel Leute, wie erforderlich waren, wurden angestellt. Die
Republikaner bekamen Ausweise für Freifahrten, ganze Wagenladungen von Negern
wurden auf vergnüglichen Reisen durch den Staat von einem Wahllokal zum anderen
zu immer neuen Abstimmungen in derselben Wahl befördert.
    Diese
Mißwirtschaft verbitterte die Steuerzahler ganz besonders, weil aus dem Ertrag
der Bahn staatliche Freischulen unterhalten werden sollten. Es wurde nichts
verdient, sondern es wurden nur Schulden gemacht, und mit den Freischulen war
es daher nichts.

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