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Margaret Mitchell

Margaret Mitchell

Titel: Margaret Mitchell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vom Winde verweht
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Und ich liebte dich so
sehr, Scarlett. Hättest du es nur zugelassen, ich hätte dich so sanft und
zärtlich geliebt, wie ein Mann eine Frau nur lieben kann. Aber du durftest es
nicht wissen, sonst hättest du mich für schwach gehalten und meine Liebe gegen
mich ausgespielt. Und immer und überall war Ashley. Es machte mich wahnsinnig.
Ich konnte nicht Abend für Abend mit dem Bewußtsein mit dir am Tisch sitzen, daß
du wünschtest, an meinem Platz säße er. Ich konnte dich nicht in der Nacht in
den Armen halten und zugleich wissen ... einerlei, jetzt liegt nichts mehr
daran. Ich begreife kaum noch, wie es mir hat weh tun können. Siehst du, das
hat mich zu Belle getrieben. Es liegt eine gewisse tierhafte Beruhigung darin,
eine Frau bei sich zu haben, die einen ohne Rückhalt liebt und Hochachtung vor
einem hat, weil man ein so feiner Gentleman ist, wenn sie auch eine ungebildete
Dirne sein mag. Es tröstet die Eitelkeit. Du warst nie sehr tröstlich, liebe
Scarlett.«
    »Ach,
Rhett«, fing sie an. Daß er die Rede auf Belle gebracht hatte, machte sie
vollends unglücklich. Aber er winkte ihr zu schweigen, und fuhr fort.
    »Dann kam
die Nacht, da ich dich hinauftrug ... da dachte ich ... da hoffte ich ... und
hoffte so sehr, daß ich mich schämte, dir am nächsten Morgen zu begegnen, aus
Angst, ich hätte mich geirrt und du liebtest mich doch nicht. Ich hatte solche
Angst, du könntest mich auslachen, daß ich davonging und mich betrank. Als ich
zurückkam, zitterte ich am ganzen Leibe. Wärest du mir nur halbwegs
entgegengekommen und hättest mir das kleinste Zeichen gegeben, ich hätte dir
die Füße geküßt. Aber es geschah nichts.«
    »Aber
Rhett, ich habe ja so nach dir verlangt damals, aber du warst so schrecklich!
Ja, nach dir verlangt habe ich! Ich habe zum erstenmal gewußt, damals, daß ich
dich liebhatte. Ashley war mir seither verleidet, du aber warst so schrecklich
zu mir, daß ich ... «
    »Nun ja«,
sagte er, »dann haben wir uns also mißverstanden. Und jetzt liegt nichts mehr
daran. Ich erzähle es dir nur, damit du dir nie wieder Gedanken über all das zu
machen brauchst. Als du krank warst, krank durch meine Schuld, stand ich
draußen vor deiner Tür und hoffte, du würdest mich rufen. Aber du riefst mich
nicht. Da sah ich ein, was für ein Tor ich gewesen war, und alles war vorbei.«
    Er schwieg
und schaute durch sie hindurch in ein Jenseits, wie Ashley es so oft getan
hatte, und sah etwas, was sie nicht sah. Ihr blieb nichts übrig, als ihm
wortlos in sein gramvolles Gesicht zu schauen.
    »Aber dann
kam Bonnie, und es war doch noch nicht alles aus. Ich gefiel mir in dem
Gedanken, Bonnie seist du, du als kleines Mädchen, unberührt von Armut und
Krieg. Sie glich dir ganz, sie war eigensinnig, tapfer, lustig und
temperamentvoll. Ich konnte sie verziehen und verwöhnen, wie ich dich verwöhnen
wollte. Aber sie war nicht wie du ... sie hatte mich lieb. Für mich war es ein
Segen, daß ich die Liebe, die du nicht wolltest, ihr schenken konnte. Nun hat
sie alles mit sich weggenommen.«
    Auf einmal
tat er ihr so von ganzem Herzen leid, daß sie ihren eigenen Kummer und die
bange Frage, worauf seine Worte wohl hinauswollten, darüber vergaß. Zum
erstenmal im Leben tat ihr jemand leid, ohne daß sie ihn zugleich verachten
mußte, weil es das erstemal war, daß sie überhaupt einen anderen Menschen von
fern zu verstehen begann. Sie konnte seine schroffe Verschlossenheit verstehen,
weil sie ihrer eigenen so sehr glich, seinen widerhaarigen Stolz, der ihn zwang,
seine Liebe zu verbergen, damit sie um Gottes willen nicht zurückgestoßen
werde.
    »Ach,
Geliebter!« Sie trat herzu und hoffte, er werde doch seine Arme ausbreiten und
sie auf seine Knie ziehen. »Geliebter, ich bin so tief unglücklich, aber ich
will es alles wiedergutmachen. Nun wissen wir voneinander, können glücklich
sein ... Rhett, sieh mich an, Rhett! Es können noch Kinder ... nicht wie
Bonnie, sondern ... «
    »Nein,
danke«, sagte Rhett, als lehnte er ein angebotenes Stück Brot ab. »Zum
drittenmal setze ich mein Herz nicht aufs Spiel.«
    »Rhett,
sprich doch nicht so! Ach, wie kann ich es dir nur begreiflich machen. Ich habe
dir doch gesagt, wie leid es mir tut.«
    »Liebling,
du bist ein Kind. Du meinst, wenn du sagst >Verzeih<, dann seien die
Wunden und Irrungen von Jahren geheilt und alles sei vergessen und gut ... Nimm
mein Taschentuch, Scarlett, ich habe noch nie erlebt, daß du in irgendeiner
schweren Stunde deines Lebens

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